Die letzte Veranstaltung vor der bevorstehenden (Wieder)Wahl bestritt ein entspannter ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz.
Erst Anfang Juli war RTL-Boss Gerhard Zeiler Gast eines IAA Business Lunch. Nun fand relativ kurzfristig, an für die IAA ungewohntem Ort im Börserestaurant Hansen, der letzte öffentlicher Auftritt des amtierenden und voraussichtlich auch zukünftigen ORF-Generaldirektors Alexander Wrabetz statt. Am 9. August ist die Stiftungsratssitzung mit Hearing und Wahl im ORF.
Moderiert von IAA-Vorstandsmitglied und Österreich-CEO Oliver Voigt plauderte ein aufgeräumter Alexander Wrabetz eine gute halbe Stunde und beantwortete weitere 25 Minuten Fragen einiger IAA-Mitglieder. Der Mittagstreff war hochkarätig besetzt mit einem nahezu vollständigen IAA-Vorstandsteam, Alexander Sperl, Richard Grasl, Kaufmännischer Direktor des ORF, Mag. Richard Grasl, Kaufmännischer Direktor des ORF Alexander Sperl, Vorstandsdirektor A1, Lothar Lockl, Lockl Strategie, Mariusz Jan Demner, Demner, Merlicek & Bergmann, Roswitha Hasslinger, Gallup Institut, Peter Lammerhuber, Group M, sowie die IAA-Mitglieder Karl Pall, Google Austria, Thomas Kralinger, Kurier, Brigitta Umstätter, Umstätter Consulting, Walter Zinggl, Maxus Global, Alois Schober, Y&R, Cornelia Absenger, Österreich unter anderen.
Wrabetz blickte zurück auf die letzten fünf Jahre mit Herausforderungen wie Digitalisierung, Marktliberalisierung und Wirtschaftskrise und unterstreicht einen vor allem im internationalen Vergleich erfolgreichen öffentlich-rechtlichen Sender, die Rückkehr in der Bilanz zu schwarzen Zahlen durch ein rigoroses Sparprogramm (rund 900 der 4.000 Mitarbeitern wurden inner der letzten zwei Jahre freigesetzt) und das ebenso positive Jahr 2011 mit einem Nettoplus der Werbeeinnahmen im 1. Halbjahr.
„Der ORF ist Marktführer in Radio, Fernsehen und Online. In Europa liegen wir unter den öffentlich-rechtlichen Senderfamilien jedenfalls unter den ersten fünf. Die ORF-Radios erreichen 75 Prozent Marktanteil gegen 84 kommerzielle Radiostationen. Und im Online-Bereich sind wir mit 45 Millionen Unique Clients die Nummer eins in Österreich", schloss Alexander Wrabetz den gegenwärtigen Befund ab.
Alexander Wrabetz skizzierte seine Pläne für den "ORF als unabhängigen, unteilbaren und unverzichtbaren Rundfunk der Gesellschaft". „Es ist gelungen das Unternehmen in seiner gesamten Angebotsbreite zu erhalten, auch die duale Finanzierung wurde außer Frage gestellt, so der ORF-Generaldirektor. Er streicht die Relevanz des Qualitätsjournalismus insbesondere im Informationsbereich hervor der „weiter an Bedeutung gewinnen wird“ und die „unabhängige und objektive Berichterstattung des ORF im politischen Umfeld, in dem ein öffentlich-rechtliches Unternehmen steht“. Etwas, das laut Wrabetz Meinung die Kollegenschaft wie auch das Vertrauen des Publikums bestätige. Schließlich will der ORF die Österreicher und Österreicherinnen mit einem Mehr an Information und österreichischem Programm versorgen und „so seine Rolle als Rundfunk der Gesellschaft auch 2016 verstärkt erfüllen".
Für die Zukunft will Wrabetz in Zusammenarbeit mit allen klassischen Medien „gegen Nichtmedien, wie Google, soziale Netzwerke & Co, (eine Bezeichnung, an der sich naturgemäß Google Österreich-Chef Karl Pall stösst) klare Spielregeln entwickeln“, denn der ORF-Generaldirektor in spe fürchtet eine Verwertung eigener vom ORF produzierter Inhalte durch geplante Sender wie Google oder Apple TV, die er als „bedrohlich“ empfindet.
Die sanfte Lockerung im Bereich der TV-Werbung, die Wrabetz anstrebt, „stelle das duale System nicht in Frage. Es betrifft ein paar Blöcke, ein paar Minuten“. Außerdem will Wrabetz ein paar „mühsame Dinge“, wie das Inhaltswerbeverbot für Printmedien loswerden.
Abermals wünscht sich der 51-Jährige eine Refundierung der durch Gebührenbefreiung entgangenen Einnahmen (rund 60 Millionen Euro von 300.000 gebührenbefreiten ORF-Sehern), denn schließlich „fließen rund 30 Prozent der Rundfunkgebühren an Bund und Länder, womit mit einer Abgeltung der Steuerzahler nicht belastet werde“, so Wrabetz. Der ORF müsse Ausgaben wie jene für den geplanten ORF 3, sowie Filmproduktionen und ähnliches zahlen.
Ein Beispiel: Die Produktion des erfolgreichen Formats „Schnell ermittelt“ kostet rund 600.000 Euro pro Folge, eine gekaufte Folge von „Mein lieber Onkel Charlie“ liege bei 10.000 Euro – „das will finanziert werden“, so Wrabetz. Apropos: Geplant ist eine Doku-Reihe ab den 50er Jahren, die wie auch die 60er, 70er und so weiter noch nicht aufgearbeitet seien, weiters will man sich den großen Themen der Zukunft wie Finanzkrise oder Energie in Themenabenden widmen.
„Mehr Geld für die richtigen Projekte“, lautet somit die Devise von Wrabetz für die kommenden fünf Jahre, sollte er Anfang nächster Woche wiedergewählt werden. Und Voigt wünscht dem ORF zum Schluss "hohe Quoten, kein Kartell und gute Preise" und freut sich auf weitere "spicy discussions" bei dem noch relativ jungen IAA-Format Business Lunch, das noch knackiger werden soll.