Sparen, aber richtig
 

Sparen, aber richtig

Editorial von Rainer Seebacher, Chefredakteur (HORIZONT 24/2014)

Der erste Chefredakteur und Geschäftsführer der Niederösterreichischen Nachrichten, Harald Knabl, ist ein Medienmanager mit Ecken und Kanten. Ein Mann, der wenig schönredet. Der sagt, wenn es nicht so gut läuft. Das macht ihn zu einem seltenen Exemplar in der Kommunikationsbranche. Einer Branche, in der der Superlativ – meist in eigener Sache – zum guten Ton gehört. In der man nur unter der Hand erfährt, wenn die Lage ernst ist – und in dieser ernsten Lage befindet sich dann immer ein anderer.

Harald Knabl ist bei solchen Gesprächen öfters dieser andere in der schlimmen Lage. Warum? Weil die Gratiswochenzeitungen Knabl und seinen Publikationen schön langsam wirtschaftlich das Wasser abgraben. Weil dieser in die Tiefe gehende Lokaljournalismus bestenfalls noch die Älteren interessiert, sich die Jungen aber mit den redaktionellen Happen von Kostenlos-Medien zufriedengeben. Und: weil gedrucktem Lokaljournalismus der Stallgeruch des Provinziellen anhaftet und er spätestens dann ausstirbt, wenn die alten Leser gestorben und die jungen Digital-Leser ihre Laptops, Tablets und Smartphones auch im Alter nicht beiseite legen und auf die Zeitungslektüre pfeifen. Der Beweis dafür ist schnell erbracht: Bis auf NÖN und BVZ gibt es keine großen regionalen Wochenzeitungen mehr, die etwas kosten. Die Salzburger Woche vielleicht – aber die bezeichnet sich selbst als Hybrid zwischen Kauf- und Gratismedium.

So wie viele andere Medienhäuser auch, ist das Niederösterreichische Pressehaus zum Sparen verdammt. Kosteneffizienz ist das Gebot der Stunde. Ein innerhalb der Verlagshäuser oft viel zu laut ausgesprochenes Gebot, das damit wichtigere Erfordernisse wie etwa Qualität oder Innovation übertönt. Das ist langfristig fatal. Denn der Leser erwartet von einem Verlag keine Sparform, sondern eine gut gemachte Zeitung. Auch im Niederösterreichischen Pressehaus ist dieses Gebot sicher ein lautes. Eines, dem sich Harald Knabl nun auch gebeugt hat. Von 30 Mitarbeitern wird sich die NP Druck trennen müssen – für sie wird ein Sozialplan erarbeitet. Der Zeitungsdruck wird an die Mediaprint ausgelagert.

Sich von Mitarbeitern trennen zu müssen, ist wohl die schwerste Entscheidung, der sich eine Führungskraft gegenübersieht. Dennoch hat das gesamte Management des niederösterreichischen Verlagshauses in dieser Situation Weitblick bewiesen. Denn gleichzeitig werden 23 Redakteursposten neu geschaffen. Fix angestellt – nach Kollektivvertrag. Ein hohes Investment. Ein Investment, mit dem Knabl die redaktionelle Qualität der Berichterstattung heben will. Und das als besser erachtet als eine Neuinvestition in eine Zeitungsdruckmaschine, die notwendig gewesen wäre. Denn hier herrschen am Markt erhebliche Über­kapazitäten. Überkapazitäten, die es am Markt für qualitativ hochwertigen Lokaljournalismus in ­Österreich in der Form nun wirklich nicht gibt.
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