‚Wir haben Spaß an Innovationen‘
 

‚Wir haben Spaß an Innovationen‘

Interview: Karl Javurek, Geschäftsführer des Außenwerbeunternehmens Gewista, und sein Team sind hochaktiv: neue digitale Medien, neuer Aushangrhythmus und ein neuer Plan für den Gewista-Standort

Horizont: Herr Javurek, Sie lenken die Geschicke der Gewista nun seit bald 17 Jahren – was ist aus Ihrer Sicht das Erfolgsgeheimnis für eine gut geführte Organisation?

Karl Javurek: Die Aufgabe, die ich hier vorfinde, hat mich von Anfang an bis heute mit irrsinniger Freude erfüllt. Mein Job ist es, Mitstreiter zu finden, ein Team auf die Beine zu stellen, das einen gemeinsamen Weg geht. Ein Unternehmen wie unseres lebt von der Arbeit jedes einzelnen Mitarbeiters, aber dieser Prozess muss strukturiert und organisiert werden. Es gilt daher, Personen mit den richtigen Eigenschaften und Qualitäten für die jeweils spezifischen Aufgabenstellungen auszuwählen. Das Wichtigste ist es jedoch, das Unternehmen mit einer Seele ­auszustatten, und das ist meist kein demokratischer Prozess. Er geht von der Person an der Spitze aus, die Verantwortung übernimmt, dann jedoch gemeinsam mit dem Team eine Vision entwickelt. Eine Aufgabe, der man sich nicht mechanistisch, sondern humanistisch, im besten Sinne des Wortes, zuwenden sollte.

Horizont: Das ist bestimmt eine relevante Basis. Denn vielen Medienunternehmen stellen sich aktuell große He­rausforderungen. Auch der Außenwerbung wurde laut Focus von 2012 auf 2013 ein kleines Minus im Bruttowerbeumsatz von 221 auf 217 Bruttowerbemillionen ausgewiesen. Wie erging es der Gewista und ihren Tochterunternehmen im heurigen Jahr?

Javurek: Wir sind mit den beiden letzten Jahren sehr zufrieden. 2013 lag der Konzernumsatz inklusive der Aus­landstöchter bei rund 190 Millionen Euro, davon setzten wir knapp 100 Millionen Euro in Österreich um. Für 2014 erwarte ich, dass wir das Umsatzvo­lumen stabil halten.

Horizont: Sie werden also einen ­Gewinn schreiben.

Javurek (lacht): Die Gewista hat noch kein Jahr ohne Gewinn erlebt. Ich gehe davon aus, dass sich der Gewinn 2014 im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessern wird. Dass wir nachhaltig profitabel wirtschaften, ist auch die Basis, massive Investitionen tätigen zu können, um das Unternehmen voranzutreiben.

Horizont: Sie investieren besonders in digitale Außenwerbung.

Javurek: Weil in Digital Out of Home das größte Wachstum stattfindet. Das begann bereits vor 15 Jahren mit Infoscreen, dem ersten elektronisch-digitalen Content-Medium in der OOH-Welt, das sich als eigenes Medium mit unglaublichem Reichweitenpotenzial erfolgreich am Markt durchgesetzt hat. Infoscreen funktioniert dank einer hervorragenden Mannschaft in Österreich besser als irgendwo anders in Europa.

Horizont: Die Interaktivität war der nächste Schritt …

Javurek: Interaktivität bietet sich vor allem in Wartesituationen an. Eine spannende Entwicklung, die vor Jahren begonnen hat und mit Techniken wie Virtual Reality, NFC, Bluethooth, WLAN, Schall- oder Duftinstalla­tionen spektakuläre Lösungen bietet. Das aktuellste Beispiel ist die Interaktion mit Zombies für den Kunden Sky und der Agentur move121 zur Serie „The Walking Dead“ (Anmerkung, Geschichte in HORIZONT 44/14): Das in der Wartehalle aufgenommene Video erreichte innerhalb kürzester Zeit 15 Millionen Video Views auf vielen Social-Media-Kanälen. Wer es noch nicht gesehen hat: Eine grandiose Performance, die internationales Aufsehen erregt hat. Das zeigt, dass spektakuläre Inszenierungen das Potenzial haben, in anderen Medien, insbesondere in den digitalen Medien, weiterzuwirken. Mit derartigen Innovationen gelingt es uns, das Medium Out of Home in Verbindung mit Mobile Marketing weiterzuentwickeln.

