"trend": quo vadis? Ein Wirtschaftsmagazin sucht nach neuen Formaten. Wie sich der Titel neu positionieren will – und was der Mitbewerb am Markt und die Agenturen dazu sagen
Galerie: Wirtschaftsmagazine im Umbruch
Dieser Artikel erschien bereits am 11. Dezember in der HORIZONT-Printausgabe 50/2015. Hier geht's zur Abo-Bestellung. Am 17. Dezember endet eine Ära. Dann nämlich erscheint das Wochenmagazin "Format" zum letzten Mal. Die Chefredakteure Andreas Lampl und Andreas Weber sind grosso modo seit dem Start 1998 an Bord – Lampl unterbrach die Chefredaktion in dieser Zeitspanne nur für ein Jahr, Weber nur für drei Jahre. „Natürlich fällt der Abschied schwer“, sagen die beiden im Gespräch mit HORIZONT, betonen aber: Es verschwindet nur die Marke "Format", nicht aber das Blatt selbst. Die Verlagsgruppe News (VGN) fusioniert es nämlich mit dem "trend", ab 22. Jänner werden beide Titel unter dem Namen "trend" publiziert.
Dieser neue "trend" erscheint dann wöchentlich am Freitag und soll rund 90 Seiten umfassen – außer jeweils am letzten Freitag des Monats. Da kommt stattdessen der "Premium trend" heraus, mit rund 40 Seiten mehr und einem Schwerpunktthema. "trend"-Leser die also den Monatsrhythmus gewohnt sind erhalten mit den zusätzlichen Wochenausgaben eine höhere Frequenz, "Format-Leser" die den Wochenrhythmus gewohnt sind, bekommen einmal im Monat ein umfangreicheres Magazin. Soweit das Konzept. Zusätzlich kosten soll das die Leser vorerst nichts, bestehende Abos laufen zu den abgeschlossenen Tarifen weiter. Erst bei Verlängerungen könnte es neue Preise geben.
Neue Aufmachung & AusrichtungRechnet man die Anzahl der Ausgaben beider Marken zusammen, so spart sich die VGN jährlich zwölf Ausgaben. Und auch wenn durch die Neupositionierung suggeriert wird, dass der "trend" das "Format" schluckt, bleibt festzuhalten: So ist es nicht. Auch der "trend" wird völlig anders.
„Wir werden ein komplett neues Layout haben,“ sagen die beiden Chefredakteure. Während Weber sich in den vergangenen Monaten vorrangig um das "Format" gekümmert hat, arbeitete Lampl vor allem am Konzept der Neuausrichtung des "trend". In Zukunft sollen beide den "trend" führen. Beim Termin mit HORIZONT wollten Lampl und Weber die neue Aufmachung noch nicht präsentieren, weil sie sich noch in der Konzeptionsphase befinde. Sie beschreiben aber, wohin die Reise geht: Die Optik soll moderner und kräftiger sein, in Zukunft wolle man verstärkt auf starke Coverfotos setzen, die Rahmen auf der Titelseite fallen weg. Die beiden Macher siedeln das Blatt in dieser Hinsicht zwischen den US-Magazinen "Bloomberg Businessweek" und "Fortune" an.
Auch inhaltlich wagt man Neues. Zwar sollen bewährte Heftbestandteile erhalten bleiben, andere dagegen neu positioniert werden. So wird etwa das Politik-Ressort als solches verschwinden, Wirtschaft und Politik zusammen werden als großer Block an den Beginn jedes Heftes gestellt. Zusätzlich soll der Meinungsteil deutlich ausgeweitet werden. Und: „Es wird nicht nur Zahlen und Fakten, sondern auch Unterhaltung geben“, so die Chefredakteure.
Fragezeichen bei ÖAK und MAIn den kommenden Wochen und Monaten wird es darum gehen, den Abonnenten und wohl auch den Anzeigenkunden die Veränderung zu erklären und schmackhaft zu machen. Bislang lag die Abo-Überschneidung der beiden Titel bei etwa 25 Prozent. In den nächsten ein- bis eineinhalb-Jahren wolle man die Zahl der Abonnenten halten und diese 25 Prozent Abos on top hinzugewinnen.
Ob das funktioniert? „Garantien hat man im Print nicht. Wir sind aber fest davon überzeugt, dass es funktioniert“, so Lampl und Weber. Der vielleicht entscheidende Vorteil: Man kann sich bei der VGN in Sachen Marketing und Werbebudgets im Wirtschaftsmagazin-Segment künftig auf eine Marke konzentrieren. Zuletzt mussten Marketingsbudgets immer auf zwei Titel aufgeteilt werden. Unklar ist derzeit auch noch, wie der neue "trend" in Zukunft in der ÖAK und der Media-Analyse (MA) ausgewiesen wird. Am liebsten wäre den Machern eine Ausweisung als klassisches Wochenmagazin. Ob ÖAK und MA hier mitmachen werden, bleibt abzuwarten. Interessant hierbei wird, wie die Vereine das Konstrukt aus Wochenzeitung und Premium-Monatsausgabe bewerten.
