‚Wir werden es schaffen‘
 

‚Wir werden es schaffen‘

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Horst Pirker im Interview - Seit 1. Juni führt er offiziell die Geschäfte der angeschlagenen Verlagsgruppe News. Ab 2015 soll’s bergauf gehen

HORIZONT: Beim Sommerfest der VGN im Motto am Fluss, meinten Sie – so erzählt man – die Location sei ­passend gewählt, denn die VGN gleiche einem sinkenden Dampfer. Ist es wirklich so schlimm um das Verlagshaus ­bestellt?

Horst Pirker: Was „man“ erzählt hat, ist nicht richtig wiedergegeben, im Gegenteil: Ich habe gesagt, manche könnten meinen, man feiere wie seinerzeit auf der Titanic, angesichts der Selbst- und dann auch Außenwahrnehmung der Branche im Allgemeinen und der Verlagsgruppe News im Besonderen. Wir, die Branche und die Verlagsgruppe News, wir werden es schaffen. Das war und ist die Botschaft.

HORIZONT: Wie skizzieren Sie den Fahrplan für den Umbau der VGN?

Pirker: In den vergangenen Monaten haben wir einen ersten Strategieprozess für die einzelnen Titel der Verlagsgruppe und die Verlagsgruppe insgesamt eingeleitet und sind damit weit fortgeschritten. Jetzt gerade arbeiten wir parallel an den Strukturen, in und mit denen wir in Zukunft arbeiten wollen, und dann kommt der wichtigste Teil, nämlich diese erarbeitete Strategie und diese erarbeiteten Strukturen mit Leben zu erfüllen, also mit Menschen, die Verantwortung übernehmen, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die einen möglichst unverwechselbaren Beitrag dazu leisten, unsere Leserinnen und Leser, unsere Userinnen und User mehr als nur zufriedenzustellen.

HORIZONT: Wie viel Zeit haben Sie ­eigentlich für den Turnaround?

Pirker: Ich glaube, wir werden zumindest das heurige Jahr brauchen, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. 2015 erwarte ich mir dann schon erste positive Wirkungen, das heißt zunächst eine Stabilisierung und dann doch auch schon erste Indikatoren ­einer Trendumkehr.

HORIZONT: Die wohl größte Herausforderung ist der einst namengebende Titel News. Gibt es überhaupt eine Perspektive für einen so breiten General-Interest-Titel?

Pirker: Wie gesagt, wir arbeiten an der Strategie jedes einzelnen Titels der Verlagsgruppe News und der namengebende Titel ist da keine Ausnahme. Richtig ist aber jedenfalls, dass General-Interest-Titel unter den Rahmenbedingungen einer digitalen Medienökonomie eine besondere Herausforderung darstellen. Andererseits ist News selbst, das darf man über dieser Herausforderung nicht vergessen, in seinem Marktsegment ohne Konkurrenz.

HORIZONT: Wie kann das Konzept zeitgemäß umgesetzt werden?

Pirker: Das versuchen wir gerade zu erarbeiten. Ein Bild könnte uns dabei helfen, das Bild vom Mini Cooper. Der Mini Cooper war einmal Kult und ist heute wieder Kult. Aber nicht der Mini Cooper von damals begeistert die jungen Menschen von heute, sondern dessen zeitgenössische Interpretation, die freilich auf dem genetischen Code des legendären Autos aufsetzt.

HORIZONT: Wann wird es wieder ­einmal eine Innovation aus der VGN geben?

Pirker: Innovation passiert laufend. So ist zum Beispiel derzeit Woman Viva neu und durchaus vielversprechend im Feld. Aber die Innovationsdichte wird spätestens im nächsten Jahr deutlich zunehmen, Print und Digital.

HORIZONT: Apropos – was können Sie uns schon über die Digitalstrategie der VGN verraten?

Pirker: Wir müssen unsere umfassende strategische Arbeit abschließen, bevor wir über deren Inhalte reden können und wollen. Und überhaupt ist es so, dass wir weniger durch Reden als durch Tun überzeugen wollen.

HORIZONT: Wird Paid Content eine Rolle spielen?

Pirker: Die Medienunternehmen verlegerischer Herkunft haben, glaube ich, ihre Lektion gelernt. Manche betrachten den langen und durchaus entbehrungsreichen Weg, die publizistischen Inhalte zunächst unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, als einen Fehler. Ich glaube, der Weg war einfach unvermeidlich. Jetzt sind wir aber an einem Punkt angelangt, an dem eine Neubewertung notwendig und möglich ist. Und für die Verlagsgruppe News wird Paid Content ganz sicher ein Aspekt der digitalen Geschäftsmodelle sein. 

HORIZONT: In welcher Form?

Pirker: Die Ansätze für Bezahlmodelle differenzieren sich international zunehmend aus und diese Entwicklung ist sicher noch nicht abgeschlossen. Wir werden das ganze schon vorhandene Repertoire an Bezahlmodellen einsetzen, freilich mit Bedacht auf die jeweils unterschiedliche Positionierung des einzelnen Mediums.

HORIZONT: Als Styria-Chef und insbesondere als VÖZ-Präsident galten Sie als medienpolitischer Hardliner, etwa in ORF-Fragen. Wie halten Sie es jetzt damit?

Pirker: Ich habe mich nie als Hardliner verstanden. Was ich versucht habe, ist, immer wieder darauf aufmerksam zu machen, dass öffentlich-rechtliche und private Medienunternehmen im Wettbewerb zueinander stehen und die duale Finanzierung des ORF eben auch aus gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren geeignet ist, diesen Wettbewerb existenziell zu verzerren. Das war damals so und das ist heute so. Und das richtet sich überhaupt nicht gegen den ORF, im Gegenteil: Ich war und bin fest davon überzeugt, dass die strategisch attraktivste Position des ORF darin besteht, sich auf die schier unendliche Vielfalt von Inhalten zu konzentrieren, die in einer nur rein marktwirtschaftlichen Betrachtung nicht darstellbar sind, aber unserem vergleichsweise kleinen Land sehr fehlen würden oder ohnedies schon heute fehlen.

HORIZONT: Ganz konkret: Können Sie sich eine Kooperation mit dem ORF ­hinsichtlich der Vermarktung von ­TVthek-Inhalten vorstellen?

Pirker: Ich finde, das ist eine für beide Seiten sinnvolle Initiative, deren Tragweite freilich überschaubar bleiben wird. Vielleicht stellt sie sich aber als wegweisend für die österreichische Medienlandschaft heraus, nämlich die durchaus weitgehend komplementären Stärken der Öffentlich-Rechtlichen und der Privaten intelligent miteinander zu verknüpfen.

Dieses Interview erschien am 27. Juni in der HORIZONT-Printausgabe 26/2014. Hier geht's zur Abo-Bestellung.
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