Von ORF über Förderwesen, Digitalisierung bis Wegfall des Amtsgeheimnisses: Das Regierungsprogramm im Kurz-Check.
45,5 Megabyte und in Summe 326 Seiten stark ist es, das vorgelegte Regierungsprogramm von Türkis und Grün. Der designierte Bundeskanzler Sebastian Kurz und vorgesehene Vizekanzler Werner Kogler präsentieren dabei ein Programm, das neben „Grenzen und Klima schützen“ auch einige Punkte in Sachen Medien und Digitalisierung parat hält. Neben Grundsatzbekenntnissen und Stoßrichtungen stehen aber konkrete Umsetzungsvorschläge oftmals noch aus. HORIZONT listet wesentliche Inhalte.
Starke Medien am Papier
„Wir bekennen uns zu einer Medienpolitik, die Grundwerte wie Pluralismus, Unabhängigkeit, Medien- und Pressefreiheit sowie Innovation sicherstellt und fördert“, heißt es gleich zu Beginn des Medien-Kapitels. Die Rolle der Medien für die Gesellschaft an sich werden eingangs ebenso festgehalten wie die nicht mehr von der Hand zu weisenden, sich verändernden Rahmenbedingungen. Die globalen Player lassen auch im Regierungsprogramm grüßen. Im Fokus steht die Stärkung des österreichischen und europäischen Medienstandorts. Vieles davon liest sich wie aus einer Zusammenfassung der Erkenntnisse der von Ex-Medienminister Gernot Blümel initiierten Medienenquete.
Zentral erscheinen die Schaffung eines Medienfonds sowie die Überprüfung der derzeit ausgeschütteten Förderungen – Details zur Ausgestaltung offen. Auch die Vergabekriterien für öffentliche Inserate stehen demnach am Prüfstand. Kampf gegen Hass im Netz erhält einen Punkt im Programm; die Formulierung wirkt mehr nach Verantwortung für Plattformbetreiber als Verfolgung von Usern.
Unabhängiger ORF
Eine Vielzahl von Punkten deutet auf das Ermöglichen von Kooperationen, die das Kartellrecht derzeit wohl zumindest streifen würden, hin. Das könnte Unterfangen wie gesamtmarktliche Vermarktungsallianzen durchaus erleichtern. Und mündet, auch in dieser Dramaturgie, im Programm in der „Kooperation der dualen Medienlandschaft“. Wesentlich, und völlig entgegen der Ansicht des ehemaligen Regierungspartners Kurz: „Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk muss dabei an die medialen Anforderungen der Zeit angepasst und die dafür notwendige, unabhängige Finanzierung erhalten.“ Sofern kein Lippenbekenntnis, ist das doch eine deutliche Abkehr vom Kurs der FPÖ. Gar gesetzlich verankert werden soll die Zusammenarbeit zwischen ORF und Privatsendern, regionale Vielfalt und das Ermöglichen digitaler Bewegung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – die von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz geforderten Möglichkeiten im Rahmen eines Digitalpaketes, etwa Fallen der 7-Tage-Regelung und Ausweitung des Archivs, scheinen damit auf Kurs.
Auch das Liebkind des ehemaligen Sportministers Heinz-Christian Strache, das Fernseh-Exklusivrechtegesetz, soll überprüft und überarbeitet werden. Ob dann tatsächlich Sport-Live-Rechte wieder per Gesetz ins Free-TV wandern und wie das mit geltender Vergabepraxis unter einen Hut zu bringen ist, bleibt offen. Ebenso enthalten sind dezitiert, und das ist durchaus bemerkenswert, „Ausbau und Stärkung der Ausbildung von Journalistinnen und Journalisten“. Das Kapitel schließt mit „Stärken des ‚Public Value‘“. Ob das auch privaten Sendern ermöglicht werden soll? Unbeantwortet.
Konkretes zur Digitalisierung
Weitreichende Maßnahmen verspricht zumindest das Papier in Sachen Digitalisierung: „Die Bundesregierung bekennt sich zu dem Ziel, Österreich zu einer der führenden Digitalnationen innerhalb der Europäischen Union zu machen.“ Das umfasst in Sachen 5G eine „flächendeckende technologieneutrale Breitband-Versorgung österreichweit“ ebenso wie eine staatliche Verwaltung im Sinne des 21. Jahrhunderts. Hier wird das Regierungsprogramm durchaus konkreter, als es das etwa in Sachen Medienförderung ist: Sicherung der persönlichen Datensouveränität steht ebenso auf der Agenda wie die Schaffung einer Ö-Cloud, die hier als nationales Pendant zu gängigen Services gelistet wird – und wird detailverliebt etwa in der Forderung nach einem CO2-neutral betriebenen Bundesrechenzentrum.
Adieu, Amtsgeheimnis
Ein Punkt, und der führt mit ins türkis-grüne Programm ein und endet quasi mit ihm, lag und liegt vielen an Herzen: Transparenz. „Abschaffung des Amtsgeheimnisses/ der Amtsverschwiegenheit“ ist darin festgeschrieben, und erfüllt bei Erfüllung die Forderung nach gläsernem Staat statt gläsernem Bürger. Auch das einklagbare Recht auf Informationsfreiheit wird genannt. All das mündet in einem Open-Data-Ansatz, der Daten bereitstellt (etwa aus dem Verkehr) und Verwaltungstransparenz heben soll.
Das komplette Regierungsübereinkommen ist als pdf u.a. über diesen Link zu beziehen.