Am Printgipfel zum Thema "Was heißt hier Qualität?" wurde amüsant und relevant diskutiert.
"Eine bewegte und bewegende Diskussion", so fasst Moderator Hans Mahr, mahrmedia-Gründer, seine Runde zusammen. Und der Printgipfel zum Thema "Was heißt hier Qualität?" war ein durchwegs unterhaltsames Nachmittagsprogramm. Von der Vergeschwisterung zwischen Heute-Herausgeberin Eva Dichand und Falter-Chef Armin Thurnher, über Stern-Chefredakteur Thomas Osterkorn, der sich ein wenig über die österreichische Printlandschaft wundert ("wie Gratismedien überleben können ist mir nicht so klar"), den neuen News-Boss Axel Bogocz, der österreichischen Redaktionssystemen einiges abgewinnen kann, bis zu einem intensiv mitdiskutierendem Moderator, der das Podium anstachelte, war einiges zu erleben.
Oliver Voigt, Geschäftsführer der Mediengruppe Österreich stellt zunächst klar, dass er mit 89.455 Exemplaren im Direktverkauf, mehr verkauft als die "TT", "Die Presse" oder die "VN" - sprich eben keine reine Gratiszeitung ist, erklärt, dass "Österreich" einen operativen Gewinn schreibt und "wenn das Pflänzchen Wasser und Dung bekommt, ein großer starker Baum werden wird".
Nun schaltet sich Thomas Osterkorn ein - noch geht es in der Diskussion wenig um das Thema Qualität - und macht klar, dass er noch nicht ganz verstanden hat, "wie das in Österreich alles funktioniert" ("in Deutschland gibt es keine echten, nur versteckte Gratismedien") und erwähnt gleich die Themen Inseratenskandal oder Bezuschussung von Auslandskorrespondenten durch Ministerien - für Deutschland offensichtlich "eine Kultur, die es nicht gibt".
Und er kommt zum Thema: "Wir vertreten die Überzeugung, dass Qualität ihren Preis hat und guter Journalismus Geld kostet", als Problem sieht er eher die Verluste von Werbegeldern, die ins TV und in Online abfließen. Gegensteuern will er mit höheren Copypreisen, "dann werden mittelfristig auch die Anzeigenkunden zurückkommen".
Ach ja, und Qualität ist für Osterkorn "die perfekte Umsetzung von Kundenanforderungen in ein Produkt, das gut gemacht, zeitlos, möglichst fehlerlos ist. Das bedeute gute und teure, langwierige Recherche, ein elegantes Layout, fantastische Bilder, Haltung und Fairness, Unabhängigkeit - in Deutschland seien die Qualitätsprintmedien äußerst erfolgreich.
Axel Bogocz definiert: "Qualität liegt im Auge des Betrachters und in der Erfüllung von Erwartungshaltungen." Nun kommt Mahr auf die Kleinheit des Marktes zu sprechen. Und Bogocz streut seiner österreichischen Redaktion Rosen: "Zum Thema Effizienz: Wir haben ein Softwaresystem, das den redaktionellen Alltag erleichtert und viel Zeit spart. In Österreich funktioniert das System so gut, dass wir deutschen Mitarbeitern dies gezeigt haben, die das gleiche System weniger effizient nutzen - kleinere Teams können Großes leisten."
Schließlich kam Armin Thurnher zu Wort, der seitens des Moderators durchaus immer wieder mit Gegenwind konfrontiert war, und gefragt wurde, ob er sich nicht täglich Sorgen mache um sein Medium. "Es macht jeden Tag Spaß", sagt Thurnher dazu. Zum Thema Qualität hat er einiges zu melden, will den Begriff schärfen und stellt klar, dass Qualitätsjournalismus "nichts mit Kundenwunsch zu tun hat, sondern mit gutem aufwendigen Journalismus und guten Techniken und demokratiepolitischen Aufgaben - was Geld koste".
Es gab eine Diskussion über die Qualität deutscher und Schweizer Zeitungen und über österreichische "Inselbemühungen einiger Medien", wie es Thurnher nannte.
