Panel "Lokal versus global" entpuppte sich als erster Test für die Regional-TV-Vermarktergemeinschaft R9
Am Vormittag des 25. September stellte sich der neue Lokal-TV-Vermarkter R9 in einer Pressekonferenz vor. Am frühen Abend des gleichen Tages klopfte beim Panel „lokal versus global“ eine Expertenrunde dessen Erfolgschancen ab. Zur Orientierung mit an Board von R9 sind 10 Lokal-TV-Sender – und zwar W24, schau TV, LT1, Steiermark 1, Kärnten 1, tirol tv, Ländle
TV, P3 St. Pölten, N1 Niederösterreich und RTS sowie die Agentur Kobza Media.
Marcin Kotlowski, W24, skizzierte die Ziele von R9: „Dort können Auftraggeber österreichwet Werbung durchbuchen.“ Vorbild dafür wäre die RMS gewesen, der man vor 14 Jahren auch keinen wirtschaftlichen Erfolg zugetraut hätte. Der sich aber – bekanntermaßen – eingestellt hat. Die Angst von Walter Zinggl, IP Austria, vor dem neuen Konkurrenten, hält sich aber in Grenzen. Im Gegenteil: „Alles was Bewegtbildwerbung in Österreich aktueller und präsenter macht, ist zu begrüßen.“ Denn die Verteilung der Werbegelder würde eher an das Gutenberg-Zeitalter erinnern und sich nicht der tatsächlichen Aufmerksamkeit des Publikums orientieren: Derzeit fließen nämlich etwa 56 Prozent des Werbekuchens in Print und nur 23 in TV.
Zum Stichwort „national durchgeschaltete Werbung“ gab Zinggl zu bedenken, dass Werbung immer in Umfeldern statt finde. „Bei neun oder zehn verschiedenen Programmen ist die Frage, ob durchgeschaltete Werbung funktioniert.“ Außerdem brauche man im TV einen langen Atem: Servus-TV gebe es mittlerweile drei Jahre und der Sender erreiche nun 1,3 Prozent der österreichischen Haushalte.
"Hat in Deutschland nicht funktioniert"Medienberater Helmut Thoma – lange Jahre Geschäftsführer bei RTL – meinte in Bezug auf R9: „In Deutschland ist ähnliches schon daneben gegangen – aber das soll nix heißen.“ Die Idee von R9 sei gut – aber das Erfolgskriterium sei die Umsetzung. „Wie kommt man zu gemeinsamen Inhalten – man braucht ein gemeinsames Grundprogramm, das man dann auch vermarkten kann“, so Thoma.
Regionales TV müsse unverzichtbar werden – und Dinge finden, die in Österreich auf ein gemeinsames Interesse stoßen. Dies sei etwa bei der regionalen Information der Fall – oder bei der Fußballberichterstattung. „Aber dann fallen mir schon keine Themen mehr ein“, so Thoma. Zinggl wünschte sich, dass die Sender von R9 ihr Informationsformat auf 19 Uhr legen sollten. „Denn dann hat der ORF endlich Konkurrenz in der regionalen Berichterstattung.“
Kotlowski, W24, und Niko Pelinka, Kobza Media, erklärten und verteidigten das Geschäftsmodell von R9. Letzterer meinte: „Wir haben analysiert, was der Markt will und Regionalität ist extrem wichtig.“ Und: „Wir fangen nicht bei null an, sondern setzen auf bestehende lokale Player, die sich in ihrem lokalen Märkten bereits heute behaupten.“ Zur Erklärung: R9 arbeitet mit den Marktführern des jeweiligen Bundeslandes zusammen. Kotlowski wies auf die Wichtigkeit von einheitlichen Formaten – also der Verpackung von Bewegtbild-Inhalten hin. „Die Verpackung ist die gleiche, aber der Inhalt ist ein anderer.“ In Vorarlberg würde im Infoformat das vorkommen, was in Vorarlberg passiert und in Wien, das was die Bundeshauptstadt bewegt. „Das was uns am meisten interessiert, ist das, was vor unserer Haustüre passiert“, ist Kotlowski überzeugt.
Video-Jockeys mit Rucksack
Harald Hackenberg von FastCast wieß darauf hin, dass im Fernsehen die Information letztendlich die Regionalität ausmache. „Und deren Produktion ist dummerweise das teuerste.“ Das Geschäftsmodell von FastCast: Eine Art Video-Jockey liefert mithilfe eines Multimedia-Rucksackes schnell und direkt vom Geschehen sendefertiges Bewegtbildmaterial. Kotlowski meinte dazu, dass Puls4 vor einiger Zeit mit Video-Jockeys experimentiert habe, dieses Projekt aber letztendlich eingestellt worden sei. Und: „Auch wir haben das probiert und sind jetzt wieder mit Zweier-Teams unterwegs.“ Es gebe aber Bereiche, mit denen man mit den Senderrucksäcken durchaus interessante Dinge machen könne.
Zum Schluss warnte Zinggl R9 davor, das Geschäftsmodell rein auf nationale Werbekunden auszurichten. „Es geht darum, jene Werbekunden anzusprechen, für die der Einstieg in das nationale TV noch immer zu hoch ist.“ Das bedeute aber noch viel Arbeit. Oder auf Wienerisch: "Der Kas is no net gessn".