Editorial von Sebastian Loudon, Herausgeber (HORIZONT 35/2015)
Zum Abschluss kein Gesülze, sondern ein Schuss Programmatik und ein zarter Appell: Was kann, soll, darf und muss eine Fachzeitschrift im dritten Jahrtausend leisten? Das ist die Frage, mit der sich die HORIZONT-Redaktion viele Male zu den unterschiedlichsten Anlassfällen befasst hat.
„Eine Zeitung ist die Konversation einer Nation mit sich selbst“ – diesen hinreißenden Satz zitierte Michael Fleischhacker vor nunmehr eineinhalb Jahren bei der Präsentation seines Nekrologs auf die Tageszeitung. Das lässt sich schön auch in die Sphären des Fachzeitschriftendaseins transferieren. Demnach wäre eine Branchenzeitung die Konversation dieser Branche mit sich selbst. Und das passt sehr gut zum Selbstverständnis dieser Zeitung: eine Plattform im Dienste der Kommunikationsbranche, eine ernsthaft bemühte Projektionsfläche für deren Reflektionsarbeit.
Stutzig machte mich die Widmung, die mir Fleischhacker an besagtem Abend in der Nationalbibliothek in sein Buch schrieb: „ … in Anerkennung seines parasitären Geschäftsmodells“. Fleischhacker meinte nicht mein persönliches Geschäftsmodell, sondern jenes des HORIZONT. Und er liegt damit so falsch, dass – Karl Kraus, schau obe! – nicht einmal das Gegenteil davon richtig ist. Parasiten schaden ihrem Wirt, saugen ihn aus, nehmen seinen Tod in Kauf. Es mag solche Branchenzeitungen geben, diese hier gehört nicht dazu. Aber auch das Gegenteil ist nicht richtig. Denn ja, wir leben von und mit dieser Branche, hängen quasi an ihr dran. Geht es ihr, ihren Protagonisten gut, geht es der Zeitung gut. Ein symbiotisches Geschäftsmodell schon eher.
Nun verhält es sich leider so, dass die vergangenen Jahre im Großen und Ganzen keine besonders guten Jahre für die Kommunikationsbranche waren. Neben der wirtschaftlichen Entwicklung und den digitalen Umwälzungen war es aber vor allem himmelschreiende Unprofessionalität und kriminelle Energie, die dazu führten, dass ganze Disziplinen wie Sponsoring oder Lobbying in Verruf gerieten. Und das Wort „Inserat“ findet scheinbar nicht mehr als Bezeichnung eines Werbemittels Verwendung, sondern nur noch als Pseudo-Beweismittel für mutmaßliche Medienkorruption. Weit haben wir’s gebracht!
Das ist unwürdig und das hat sich dieser Wirtschaftssektor beileibe nicht verdient. Und dennoch müssen seine maßgeblichen Institutionen – dazu zählt diese Zeitung – die Verantwortung dafür tragen, dass sich dieser Zustand wieder ändert. Der HORIZONT steht als Plattform für eine reflektierende Konversation zur Verfügung. Er hat kein anderes Interesse, als dass es dieser Branche substanziell gut geht – aus symbiotischer, nicht parasitärer Interessenlage. Nutzen Sie dieses Angebot, es soll zu Ihrem Schaden nicht sein.
PS: Damit verabschiede ich mich von dieser eigentümlichen medialen Kanzel, hier auf Seite 4. Ich bedanke mich bei meinem großartigen Team und bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, für die Treue, die Kritik, das Lob, vor allem aber für Ihre wertvolle Aufmerksamkeit.