Kampagne für den neuen ‚trend‘Zum Start wird die VGN eine große Einführungskampagne starten. Wie viel Geld VGN-Vertriebschef Markus Fallenböck dafür in die Hand nehmen kann, war bis Redaktionsschluss nicht zu erfahren. Die Sujets erscheinen in den Medien der VGN, aber auch in anderen Titeln soll geschalten werden. Hinzu kommt ein neuer TV-Spot. Weber: „Wer 'Format' hat, liest künftig den 'trend'.“ Ob das der Slogan werden wird, bleibt vorerst noch offen. Auch die Anzeigenpreise des neuen "trend" wollte die VGN noch nicht verraten.
Viele neue Töne also aus dem Verlagshaus an der Wiener Taborstraße. Mit einem Team aus etwa 20 fest angestellten Mitarbeitern plus freiberuflichen Autoren wollen Lampl und Weber den Weg für den neuen "trend" einschlagen. Und der betrifft neben Print auch Online: Die Domain Format.at wird künftig auf
Trend.at umgeleitet. „Unser großes Ziel ist es“, so die Chefredakteure, „die gesamte Wirtschaftscommunity nicht nur mit Print, sondern auch auf Trend.at zu erreichen.“ Den derzeit an etwa 50.000 Menschen verschickten Newsletter wolle man eventuell ausweiten und zweimal täglich versenden – fix ist das aber noch nicht.
‚Gewinn‘ bleibt gelassenBeim "
Gewinn" sieht man den Entwicklungen im News-Verlag gelassen entgegen. „Wir sind schon über längere Zeit auf hohem Niveau stabil und haben im Nettoumsatz sogar ein minimales Plus erreicht“, sagt Generalbevollmächtigter Raimund Jacoba. „Wir denken nicht daran, unser schon über 30 Jahre höchst erfolgreiches Konzept zu ändern.“ Das große Ganze solle so bleiben wie es ist, Anpassungen würden immer wieder unauffällig erfolgen. Und das, obwohl der Magazinbereich in Zukunft laut Jacoba weiter unter Druck kommen wird. „Der 'Gewinn' wird davon aber profitieren, denn die Qualität der Inhalte wird an Bedeutung gewinnen“, ist er überzeugt, „die Spreu wird sich vom Weizen trennen“. Dass "Format" als Marke verschwindet, freut ihn aber nicht besonders: „Wir waren immer der Meinung, dass ein starker Marktbegleiter und eine starke Besetzung der Gattung Wirtschaftsmagazine auch für 'Gewinn' nützlich ist.“ So kann der Markt belebt werden, thematisch würden sich die Inhalte ohnehin stark unterscheiden. Da würde sich der "trend" mit dem noch recht neuen "Forbes Austria" schon eher ins Gehege kommen.
‚Forbes Austria‘: zweites StandbeinGanz so sieht das "
Forbes Austria"-Chefredakteur Hans Weitmayr hingegen nicht: „Es gibt klare Abgrenzungen zum 'trend': Wir verbinden nationale mit internationalen Aspekten und umgekehrt, wir erzählen Wirtschaftsthemen von der persönlichen Warte aus und wir bereiten sie authentisch auf weil wir selbst ein authentisches Start-up sind.“ Der große Vorteil, den "Forbes" hat: Die starke Marke und das weltweite Netzwerk. Eine österreichische Ausgabe kann zwischen 20 und 40 Prozent Inhalte aus den USA beinhalten, dafür werden auch Storys von "Forbes Austria" in den "Forbes"-Magazinen anderer Länder gebracht. Ein bilateraler Austausch macht es möglich. Weitmayr: „Wir sind im dritten Quartal operativ break-even. Wir wurden in der Krise geboren und dementsprechend schlank aufgestellt. Das ist aber auch eine gewisse Chance für uns, denn so haben wir nicht so einen derart massiven Kostendruck und können nun entspannter agieren.“
Und es scheint, als meint Weitmayr damit auch den neuen "trend". „Ich sehe den neuen 'trend' in redaktioneller Hinsicht nicht als direkte Konkurrenz zu uns, denn Wochenmedien stehen für mich eher in Konkurrenz zu Tageszeitungen. Da war der 'trend' als reines Monatsmagazin viel eher die direkte Konkurrenz. Aber natürlich: Der Anzeigenmarkt wird durch alle geteilt.“ Sei man kein Medienexperte, der sich mit dem „trend plus Premium-trend“-Modell auseinander setzt, werde das Medium künftig nach außen hin wohl als Wochenmedium aufgefasst werden. „Und dann ist die Nische Monatsmagazin wieder stärker frei.“ Eine Chance? „Ja. Wahrscheinlich wird uns da ein Feld teilweise überlassen.“
Große Pläne für 2016 hat er bereits. So soll neben der weiteren Verankerung des Magazins auch ein neuer Geschäftszweig eröffnet werden: das Veranstaltungssegment. Mittels Events wolle man sich Schritt für Schritt ein zweites Standbein aufbauen.
[Marlene Auer] [Timo Niemeier]