The Red Bulletin wird monatlich in fünf Sprachen und für zwölf Länder produziert. Jede einzelne Seite geht vor der Veröffentlichung über den Schreibtisch von Editorial Director Robert Sperl und Chefredakteur Alexander Macheck in Wien
Alexander Macheck: Wir wurden in dem Branchenblatt zwar schon erwähnt, aber die Auszeichnung kam nun doch überraschend. Ein Medienpreis in den USA ist schon etwas ganz Besonderes.
Robert Sperl: Wir arbeiten mit einer zentralen Einheit in Wien sowie agilen Teams in den zwölf Ländern, in denen wir erscheinen. Wir haben eine super Mannschaft in den USA, konkret gibt es im Büro in Los Angeles einen Publishing Director und eine Handvoll Mitarbeiter für Redaktion, Sales und Marketing, aber eben auch keine komplette Redaktion. Da ist es schon toll, in Folio auf einem Tableau mit Marie Claire, Town & Country oder Reader’s Digest zu sein.
HORIZONT: The Red Bulletin erscheint fast global. Was sind die Besonderheiten des US-Marktes, welche Positionierung hat man dort?Sperl: Wir drucken jeden Monat knapp 600.000 Hefte. Zwei Drittel davon werden im Abonnement vertrieben. Die weiteren Exemplare kommen über den Einzelhandel und den alternativen Vertrieb zu den Lesern. Die USA sind ein klassisches Abo-Land, entsprechend wichtig ist das Abonnement als wichtigste Währung – auch um am Inseratenmarkt erfolgreich zu sein.
HORIZONT: Welches Publikum speziell spricht The Red Bulletin in den USA an?Macheck: Von der Positionierung sind wir auch dort ein Active-Lifestyle-Männermagazin. Die meisten Überschneidungen mit den Lesern anderer Magazine gibt es mit Rolling Stone und Men’s Health. Die Marktanalyse zeigt, dass wir für die meisten Leser das einzige Magazin sind, das sie regelmäßig lesen. Das macht uns schon stolz, gerade in einem Markt, der das globale Medienkonsumverhalten so prägt wie die USA. Unsere Leser sind dabei im Schnitt 33 Jahre jung und lesen uns über 50 Minuten pro Ausgabe. Das sind deutlich jüngere beziehungsweise höhere Werte als bei den Mitbewerbern. Extrem wichtig ist dabei die lokale Adaption der Heftgestaltung. Denn natürlich interessieren sich die Amerikaner in erster Linie für Amerikaner. Ich denke, dadurch wird das Magazin schon meist als US-Produkt wahrgenommen – und das ist auch sinnvoll so.
HORIZONT: Wie macht man das mit anderen Märkten und Kulturkreisen, die mit dem gleichen, aber adaptierten Magazin bedient werden? Macheck: Die lokale Adaption ist wirklich spannend und herausfordernd. Sie ist auch notwendig, da viele Themen nicht überall funktionieren. Fußball – nicht einmal die WM – oder Formel 1 interessieren in den USA kaum jemanden wirklich. In anderen Regionen wiederum funktionieren dafür Rugby oder Surfen sehr gut. Es gibt vieles zu bedenken, und seien es triviale Dinge wie die Tatsache, dass in Südafrika und Neuseeland gerade Sommer ist, wenn es bei uns schneit. Auch die Kommunikation über Kontinente in verschiedenen Zeitfenstern ist nicht einfach. Bei einem Magazin in Österreich plaudert man mal ganz leicht bei der Kaffeemaschine über die Idee zu einer Geschichte. Unsere Kaffeemaschinen stehen aber in London und Rio, also in verschiedenen Ländern und verschiedenen Zeitzonen. Insgesamt haben wir ein lokal verwurzeltes Korrespondenten-Netzwerk in mehr als 80 Ländern. Hierfür mussten wir einen eigenen Workflow kreieren. Das sind nötige Formalismen, an die man sich als Journalist erst gewöhnen muss.
