Springer-Angebot für WAZ
 

Springer-Angebot für WAZ

Springer-Chef Döpfner äußert Interesse an Teilen der WAZ-Gruppe und bewertet gesamten Medienkonzern mit 1,4 Milliarden Euro. Medienwissenschafter Horst Röper: "Gesamtangebot aus kartellrechtlichen Gründen nicht durchsetzbar"

Horst Röper, ein deutscher Medienwissenschaftler, hat das überraschende Angebot der Axel Springer AG für Teile der WAZ-Gruppe als ein "sehr, sehr ungewöhnliches Unterfangen" bezeichnet. Das Angebot von Springer-Chef Mathias Döpfner bewerte die WAZ-Gruppe deutlich höher als dies bei internen Verkaufsgesprächen zwischen den Eigentümern bisher der Fall gewesen sei. Damit streue Döpfner "jetzt richtig Salz in viele Verhandlungsrunden", so der Geschäftsführer des Formatt-Instituts im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Am Freitag war durch das "Manager Magazin" ein Brief von Springer-Chef Döpfner an die WAZ-Eigner und den Testamentsvollstrecker der Brost-Gruppe bekannt geworden. Darin äußert er Interesse an einzelnen Teilen der WAZ-Gruppe und bewertet den gesamten Medienkonzern mit 1,4 Milliarden Euro. Das Angebot platzt in interne Verkaufsverhandlungen der beiden Eigentümerfamilien des großen Zeitungs- und Zeitschriftenverlages von der Ruhr.

Die Gruppe gehört zu jeweils 50 Prozent den Nachkommen ihrer Gründer: den drei Töchtern von Jakob Funke und den drei Enkelkindern von Erich Brost mit Peter Heinemann als Testamentsvollstrecker. Funke-Tochter Petra Grotkamp hatte den Brost-Erben Ende August das Angebot gemacht, deren Hälfte am Verlag für rund 470 Millionen Euro zu übernehmen. Ein Springer-Vorstoß würde den Plänen der Funke-Tochter aber in die Quere kommen, da der genannte Gesamtpreis von 1,4 Milliarden Euro das Verlagshaus deutlich höher bewertet.

Grotkamp hatte das Offert zurückgewiesen. Die gesamte Funke-Gruppe ließ erklären, sie sei derzeit an einem Verkauf auch von Geschäftsanteilen der WAZ-Gruppe nicht interessiert. Heinemann hatte das Angebot in Anlehnung an ein Bibelzitat knapp kommentiert: "Prüfet alles und behaltet das beste." Der Springer-Konzern hält sein Angebot unterdessen aufrecht. Man warte ab und rechne nun mit "qualifizierten Rückäußerungen", teilte eine Springer-Sprecherin gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" mit.

"Das Gesamtangebot ist für mich aus kartellrechtlichen Gründen nicht durchsetzbar", sagte der Medienwissenschafter Röper dazu. Dies gelte etwa für die Zeitungen in Nordrhein-Westfalen, in Braunschweig oder in Thüringen. Döpfner spreche laut Medienberichten diese Bedenken in seinem Schreiben ja auch an. Bei Programm- und Frauenzeitschriften sehe er dagegen keine kartellrechtlichen Probleme, so Röper weiter. Allerdings: "Warum sollten die WAZ-Manager den renditestarken Zeitschriftenbereich aus der Hand geben, solange es bei den Tageszeitungen Probleme am Markt gib?" Zu Springer passen könnte auch das Südosteuropa-Geschäft der WAZ-Gruppe. Röper äußerte sich verwundert darüber, dass Springer "dezidierte Preisvorstellungen" ohne genaue Kenntnis der Geschäftszahlen abgebe.

In der WAZ-Gruppe erscheinen mehr als 27 Tageszeitungen mit mehr als 2,5 Millionen Exemplaren Auflage und zahlreiche Zeitschriften in ganz Europa. Die Gruppe ist mit einem Umsatz von 1,1 Milliarden Euro einer der größten Regionalzeitungsverlage Europas. Außerhalb Deutschlands ist die WAZ in Österreich, Albanien, Kroatien, Mazedonien, Russland, Serbien und Ungarn aktiv. Die Axel Springer AG ist Deutschlands größter Zeitungs- und drittgrößter Zeitschriftenverlag.

(Quelle: APA/dpa)
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