"Standard"-Onliner fordern bessere Arbeitsbed...
 

"Standard"-Onliner fordern bessere Arbeitsbedingungen

UPDATE: Bronner: "Ich bin Ihr Verbündeter", man müsse aber auf die Leistbarkeit achten - Online-Journalisten der Tageszeitung "Der Standard" wollen nicht noch länger auf einen neuen Journalisten-KV warten und appellieren an "Standard"-Herausgeber Oscar Bronner

Die Online-Journalisten der Tageszeitung "Der Standard" fordern den "Standard"-Herausgeber Oscar Bronner in einem Brief zu besseren Arbeitsbedingungen und gerechter Entlohnung auf. In dem Schreiben ist wird ein Zweiklassensystem beschrieben: Auf der einen Seite stehen demnach die Print-Journalisten, die dem Journalisten-Kollektivvertrag unterliegen, auf der anderen Seite jene der Online-Redaktion, die als Redakteure im IT-Kollektivvertrag oder gar als "Internetbetreuer" geführt werden. "Als solche sind wir in jeder Hinsicht schlechter gestellt: finanziell, rechtlich und sozial. Es schadet der Moral, dass unsere Arbeit gering geschätzt wird", heißt es weiter und: "Weder sind wir eine Redaktion niedrigerer Ordnung, noch ist es das Produkt unserer Arbeit."

Enorme Lohngefälle

Auch auf ein weiteres Gefälle machen die Onliner aufmerksam: "Besonders Teilzeitkräfte werden in die Scheinselbstständigkeit gedrängt und arbeiten als freie Dienstnehmer zu noch schlechteren Konditionen. In der Praxis agieren sie dennoch wie Angestellte, werden auch in die Dienstpläne eingetragen und müssen zu fixen Zeiten arbeiten." Weiters betonen die Journalisten, dass die enormen Lohngefälle zwischen den Kollegen das Betriebsklima vergiften und eine befruchtende Zusammenarbeit zwischen Print und Online verunmöglichen. Insbesondere im Hinblick auf die kommende räumliche Zusammenführung der Redaktionen sei der Status quo der Ungleichbehandlung nicht aufrechtzuerhalten.

Bei Anstellung verdiene man für eine Vollzeitstelle bei derStandard.at 2.200 Euro brutto - meist ohne Berücksichtigung von Vordienstzeiten als freier Dienstnehmer oder Angestellter - und für Sonntagsarbeit gebe es keinen Zuschlag. Auch Randdienste werden laut dem Schreiben nur zwischen 23 Uhr und 7 Uhr gesondert vergütet und das Gehalt nicht regelmäßig inflationsangepasst. Nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung werden Freie Dienstnehmer ab 11,30 Euro in der Stunde entlohnt.

Appell an Bronner

Seit Jahren werde man auf einen neuen Journalisten-Kollektivvertrag vertröstet, der die Lage bessern soll. Deshalb habe sich für die einzelnen Journalisten auch in guten Geschäftsjahren wenig verbessert. Nun wolle man nicht mehr länger warten. Deshalb wende man sich an Bronner persönlich, und bitte ihn, sich dafür einzusetzen, dass rasche Verbesserungen (Anstellungen, Gehaltserhöhungen und allgemein ein Umgang auf Augenhöhe) auch unabhängig von Verhandlungen über den Kollektivvertrag umgesetzt werden.

UPDATE:

Bronner: "Ich bin Ihr Verbündeter"

Bronner antwortete den "Standard"-Online-Journalisten ebenfalls in Form eines Briefes. "Ich bin Ihr Verbündeter im Bemühen um würdig entlohnten Qualitätsjournalismus, und ich möchte die Probleme in diesem Bereich gemeinsam mit Ihnen beheben. Ich muss dabei allerdings auch auf die Leistbarkeit achten. Auf Basis des Zeitungs-KV wäre ein Online-Startup gar nicht möglich gewesen", erklärt der Herausgeber.

Neuer KV laut Bronner weitgehend ausverhandelt

Auch er trete dafür ein, dass die kollektivvertragliche Situation zwischen Print und Online geändert werde. Daher habe er es begrüßt, als die Verhandlungen für einen gemeinsamen Kollektivvertrag für alle Journalisten begannen, "wobei eine Grundbedingung die Bereitschaft zum Verzicht auf unfinanzierbar gewordene Privilegien war. Es kann in niemandes Interesse sein, dass ein Kollektivvertrag, der die Existenz der Printmedien gefährdet in Zukunft auch Online gefährdet", und weiter: "Ich empfinde es ebenfalls als unakzeptabel, dass diese Verhandlungen schon über drei Jahre dauern. Und dass die Gewerkschaft heuer bereits abgehakte Punkte wieder in Frage stellte. Es entstand der Eindruck, dass die Gewerkschaft als Vertreter der Besitzstandswahrer die Verhandlungen nur so lang wie möglich hinausziehen wollten. Auch auf Ihre Kosten." Daher habe er im VÖZ für eine Kündigung des KV gestimmt, in der Hoffnung, dass man auf diese Weise schneller zu ein Ergebnis erziele. Der neue Vertrag sei weitgehend ausverhandelt, die offenen Punkte könnten bei gutem Willen in wenigen Tagen erledigt sein.

Budget-Vorsorgen getroffen

Was die budgetären Möglichkeiten ohne den Abschluss eines neuen KV betrifft, habe man anlässlich des Abbruches der Verhandlungen im Budget Vorsorgen getroffen. "Dazu gibt es auch schon konkrete Gespräche mit Geschäftsführung und Betriebsrat. Auch möchte ich in Erinnerung rufen, dass heuer zehn zusätzliche Anstellungen in der Online-Redaktion erfolgt sind. Ich glaube nicht, dass ein anderes Medium hier vergleichbare Zahlen aufweisen kann", erklärt der Herausgeber.

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