Update: "Licht ins Dunkel"-Spot unter Kritik
 

Update: "Licht ins Dunkel"-Spot unter Kritik

Für den neuen "Licht ins Dunkel"-Spot hagelt es Vorwürfe wegen Diskriminierung vonseiten der ÖVP, der Spot soll zurückgezogen werden, ORF kontert, Sissy Mayerhoffer: "Scharf kritisierter Spot ist ein Bestandteil einer großen Kampagne"

Wie es die Tradition so will, startet in der beginnenden Vorweihnachtszeit eine von Österreichs größten Spendenorganisationen ihren Aufruf. Um den begleitenden TV-Spot kümmern sich wie schon die Jahre zuvor die Kreativen aus der Wiener Lehárgasse, Demner, Merlicek & Bergmann. In Kooperation mit der Filmproduktion Close Up und dem ORF-Team rund um Sissy Mayerhoffer gibt es nun die neue Werbeoffensive. Der von Regisseur Ron Eichhorn inszenierte Spot steht heuer zur Gänze im Zeichen des Fußballs. Er erzählt die Geschichte zweier Brüder – der eine behindert, der andere nicht –, die verdeutlichen soll, dass niemand seinen Weg alleine gehen muss. Verstärkt wird diese Message durch die berühmte Fußballhymne „You’ll Never Walk Alone“, die als Musik für den Film eingesetzt wurde. Der Spot, der auch durch Plakate unterstützt wird, ist ab sofort on air.

Diskriminierender Spot?

Anders sieht die Sache der ÖVP-Sprecher für Menschen mit Behinderung, Franz-Joseph Huainigg. Der Spot werde von Menschen mit Behinderung als ­diskriminierend empfunden, stehe im starken Widerspruch zu allen Bewusstseinsmaßnahmen der letzten Jahre und verstoße klar gegen die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen – das verkündete er in einer OTS am 19. November. Die Aussage des Jungen, dass er Knochendoktor, Nervendoktor, Muskeldoktor und Gehirndoktor werden möchte, damit sein behinderter Bruder Fußballer werden kann, impliziere, dass Behinderung heilbar sei. „Die UN-Konvention und alle Maßnahmen der Bundesregierung stellen jedoch die Fähigkeiten und nicht die Defizite in den Vordergrund“, so Huainigg.

Huainigg erwarte sich von einem öffentlich-rechtlichen Sender, dass er die Intention der Inklusion, des selbstbestimmten Lebens und der Gleichstellung durch Bewusstseinsmaßnahmen unterstütze und diese nicht konterkariere, wie es durch diesen Spot passierte. Für ihn ist dies ein Rückschritt bei der Darstellung von Menschen mit Behinderungen in den Medien. „Da haben wieder sogenannte PR-Profis Bilder entworfen, die mit der Lebensrealität nichts zu tun haben“, meint er weiter und fordert von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz den sofortigen Rückzug des Spots.

ORF: "Es geht um das Modell der Möglichkeiten"


"Wir bedauern, dass der Spot auch so interpretiert wird. Der Claim des Spots mit dem Titel 'Brüder' lautet 'Damit niemand seinen Weg alleine gehen muss'. Das ist auch die Message des Spots. Ganz im Sinne der Inklusion steht die Solidarität und Gemeinsamkeit der Kinder im Vordergrund, bei denen es keine Rolle spielt, ob einer von ihnen im Rollstuhl sitzt. In der dargestellten Situation sind alle gleich. Es geht nicht um Darstellung eines Defizits oder die Erregung von Mitleid. Die Message ist, wie dies auch durch die Musik („You’ll Never Walk Alone“) verdeutlicht wird, dass alle Kinder das Recht haben, ihre Träume zu leben. Es geht um das Modell der Möglichkeiten: Jedem sollte alles offen stehen. Das transportiert der Spot, der wie immer in enger Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen von 'Licht ins Dunkel' entwickelt wurde. Die Reaktionen auf die diesjährige Kampagne sind bisher durchwegs positiv", so die offizielle ORF-Stellungnahme auf die HORIZONT- Anfrage.

"Wir nehmen Kritik zur Kenntnis, sind zum Dialog bereit"

Sissy Mayerhoffer, Leiterin Generaldirektion Humanitarian Broadcasting ORF, ergänzt: "Viel Aufmerksamkeit für 'Licht ins Dunkel', das sollte es sein, aber nicht für 'einen' Spot in einer inhaltlich umfangreichen Kampagne. Wirklich schade fände ich es, wenn die Kritiker durch die Diskussion über einen TV-Spot jetzt die Fülle der vielen anderen Aktivitäten, Spots und Sendungen und redaktionellen Beiträge zum Thema 'Licht ins Dunkel' übersehen würden. Die Kampagne ist wie jedes Jahr auf mehreren Säulen aufgebaut - der nun so scharf kritisierte Agenturspot ist ein kleiner Bestandteil davon. Wir nehmen die Kritik zur Kenntnis und sind wie immer zum Dialog bereit - wir führen diesen Dialog während des ganzen Jahres und sind auch jetzt im Gespräch mit den Kritikern. Die Spotkampagne ruht auf mehreren Säulen und wir zeigen damit genau diese Vielfalt an Meinungen und Zugängen."

So sollen in den nächsten Wochen und Monaten Betroffene, Betreuende, Sender und Empfänger in den Spots zu Wort kommen. In den redaktionellen Beiträgen, die das ganze Jahr über - und die insbesondere jetzt in der 'Licht ins Dunkel'-Zeit - im ORF zum Thema Behinderung zu sehen sind, werde mit größtmöglicher journalistischer Sorgfalt gearbeitet. "Am 'Licht ins Dunkel'-Aktionstag am 2. Dezember stellt sich ein ganzes Haus in den Dienst der Sache - und wieder werden in den diversen Sendungen und Beiträgen, Betroffene, Menschen mit und ohne Behinderung, Menschen, denen die Aktion in der Vergangenheit geholfen hat, und Menschen, die Hilfe benötigen, zu Wort kommen. Hilfe hat immer viele Gesichter und Aspekte. 'Licht in Dunkel' hat allein im vergangenen Jahr 5.032 Familien mit insgesamt 12.455 Kindern in schwierigen Lebenssituationen im Rahmen des Soforthilfefonds, unter die Arme greifen können. Ich glaube, dass Sie niemanden unter diesen Familien finden werden, der die derzeit geführte Diskussion nachvollziehen kann."
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