Christian Pöttler, Geschäftsführer des Echo Medienhauses. erzählt, warum es nicht mehr reicht im klassischen Printgeschäft Geld zu verdienen und wann Echo Berlin eröffnet wird.
Christian Pöttler: Genau, das ist die wichtigste Nachricht: Am 17. Juni eröffnen wir Echo Berlin, wie könnte es anders sein (schmunzelt), in der Karl-Marx-Allee in einem stalinistischen Prachtbau. Der Plan ist Projekte der Echo, die sich bewährt haben, wie einen „Night Run“, den „Flug zum Schnee“, die „Kriminacht“, in Berlin umzusetzen. Wir werden klein beginnen mit Thomas Landgraf als Büroleiter. Wir glauben natürlich auch, dass Berlin eine Stadt ist, wo wir auch umgekehrt einen Kick bekommen. Die Stadt hat eine sehr lebendige Grafik-, Kultur-, Mode- und Werbeszene – da können auch wir etwas aufschnappen. Und wenn alles gut geht, dann wird man uns in ein paar Jahren eben auch in Berlin kennen. Wir agieren aus dem Bewusstsein heraus weiter wachsen zu wollen und zu müssen.
Horizont: Wie kann man sich das konkret vorstellen?
Pöttler: In Berlin gibt es eine große Zielgruppe für Events. Wir suchen nach lokalen Werbepartnern, denen wir Geschichten erzählen. Ein Hintergrund ist, dass wir mit unseren Events in Wien die Erfahrung gemacht haben, dass unsere Ansprechpartner oft in Deutschland sitzen – für 30.000 gesponserten T-Shirts von Adidas oder puma verhandelten wir in Deutschland. Es ist so einfach: wenn wir wachsen wollen, dann müssen wir es in Deutschland tun. Die Aktion „Eine Stadt. Ein Buch.“ gefiele mir als Einstiegsidee. Heuer, das darf ich bereits verraten, kooperieren wir für die Aktion in Wien mit Nobelpreisträger Mario Varga Llosa. Wir werden sein Buch „Der Geschichtenerzähler“ verschenken.
Horizont: Was tut sich noch Neues?
Pöttler: Wir planen zwei weitere Events: Golf in the City – ein 2-tägiges Nachtgolfturnier am 6. und 7. Juni um einen Golfball in Gold mit einem Profiturnier und einem Firmencup, das an einem Abschlagplatz in Herrmanns Strandbar und einem schwimmendem Grün im Donaukanal stattfinden wird. Eine Idee aus Florenz, die wir kreativ weiterentwickelt haben. Das zweite Event, veranstaltet von unserem Magazin Wien Live ist die erste Vienna Fashion Night, die am 15. Juni in der Innenstadt stattfinden wird. Wir planen ein Shopping-, Party- und Charityevent mit einer Fashion Show und Claudia Schiffer als Schirmherrin. Ein ähnliches Event wird von der Vogue in vielen Großstädten weltweit veranstaltet.
Horizont: Ist das Echo Medienhaus schon einmal mit einer Eventidee gescheitert?
Pöttler: Ja, gerade eben. Das Lachfestival in Wien war ein fürchterlicher Flop. Weder die Sponsoren noch die Besucher waren interessiert – von wegen Wiener Schmäh. Aber so ist das halt. Zehn Prozent der Ideen funktionieren eben nicht.
Horizont: Was kostet so ein Event?
Pöttler: Das beginnt bei 70.000 Euro, kann aber auch mehr als das vierfache ausmachen. Aber, ohne ein Geheimnis zu verraten: Wir setzen nur Events um, die einer Basiskalkulation standhalten – ohne Sponsoren geht natürlich gar nichts. Aber wir glauben auch an Versuch und Irrtum – kreative Ideen sollen eine Chance bekommen, wobei das Ziel trotzdem ist etwas dabei zu verdienen. Fünf bis zehn Prozent Deckungsbeitrag sind schon ein Erfolg. Der Großteil der Kosten entsteht aber ohnehin im eigenen Haus - in gewisser Weise schaffen wir Arbeit für unsere Eventagentur, die Werbe- und Internetagentur, die Echo-Medien. Aus der Finanzierung von Events ist mittlerweile ein schönes Geschäft entstanden: Knapp zehn Prozent unseres Verlagsumsatzes machen wir mit diesen Ideen.
Horizont: Das Echo Medienhaus als Kreativunternehmen?
Pöttler: Wir bezeichnen uns gerne als Ideenwerkstatt – und als Vernetzungsfirma. Das haben wir kultiviert und wir haben den Vorteil, dass wir nicht unter dem Druck stehen wahnsinnig viel Geld verdienen zu müssen. Aber man muss schon sagen, dass unsere Eigentümer Freude an der Entwicklung des Hauses haben.
