Wirbel um oe24-Liveticker
 

Wirbel um oe24-Liveticker

Nachrichtenportal berichtete im Minutentakt über Beerdigung eines vom Vater ermordeten Volksschulkindes - Wütende Proteste von Presserat und Branchenkollegen - UPDATE: Inseratenstopp von Microsoft & bet-at-homelcom

Ein Liveticker zum Begräbnis eines vom eigenen Vater ermordeten Buben hat die Nachrichtenseite oe24.at am Dienstag an die Grenzen der Pietät geführt und für Proteste in der Branche gesorgt. Der Geschäftsführer des Presserates, Alexander Warzilek, verurteilte die Aktion öffentlich, zahlreiche prominente Journalisten taten außerdem ihren Unmut via Social Media kund. "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner zog schließlich die Notbremse und beendete die Berichterstattung in dieser Form. Er sei von dem Liveticker nicht informiert gewesen, zitierte ihn etat.at.

"Man sieht, dass hier etwas massiv daneben gegangen ist", machte Warzilek am Dienstag seinem Ärger Luft. Er ortet in dem Vorgehen einen postmortalen Eingriff in die Privatsphäre des Buben sowie einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Angehörigen. "Die Trauerarbeit wird dadurch negativ beeinflusst", sagte Warzilek gegenüber etat.at.  Einen Vorgriff auf eine mögliche Verurteilung durch den Presserat wollte er jedoch nicht geben.

Der "Österreich"-Herausgeber durfte sich einmal mehr wüste Beschimpfungen anhören, von Kollegen wie von Lesern: "Wolfgang Fellner muss geächtet werden. Von allen, die in unserer Branche Geld verdienen", forderte etwa ORF-USA-Korrespondent Hanno Settele via Twitter. "Jeder Regierungspolitiker, der jetzt noch in Österreich inseriert, sollte wegen Beihilfe zu solchen Übergriffen belangt werden", schimpfte "Falter"-Aufdecker Florian Klenk, ebenfalls via Twitter. "Himmel, der Sarg. DAS Foto. Und Liveticker! Das muss echt nicht sein. Nicht mal in ÖSTERREICH!", empörte sich ORF-Nachrichtenmoderator Roman Rafreider. ÖVP-Twitterer Gerhard Loub forderte gar "einen Inseratenboykott gegen 'Österreich' nach der heutigen Liveticker-Aktion".

Fellner betonte, er persönlich halte einen "Liveticker von einem Begräbnis in diesem Fall, da es sich um ein Kind handelt, für nicht adäquat". Allerdings habe dieser "sicher nicht in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen eingegriffen", betonte er. "In dem ganzen Ticker steht wörtlich nichts anderes als auch in den APA-Meldungen oder den Berichten anderer Online-Medien", so Fellner.

Inseratenstopp

Erste Inseratenkunden reagierten bereits: "Wir sistieren mal unsere Anzeigen bis auf weiteres und sehen uns das genauer an", schrieb Microsoft-Österreich-Unternehmenssprecher Thomas Lutz auf Facebook. Auch bet-at-home.com verabschiedete sich von oe24.at: Man bedauere "die unglückliche Werbe-Platzierung auf ‪#oe24‬ und setzt diese mit sofortiger Wirkung aus", teilte das Unternehmen über den Twitteraccount @betathomecom_de mit.

Der Journalist Florian Gossy hat die Twitter-Proteste zu dem Liveticker auf Storify zusammengefasst.




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