Heute kam beim Falter-Boss wohl minimal etwas besser weg als Österreich (wenn auch wieder über die Personen, die in den Heute-Stiftungen sitzen, diskutiert wurde, die Dichand weiterhin geheimhält), was Dichand später motivierte von einer Kooperation bei Eventinfos zu sprechen - man kam sich (minimal und wohl eher zum Spaß) näher. Trotzdem stellte Thurnher in Frage, was "Österreich" und "Heute" mit Qualitätsjournalismus zu tun haben.
Voigt leitete über zum Thema digital: "Wir sind am Hausmeister und am Generaldirektor interessiert - doch das wirkliche Thema ist, wie halte ich meinen Leser, Viewer, TV-Zuseher in den verschiedenen Medien, denn es geht um den Digi-Nomaden." Können wir die Qualität in Online retten, fragt Mahr. Geld verdient wird mit journalistischen Inhalten auf Online wenig, wenn auch manche, wie "Der Spiegel" inzwischen schwarze Zahlen schreiben, ist man sich einig.
Das Geld liege eher darin die Marke als Trägermedium zu nutzen, um User zu generieren und diese schließlich mittels der Nutzung der Beziehung zu Lesern, diesen Dinge wie Autos oder Lebensversicherungen zu verkaufen - "die Impulse laufen über Print, die Geschäfte wickeln wir Online ab", fasst es Voigt zusammen.
Und "leicht hat es niemand", so ein Fazit. Bogocz sieht als relevantes Tool für die Zukunft, "den Blick auf die Zielgruppe und ihre Bedürfnisse zu legen, ein epaper ist zu wenig." Es wird klar, dass das Geld großteils über Transaktionsgeschäfte und eine Quersubventionierung der journalistischen Apparate durch neue Einkommenquellen kommen wird.
Thurnher meint nur: "Wir können gar nicht über Qualität reden, sondern müssen über Geld sprechen, weil allen die Felle davon schwimmen".
Schließlich fragte Mahr, ob die Digitalisierung den Qualitätsjournalismus subventionieren werde, ob dies der Staat tun werde oder der Leser bereit sien muss für Qualität zu zahlen.
Voigt befand, dass man "der Audience die Sorge um Print nehmen muss", sieht allerdings als einizig gangbaren Weg für die Zukunft eine Verschränkung der Medien - "das Angebot muss ordentlich sein, sexy und schnell", denn der User klickt sich wieder raus, wenn ihm etwas nicht gefällt.
Servus TV-Geschäftsführer Pütz meint, dass sich "Qualität und Wirtschaftlichkeit nicht ausschließen", und dass es Mut und Fantasie brauche - sprich das Mäzenatentum nicht zum Überleben notwendig wäre für Servus TV.
Thurnher wiederum erkennt Schwierigkeiten in der Übersetzung von Print in Online, glaubt, dass Online anders bespielt werden müsse - "siehe der Guardian fordert via Online seine Community auf Akten zu sichten, was die Community einbindet, es geht also darum alle Mögichkeiten von Online überhaupt erst zu durchschauen".
Fazit der Rund zu Print in 10 Jahren: Osterkron rechnet mit weiteren Auflagenverlusten in Print, eine Substiution von Print durch Online und ortet eine weitere Intensivierung der Diversifizierung. Und er meint: "Qualität findet ihre Käufer, ob in Print oder im Netz".
Bogocz sieht in Zukunft eine verstärkte Konzentration auf Zielgruppen, er glaubt an höhere Preise, höhere Produktausstattung, Diversifizierung und Konvergenz der Medien.
Dichand glaubt an die Zeitung Heute auch in Zukunft, ob in Print oder am Smartphone und "wir werden die zweitgrößte Zeitung Österreichs sein".
Voigt wünscht sich in zehn Jahren "letztmalig in aktiver Position für die Mediengruppe Österreich, mit Print-, Online- und TV-Angeboten, am Podium zu sein, denn dann werde er sich auf die "Insel" zurückziehen. Und er meint Medien müssen ihre starken Sozialkontakte zu ihren Lesern nutzen und sich für Transaktionsgeschäfte öffnen, "denn wir werden diese Gelder brauchen".
Thurnher hofft auf die Bereitschaft seiner Leser für Qualität zu zahlen und Diversifikation sei ohnehin schon lange ein Thema für den Falter Verlag, der neben dem Herzstück "Falter" schon lange Bücher oder DVDs herausgibt.