Horizont: Aber noch ist ja das Wiener Bezirksblatt, das seit Juni 2010 wöchentlich erscheint Umsatzbringer Nummer eins, oder?
Pöttler: Ja, wir machen zwei Drittel des Umsatzes mit den wesentlichen Titeln des Hauses: dem Wiener Bezirksblatt, Unsere Generation, das Magazin des Österreichischen Pensionistenverbandes, dem Vormagazin und den Corporate Publikationen. Das Bezirksblatt ist mit mehr als 40 Prozent Reichweite in der Media-Analyse nun das reichweitenstärkste Medium Wiens. Das ist schon erstaunlich für eine Zeitung, die noch vor zehn Jahren eine Lachnummer war. Das Bezirksblatt hat jedenfalls die Grenzen was Zeitung machen bedeutet weit überschritten. Es ist sehr präsent im Grätzel und hat eine tolle Eventkultur. Aber es fehlen noch Schritte in die digitale Welt. Da haben wir noch einige Überraschungen geplant.
Horizont: Ein großer Teil der Inserate in ihrem Medien wird von der Stadt Wien geschalten. Was halten Sie eigentlich von dem neuen Gesetzesentwurf zum Thema?
Pöttler: Also ersteres stimmt einfach nicht. Im Bezirksblatt kommen etwa sechs Prozent der Inserate von der Gemeinde Wien. Ich finde das ok. Und was die neuen Transparenzregeln betrifft, ich bin sehr für Transparenz, und habe daher auch keinen Einwand. Im Echo Medienhaus gibt es nichts zu verbergen.
Horizont: Aber es geht auch um Inserate von Gemeine Wien nahen Unternehmen wie beispielsweise der Wien Energie.
Pöttler: Ja, klar gibt es die. Und ich finde, es ist auch jeder Kunde gut beraten, im reichweitensstärksten Medium Wiens zu schalten. Aber ich darf sie auch diesbezüglich beruhigen, über alle Medien gerechnet liegen wir bei unter zehn Prozent des Umsatzes. Der Echo Verlagsbereich lebt in Wahrheit von der Kleinteiligkeit. Wir haben in guten Jahren an die 3.000 Kunden. Der Juwelier im 16. Bezirk kann eigentlich nur bei uns schalten. Die Bezirksseiten im Bezirksblatt mutieren 23 Mal, genauso oft kann ich sie verkaufen, die Wien-Seiten kann ich nur einmal verkaufen. Wir nehmen auch niemandem etwas weg, das sind Kunden, die brauchen genau uns. Und es braucht lange die vielen Kontakte aufzubauen. Durch die Media-Analyse werden wir nun noch stärker wahrgenommen.
Horizont: Und die anderen Medien?
Pöttler: Das Vormagazin steht mit 12 Prozent Reichweite laut Media-Analyse gut da. Das Vormagazin hat einen unschlagbaren TKP durch einen hohen Mitlesefaktor und bewegt sich klar im freien Markt. Wien Live war dreimal Magazin des Jahres. Wir arbeiten gerade daran es journalistisch aufzuwerten und haben digital große Pläne.
Horizont: Wie sehen diese aus?
Pöttler: Die Vision ist, dass Menschen, wenn sie überlegen, was soll ich heute in Wien tun, auf unsere Plattform zugreifen. In den nächsten zwei Jahren soll Wien Live eine Plattform werden für Veranstaltungen inklusive Ticketing-Funktion für Konzerte, das nächste Rapidmatch, die Möglichkeit bieten für Kino- und Lokalreservierungen, Apotheken-, Wetter- und Verkehrsinfo, wir planen eine Vernetzung mit Wien Live TV. Service ist gefragt, einmal am Handy drücken und es ist gemacht, das ist die Vorstellung. Wir wollen dafür viele Kooperationen, aber das ist sehr kompliziert und braucht viel Überzeugungsarbeit. Ich glaube, das ist die dauerhafte Absicherung des Produktes. Wenn man einen Schuh in einer Modestrecke fotografiert sollte man sofort auf die richtige Website kommen und den Schuh kaufen können. Wir wollen hier Pioniere sein. Wir verdienen so wenig im ganzen Mediengeschäft – im Schnitt machen wir ein bis zwei Prozent Gewinn. Es braucht zusätzliche Einnahmequellen, um das Kernprodukt zu erhalten.
Horizont: Und die jungen Magazine?
Pöttler: Mit dem M*Magazin sind wir sehr glücklich, es ist ein junges tolles Medium. Im Gegenzug haben wir das Nightline zurückgefahren. Es ist ein Magazin, das mit uns gealtert ist.
Horizont: Aber ihr schreibt es ja nicht selbst.
Pöttler: Nein, aber jedes Produkt braucht eine Seele.
Horizont: Und die ist ganz oben zu finden?
