Wie geht es dem ,Kurier´?
 

Wie geht es dem ,Kurier´?

Am Freitag, 19.02., verkündeten in einer Betriebsversammlung Kurier-CR Helmut Brandstätter und Kurier-GF Thomas Kralinger die Kündigung von 25 Mitarbeitern, elf ist „Änderungskündigung“ vorgeschlagen – im Wortlaut, mit Anmerkungen.

Seit dem Amtsantritt von Helmut Brandstätter im August 2010 begleiten den neuen Chefredakteur des „Kurier“ Gerüchte, dass – teures, weil im Kollektivvertrag der Tageszeitungen beschäftigtes – Personal reduziert werden soll.
Nach einem knappen halben Jahr ist es am Freitag, den 19. Februar, erstmals offiziell – nachstehend die Aussendung der Kurier-Chefredaktion von 17:05 Uhr nach einer Betriebsversammlung im Wortlaut:  

„Stellungnahme Chefredaktion und Geschäftsführung zum Personalabbau:  

In der heute (19.02., Anm.) stattgefunden Betriebsversammlung betonten Chefredakteur Helmut Brandstätter und Geschäftsführer Thomas Kralinger die Notwendigkeit, offensiv auf die Veränderungen des Medienmarktes zu reagieren.  

Insbesondere Qualitätsmedien müssen in Anbetracht der zunehmenden Gratiskultur ihre Geschäftsprozesse und Strukturen verändern, um den Bestand langfristig abzusichern.  

Beim KURIER wurde dieser Veränderungsprozess bereits im Herbst begonnen. Im November wurde ein zentraler Newsroom zur verbesserten Kommunikation zwischen den Print-Ressorts und dem digitalen Bereich in Betrieb genommen. Die Ressortstruktur wurde deutlich vereinfacht, durch die Gründung eines investigativen Ressorts und die verstärkte ressortübergreifende Produktionsweise wurden Aktualität und Qualität des KURIER verbessert.  

Die Veränderungen im digitalen Bereich ermöglichen auch in den redaktionellen Produktionsprozessen vereinfachte Abläufe.  

Als Ergebnis des Umstrukturierungsprozesses musste letztendlich die Entscheidung getroffen werden, den Mitarbeiterstand zu reduzieren. Mit 25 Mitarbeitern wird über eine Auflösung der Verträge, mit weiteren 11 über Anpassungen gesprochen.  

Thomas Kralinger: „Menschlich ist dies für alle Betroffenen natürlich tragisch, unternehmerisch und im Sinne einer langfristigen Strategie alternativlos. Durch einen Sozialplan sorgen wir für eine finanzielle Abfederung, mit einer Arbeitsstiftung wollen wir in die Zukunft der betroffenen Mitarbeiter investieren.“  

Helmut Brandstätter: „Ich möchte mich von niemandem trennen, ich hätte lieber mehr als weniger Journalisten. Ich musste aber die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen zur Kenntnis nehmen. Wir müssen neue technische Wege beschreiten, wie es sie bei anderen Zeitungen bereits gibt. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch unter den geänderten Bedingungen den erfolgreichen Kurs des KURIER fortsetzen werden.“

Zitat Ende.  

Das wohl entscheidende Stichwort lautet: „Kommunikation zwischen den Print-Ressorts und dem digitalen Bereich“.
Die Kollegen im Print-Ressort sind – als VÖZ-Mitglied ist der „Kurier“ da in der Pflicht – auf Basis des Kollektivvertrags für Tageszeitungen entlohnt. Die Content-produzierenden Kollegen der digital-Abteilung des „Kurier“ sind einfache Angestellte auf Basis des Gewerberechts – die „Kurier“-Tochter Telekurier hat kurier.at gewerberechtlich in der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation angemeldet (wie übrigens, durchgehend inklusive ORF, alle Medienhäuser ihrer Digital-Abteilungen).  

Allein die beiden „kollektivvertraglichen Geschwindigkeiten“ stellen Redaktionen und Geschäftsführungen vor Herausforderungen. Heisst: Je integrierter wechselseitig die Arbeitsweisen sind, desto problematischer wird die Entlohnungsweise für vergleichbare Tätigkeiten.

Unberührt allerdings bleibt eine offene Frage an berufsethische „Formalien“: Der Schutz der journalistischen Tätigkeit (Meinungsfreiheit im Rahmen des Redaktionsstatuts) ist in der realen Welt des (teuren) Kollektivvertrags erprobt und bewährt – in der (vergleichsweise billigeren) digitalen Welt schlicht unbekannt (beziehungsweise nicht praktiziert).  

Laut Geschäftsbericht der Medicur (Beteiligungsgesellschaft von Raiffeisen) bilanzierte die „Kurier Zeitungsverlag und Druckerei GmbH“ 2009 einen Umsatz von 107 Millionen Euro (2008: 104 Millionen). Als Mitarbeiterzahl wird 250 angegeben (davon dürften rund 100 bei der Tageszeitung „Kurier“ unter dem Tageszeitungskollektivvertrag entlohnt werden).  

Sowohl der Betriebsrat des „Kurier“ als auch die Gewerkschaft haben angekündigt, die nun angekündigten Massnahmen „nicht ohne weitere Verhandlungen“ (Wolfgang Katzian, Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp)), akzeptieren zu wollen. Fortsetzung folgt also.
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