Horizont: Eine der wichtigsten Entwicklungen ist die Umstellung auf digitale Werbeflächen, die heuer in den U-Bahn-Stationen begonnen hat.

Javurek: Heuer haben wir die U-Bahn-Station Stephansplatz mit 109 Screens komplett digitalisiert. Bis Ende des Jahres werden die Stationen Karlsplatz, Wien Mitte und Westbahnhof folgen. Bis Ende 2015 werden dann die sieben frequenzstärksten U-Bahn-Stationen digitalisiert sein. Gleichzeitig werden wir auch digitale Screens außerhalb der U-Bahn-Stationen entwickeln, beispielsweise in der neuen Fußgängerzone Mariahilfer Straße. Die sinkende Bedeutung des traditionellen Papierplakates wird durch ein rasantes Wachstum von City Light und Rolling Board – und insbesondere durch neue digitale Werbeträger – mehr als wettgemacht. 

Horizont: Das ist finanziell nicht unaufwendig …

Javurek: Bis 2016 werden wir einen zweistelligen Millionenbetrag investieren. Wichtig ist, dass wir auch in den Bundesländern gemeinsam mit unseren lokalen Partnern an digitalen Projekten arbeiten, um dem Markt nationale digitale Abdeckungen anbieten zu können. Mit der Digitalisierung erfüllen wir eindeutig eine Nachfrage des Marktes: Fantastische Reichweiten, ein günstiger TKP von weniger als sechs Euro, die Verlängerung der ­Onlinewerbung in den öffentlichen Raum, einfachste Handhabung und Buchungsmöglichkeiten, keine Produktionskosten wie Druck beziehungsweise Auswechslung. Darüber hinaus bieten die neuen Medien die Möglichkeit, sekundenaktuell zu agieren, beispielsweise morgens den Kaffee anzupreisen, mittags ein Mittagsmenü und abends die Restposten. Oder beispielsweise die Headline ­großer Tageszeitungen täglich brandaktuell zu präsentieren. 

Horizont: Was haben Sie heuer mit den neuen Screens verdient?

Javurek: Über Renditen gebe ich keine detaillierten Auskünfte. Nur so viel: Wir hatten unseren Jahresplan schon im September erreicht.

Horizont: Einen einstelligen Millionenbetrag?

Javurek: Ja. Und besonders erfreulich: wir konnten zum überwiegenden Teil neue Kunden gewinnen, welche bisher noch nicht out of home vertreten waren.

Horizont: Was hat der OSA als neues Messinstrument in der Außenwerbung gebracht?

Javurek: Eine neue Buchungsstruktur, indem Kontakte und nicht mehr Plakatflächen eingekauft werden, den neuen exakten 14-Tages-Rhythmus am Plakat. Und vor allem eine starke Glaubwürdigkeit in der Branche und den Beweis, welch grandiose Kommunikationsleistungen unsere Medien erzielen können.

Horizont: Noch ein Thema ist mir zu Ohren gekommen: Sie planen ein neues Headquarter, ist das richtig?

Javurek: Wir überlegen derzeit, un­seren Standort inmitten eines der in­teressantesten Entwicklungsgebiete Wiens nahe dem Media Quarter Marx weiterzuentwickeln. Wir brauchen unbedingt neue Bürokapazitäten, da wir bereits einige Tochterunternehmen auslagern mussten. Aber je größer und stärker die Gewista wird, desto wichtiger wird die Vernetzung der einzelnen Medien untereinander sein, und daher werden wir sicherlich an unserem Standort umbauen.

Horizont: Der Startschuss wird in den nächsten zwei Jahren fallen?

Javurek: Vielleicht schon früher.

Dieses Interview erschien bereits am 21. November in der HORIZONT-Printausgabe 47/2014. Hier geht’s zur Abo-Bestellung.
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