Seit Jahresbeginn führt Bernd Reichart die RTL-Gruppe in Köln – und der frühere Vox-Chef legt enormes Tempo vor. Im Interview formuliert Anke Schäferkordts Nachfolger ehrgeizige Ziele mit TV Now. Und: Auch mehr Österreich-Programm könnte kommen.
Das Interview erschien zuerst in HORIZONT 39/2019. Noch kein Abo? Hier klicken.
RTL sei die stärkste Marke im deutschen Fernsehen, sagt Bernd Reichart. Und der erst 45-jährige CEO der Mediengruppe RTL Deutschland will es – das zeigt sich im HORIZONT-Gespräch – nicht dabei belassen. Zusammen mit anderen Unternehmen des Bertelsmann-Mutterkonzerns wurde die Ad Alliance gegründet, die neue Werbepotenziale ebenso heben soll wie Plattform-übergreifender Partner für die Kreativwirtschaft sein („Content Alliance“) möchte. In Köln, dem Unternehmensstandort, wird indes das journalistische Arbeiten neu definiert. Die laut Reichart 700 Journalisten werden im „Inhalte-Herz“ von RTL organisiert, um den Content zielgenau ausspielen zu können. Reichart, der Anfang des Jahres auf die langjährige RTL-Chefin Anke Schäferkordt folgte,bringt dabei jede Menge Programm-Know-how mit. Er kam vom TV-Sender Vox – den er mit neuartigen Shows („Sing meinen Song“, die Investmentshow „Höhle der Löwen“) und einem echten Händchen für fiktionale Stoffe (für die Serie „Club der roten Bänder“ erhielt er den angesehen Grimme-Preis und zweimal den Deutschen Fernsehpreis) neu positionierte.
Der Dreh- und Angelpunkt seiner Strategie für die Mediengruppe RTL, die mit einem Umsatz von 1,08 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2019 immer noch wichtigster Umsatzbringer der internationalen RTL Group ist: die Streaming-Plattform TV Now. Für diese produziert die RTL-Gruppe nun verstärkt eigene Inhalte, die „online first“ ausgespielt werden und den globalen Streaming-Anbietern lokalen Content entgegensetzen sollen. Reichart hat auch – noch nicht näher definierte Pläne – für Österreich. Im Interview verspricht er nach den positiven Erfahrungen mit dem N-tv-Programmfenster, die Situation neu denken zu wollen. Wir sind gespannt.
Horizont: Die Mediengruppe RTL hat jüngst das Programm ihrer TV-Sender präsentiert. Sie selbst sind seit Jänner CEO. Inwieweit trägt das neue Programm schon Ihre Handschrift?
Bernd Reichart: Einfache Antwort: programmlich wahrscheinlich am allermeisten noch bei Vox – und in der Strategie unserer Gruppe, die für all unsere Angebote gilt: Wir investieren weiter massiv in eigene Entertainment-Inhalte sowie den Ausbau unserer journalistischen Angebote. Diese Strategie weiten wir konsequent auf nonlineare Angebote wie TV Now aus.
Warum dieser Move in Richtung TV Now?
Weil wir der Überzeugung sind, dass SVoD – also Subscription Video on Demand – in der Mitte der Zuschauerschaft ankommen wird. Es wird keine Form der Nutzung bleiben, die in erster Linie von jungen, urbanen, technikaffinen First Movern getrieben wird. Es gibt weitere Genres, die sich für SVoD eignen und komplementär zum linearen TV immer stärker nachgefragt werden. Unser Publikum dorthin zu führen und mit Genres zu bespielen, die lokaler sind und vielseitiger als das, was Netflix und Co mit ihren Originals liefern, verstehen wir als unsere originäre Aufgabe als lokaler News- und Entertainment-Anbieter.
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