So viele Beschwerden gingen noch nie über einen Anlassfall beim Österreichischen Presserat ein.
Update: Mittlerweile sind 1.450 Beschwerden gegen die Berichterstattung von "oe24.tv" aber auch gegen "krone.at" über die Anschläge in Wien beim Presserat eingegangen. Die Fellners entschuldigten sich in einer Klarstellung für die Veröffentlichung des Videos.
Inwiefern werden die Interessen der Terroristen befördert, wenn zu viele Bilder gezeigt werden? Mit dieser Frage setzt sich der Österreichische Presserat seit Montagabend auseinander und wies zudem "eindringlich auf den Persönlichkeitsschutz der Opfer" hin. Gestern Abend entschuldigte sich "oe24.tv" für das Zeigen eines Tatvideos, das ursprünglich von einem israelischen TV-Sender veröffentlicht wurde.
"Dieses Video hat in der speziellen Situation und Emotion dieser Terrornacht die Gefühle zahlreicher Zuseher verletzt – dafür wollen wir uns in aller Form entschuldigen", erklärt
Österreich- und "oe24.tv"-Chefredakteur Niki Fellner. Allerdings stellt er auch klar, dass die Aufnahme weltweit von verschiedenen TV-Stationen gezeigt wurde und das Video nicht auf "oe24.tv" publiziert worden sei – dort habe man schon wegen Serverproblemen am Montagabend keine Videos hochladen können. Wolfgang Fellner erklärte noch gegenüber "Der Standard", dass man verstehe, dass es in Österreich "eine andere Betroffenheit als in anderen Teilen der Welt" gebe.
Journalistengewerkschaft und Verein Medienjournalismus verurteilen Berichterstattung
Der Verein Medienjournalismus Österreich verurteilte "die von einigen Medien veröffentlichten Fotos und Videos": "Diese Form von Journalismus ist unverantwortlich und degoutant und gibt den Tätern auch noch eine Bühne. Solche Veröffentlichungen widersprechen nicht nur dem Ehrenkodex der Presse, sondern könnten auch juristische Folgen nach sich ziehen, weil die Verbreitung von Aufnahmen, auf denen Opfer eines solchen Anschlags zu erkennen sind, medienrechtlich unzulässig ist", hieß es in einer Aussendung. Der Verein appellierte "an alle Kollegen und Medien, nicht den Voyeurismus mancher zu befriedigen, sondern verantwortungsbewusst und mit Bedacht zu handeln".
Gleichzeitig fordert die Journalistengewerkschaft Konsequenzen für Medien, die ethische Grenzen überschreiten. "Voyeurismus im Angesicht eines brutalen, verabscheuungswürdigen Verbrechens hat im seriösen Journalismus keinen Platz", heißt es in einer Aussendung. Die Journalistengewerkschaft in der GPA-djp fordere "daher, derartigen medialen Entgleisungen die Unterstützung mit Steuergeldern zu entziehen".