Pöttler: Zumindest die richtige Hirn-Seele-Kombination schon ...
Horizont: Und was macht ihr um jung zu bleiben?
Pöttler: Wir holen uns viele neue Leute, aber das ist nicht ganz einfach, weil uns in der Printwelt der Nachwuchs ausgeht. Die 19-Jährigen sind einfach in der digitalen Welt zu Hause, es ist schwer printaffine Menschen zu finden, die alles niederreißen wollen. Da gibt es einen Bruch. Wenn man die Entwicklungen ernst nimmt, dann müssen wir uns vorsehen. Ich erzähle ihnen eine Geschichte: Es ist so, dass die Musik vieler Hollywood-Filme wie Casablanca, Vom Winde verweht oder Ben Hur von emigrierten Juden aus Wien gemacht wurde. Diese Idee "Hollywood in Vienna" samt Konzept wurde von einer jungen Dame (Anmerkung: Sandra Tomek, Agentur Best of Film Music) an mich herangetragen. Wir holen jedes Jahr einen der Top-Komponisten nach Wien. Der Komponist erhält die Möglichkeit mit den ORF Radio-Symphonieorchester Wien im Konzerthaus aufzutreten. Das ist etwas ganz besonderes für Amerikaner. Nun haben wir im letzten Jahr die 1.800 Karten für das Konzert testweise via Facebook angeboten. Nach drei Tagen waren 800 Karten weg, nach zehn Tagen waren wir ausverkauft – und die Karten sind nicht billig. Was ich damit sagen will: Die Wahrheit ist, man brauchst für so etwas kein Inserat mehr. Das ist einer der Gründe dafür, dass wir digital so Druck machen.
Horizont: Welche Funktion hat die Werbefläche in Printmedien dann noch?
Pöttler: Aus meiner Sicht geht es dann nicht mehr um Verkaufspflege, sondern um Marken- und Imagepflege.
Horizont: Wie geht es Wien Live TV?
Pöttler: Wien Live TV bleibt ein bisschen unsere Bastelstube. Ich hätte es mir leichter vorgestellt, es ist ein Betrieb den wir wirtschaftlich stützen müssen, der nicht einmal ansatzweise kostendeckend funktioniert. Aber ich glaube, dass wir das lernen müssen auch im Hinblick auf die digitale Welt. Es muss noch billiger möglich sein erstklassige Fernsehqualität zu produzieren. Und wir sind auf einem guten Weg, haben beispielsweise die Nestroygala im Burgtheater für den ORF übertragen. Eine Art youtube-Spaßfernsehen zu machen, dafür braucht es uns nicht. Wir müssen technisch optimieren, die Formate und die Mitarbeiter entwickeln. Und wir haben gute Leute. Marc Zimmermann hat seinen Wirtschaftstalk bei Wiener Unternehmen gestartet und ich habe Hans Ponsold für die Fernsehmannschaft geholt.
Horizont: Wie wird im Echo Medienhaus gearbeitet?
Pöttler: Bei uns gibt es unglaublich viele Menschen, die tolle Ideen entwickeln. Wir leben in einem permanenten Testlabor. Ich selbst bin ein totaler Teamarbeiter, lasse gerne andere mitleben, spiele Bälle hin und her. Ich habe große Freude daran, dass Menschen ihre Arbeit gerne und mit Leidenschaft machen. Und eines gilt noch für uns: In der Echo gibts keine Nonplaying Capitains unter den Geschäftsführern, jeder bei uns muss auch verkaufen. Das erwarte ich, denn das zwingt die Leute zur Beschäftigung mit dem wahren Leben. Sonst hat man ganz schnell nur Mitarbeiter, die dauernd Geschichten erzählen, was man alles machen könnte. Das genügt nicht.
Ad Echo Medienhaus:
Das Echo Medienhaus gehört der Allgemeinen Wirtschaftsholding, ist eine SPÖ-nahe Institution und hat Helmut Laska zum Geschäftsführer. Zum Portfolio des Hauses zählen mehr als 30 Zeitschriften, Wien Live TV und eine Event-Schiene. Das Unternehmen hat 16 Töchter, an denen die jeweiligen Geschäftsführer als Gesellschafter beteiligt sind, darunter der VWZ Zeitschriftenverlag, der die Wiener Bezirksblätter publiziert, das VOR Magazin, der echo buchverlag, Wien Live TV, die echokom werbeagentur, echonet communication, die corporate publishing unit, das Kompetenzzentrum für Media Development, Freecard Medienservice oder seniormedia marketing. In den letzten Jahren sind die Echo-Veranstaltungen in den Mittelpunkt gerückt. Zu den größten zählen der „Vienna Night Run“, „Eine Stadt. Ein Buch.“, die „Kriminacht“, „Flug zum Schnee“ oder „Hollywood in Vienna“.