Stabile Einnahmequelle
Übersetzt sich das stark steigende Interesse in der Umfrage in die Realität, könnten Teile der Wirtschaft bald Kopf stehen: War früher die entscheidende Frage, wo sich ein Shop, ein Fitnessstudio oder ein Restaurant befindet, dreht sich in der Abo-Ökonomie alles um den Standort des Kunden. Konsumenten gewöhnen sich zunehmend daran, dass Güter und Dienstleistungen, die sie brauchen, zu ihnen kommen, ohne dass sie jedes Mal den Bestellknopf drücken müssen. Vom Rasierklingen- über Geschirrspülmittel- bis hin zum Fitness-Abo – das Angebot wird immer mehr.
Aus Unternehmenssicht zahlt sich ein Umstieg weg vom einmaligen Verkauf von Produkten hin zu einem Abo-Modell gleich in mehrfacher Hinsicht aus. Die wiederkehrenden und zuverlässigen Einnahmen aus Abos stehen im krassen Widerspruch zu den stark wechselnden Bedingungen am Werbemarkt oder saisonalen Schwankungen im traditionellen Verkauf, bei dem man Kunden immer wieder aufs Neue animieren muss, ein Produkt zu kaufen. Niemand kann davon so gut ein Lied singen wie die Verlagsbranche. Laut PricewaterhouseCoopers wird Werbung im Zeitungsgeschäft (Print und online) weltweit von 49,2 Milliarden Dollar im Jahr 2019 auf 36 Milliarden US-Dollar 2024 sinken – ein Rückgang um mehr als ein Viertel in fünf Jahren.
Michael Wolf, CEO der Unternehmens- und Managementberatungsagentur Active, geht indes davon aus, dass der Löwenanteil von Konsumentenausgaben künftig auf Abos fallen wird. Insgesamt rechnet er im Bereich Digital und Medien in den kommenden drei Jahren mit einem Anstieg der Konsumentenausgaben, "141 Milliarden Dollar bei Abos, weitere 46 Milliarden bei Einfachtransaktionen."
Was Abos aus Unternehmersicht ebenfalls attraktiv macht, sind die Kunden. Diese gelten nämlich als besonders treu. Fast zwei Drittel der befragten Abonnenten gaben im "End of Ownership"-Bericht an, dass sie sich mit Unternehmen, bei denen sie ein Abo haben, mehr verbunden fühlen als mit Unternehmen, deren Produkte sie im Zuge einer einmaligen Transaktion kaufen. Laut Studienautoren zeige dies, "dass Unternehmen im SEI die Beziehungen zu Kunden vertiefen und Dienstleistungen erbringen, deren Wert im Laufe der Zeit steigt." Die Geschäftswelt werde künftig stärker durch Beziehungen zu Konsumenten anstelle von Produkten definiert.
Zuora CEO Tien Tzuo auf der Konferenz Startup-Grind
Das hilft gerade in Krisenzeiten: Die Hälfte der im SEI gelisteten Unternehmen spürten vergangenes Jahr trotz globaler Pandemie keine negativen Folgen in den Unternehmensergebnissen. "Das Geschäftsmodell mit Abos ist schlichtweg widerstandsfähiger", sagt Tzuo. Die Hälfte der Abo-Unternehmen verspürte keine negativen Effekte, bei einem Viertel – darunter etwa der Videokonferenz-Dienst Zoom – explodierte der Umsatz. Ein weiteres Viertel wuchs langsamer als der Schnitt. Insgesamt hatten im SEI gelistete Unternehmen 2020 im Schnitt ein Umsatzwachstum von 11,6 Prozent, während traditionelle Produktunternehmen ein Minus von 1,6 Prozent zu verkraften hatten.
Wer nun Blut geleckt hat und sein Unternehmen in ein Abo-Business umwandeln will, für den hat Tzuo einen Rat parat: Bestehende Produkte einfach als Abo zu vermieten, funktioniere meistens nicht. Denn 69 Prozent der Befragten mögen Abos, die ihnen Zugang zu exklusiven Inhalten, Produkten oder Dienstleistungen bieten, die sie ohne Abonnement nicht bekommen würden.