HORIZONT: Sie beide sind als Herausgeber und als Chefredakteur für alle zwölf Märkte und die Magazine in allen fünf Sprachen verantwortlich?Macheck: Ja. Jedes Foto und jede einzelne Seite in The Red Bulletin, die auf der Welt erscheinen, gehen über unseren Schreibtisch und über jenen des Creative Director in Wien. In den einzelnen Länderausgaben wird rund ein Drittel lokaler Content produziert, zwei Drittel hingegen sind international, auch Cover werden oft lokal mutiert. Dabei hat jedes Land mitunter seine eigenen Qualitäten und Stärken: Als Beispiele gibt es in Großbritannien oder Frankreich viel aus der Musikszene und der Kultur, aus Brasilien oder den USA kommen immer wieder tolle Abenteuergeschichten. Wir sehen immer wieder, dass gute Geschichten international funktionieren.
Sperl: Durch unser Netzwerk und die Geschichten freier Autoren vor Ort, entsteht ein beneidenswerter Mix. Und wir würden am liebsten noch mehr und noch umfangreichere Ausgaben machen.
HORIZONT: Wie schafft man es, in so verschiedenen Märkten mit einer einheitlichen Bild- und Textsprache zu reüssieren?Macheck: Wenn man über große Distanzen, unterschiedliche Zeitzonen, Kontinente und Kulturkreise arbeitet, kommt es vor allem auf die Menschen an – gemeinsames Verständnis, gemeinsame Werte und Tugenden, aber auch Vertrauen. Das haben wir geschafft.
Sperl: Stimmt, denn obwohl jedes Heft final in der Redaktion in Wien zusammengestellt wird, erhalten wir den lokalen Bezug in allen Abteilungen, denn speziell im Lektorat, in der Digitalredaktion und bei den Übersetzern sitzen Mitarbeiter aus aller Herren Länder, in denen wir erscheinen – so stellen wir die lokale Perspektive in allen Belangen sicher.
HORIZONT: Nun gibt es schon ein Red Bulletin für Mexiko und für Frankreich. Sind weitere Länder, wo diese Sprachen gesprochen werden, nur noch ein kleiner Schritt?Sperl: Ja, das stimmt, wir decken mit Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch wichtige Weltsprachen ab – das erlaubt uns viel Flexibilität in der Zukunft. Und wir haben auch schon Hefte für Südkorea produziert, denn dort wollen wir heuer im Sommer offiziell starten …
HORIZONT: Ist die politische Lage, als Beispiel etwa aktuell in Russland, ein Faktor für den Markteintritt? Sperl: The Red Bulletin behandelt keine Themen aus Politik und Religion. Das ist weder unsere Kompetenz noch unser Heftauftrag. Diese Themen können und werden andere Magazine sicher besser umsetzen.
HORIZONT: Hat man eigentlich mit dieser Art eines globalen mutierten Magazins irgendwo Anleihen nehmen können? Wie produzieren andere internationale Magazine?Sperl: So, wie wir unser Männermagazin produzieren, macht das keiner. Viele Verlage, die in mehreren Ländern erscheinen, arbeiten mit Lizenznehmern zusammen. Diese bekommen dann Geschichten zur Auswahl und stellen im Land das jeweilige Heft zusammen. Wir wollen aber permanent die Qualität unseres Magazins verfolgen können. Das ist im Aufwand natürlich etwas komplexer, aber nur so ist sichergestellt, dass die inhaltliche, textliche und optische Philosophie in allen Märkten gewahrt bleibt.
HORIZONT: Wie ist die Philosophie von The Red Bulletin, die offenbar in all diesen Märkten funktioniert?Macheck: Wir machen ein Magazin „beyond the Ordinary“. Und wir wollen die Leute mit unseren Storys und Themen überraschen und unterhalten. Das funktioniert letztendlich überall auf der Welt.
HORIZONT: Funktioniert es schon überall auch betriebswirtschaftlich, sprich: Ist man in der Gewinnzone? Sperl: Wir betreiben The Red Bulletin unter der Maßgabe einer normalen Zeitschrift, die sich im Markt tragen muss. Wir bitten um Verständnis, dass wir auf Zahlen nicht näher eingehen.
Macheck: Wir merken, dass wir mit unserem Magazin langsam im Konzert der großen Zeitschriftenmarken mitspielen, etwa wenn wir in Hollywood wegen Interviews anfragen. Diese Wertschätzung, ein interessanter Partner zu sein, freut uns – und mit jedem weiteren Land, in dem wir erscheinen, werden wir wohl noch ein Stück interessanter.