Pressefreiheit: Wie die Politik auf Österreic...
 
Pressefreiheit

Wie die Politik auf Österreichs Absturz im RSF-Ranking reagiert

Peter Lechner/HBF
"Diese Tendenz muss nicht nur gestoppt, sie muss umgekehrt werden", fordert Bundespräsident Alexander Van der Bellen angesichts des neuen Pressefreiheitsrankings.
"Diese Tendenz muss nicht nur gestoppt, sie muss umgekehrt werden", fordert Bundespräsident Alexander Van der Bellen angesichts des neuen Pressefreiheitsrankings.

In dem heute veröffentlichen Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen (RSF) liegt die Alpenrepublik nur noch auf Platz 31 von 180 Ländern, und damit im Mittelfeld der Staaten mit einer 'zufriedenstellenden' Pressefreiheit, HORIZONT berichtete.

Besorgt zeigte sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen: "Das muss uns eine Warnung sein", kommentierte er den Absturz. "Diese Tendenz muss nicht nur gestoppt, sie muss umgekehrt werden", forderte er. Medienministerin Raab äußerte zurückhaltend. "Was das aktuelle Ranking des Vereins Reporter ohne Grenzen betrifft, werden wir uns das Bewertungssystem und die Ableitungen genau ansehen, sobald der Bericht vorliegt und in unsere Gespräche mit der Branche einfließen lassen", teilte Raab der APA mit. Sie bekannte sich dazu, "das hohe Gut der Pressefreiheit in Österreich" zu schützen und verwies diesbezüglich auf die von ihr veranstalteten "Medienkonferenzen" mit Fokus auf Medienförderung, Medientransparenz und Inseratenvergabe.

Scharfe Kritik von der Opposition

"Es braucht dringend ein Medienfreiheits- und Transparenzpaket gegen Inseratenkorruption und Message Control, um Medien in ihrer unabhängigen Berichterstattung zu unterstützen", forderte SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried. Konkret nannte er eine Erhöhung der Presseförderung sowie ein neues ORF-Gesetz mit mehr Unabhängigkeit für die ORF-Gremien. Besseren gesetzlichen Schutz für Journalist:innen in Europa forderte SPÖ-Europaabgeordnete Bettina Vollath. Sie verwies auf einen kürzlich von der EU-Kommission vorgelegten Gesetzesvorschlag gegen Einschüchterungsklagen als "ersten wichtigen Schritt". Auf diesen müssten jedoch weitere Initiativen folgen - etwa der für Ende dieses Jahres geplante "Media Freedom Act".

Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter forderte, dass ÖVP und Grüne "umgehend ein zeitgemäßes Informationsfreiheitsgesetz vorlegen" müssten. FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker sieht die Schuld für den "katastrophalen Absturz Österreichs" vor allem bei der ÖVP. Die "schwarz-türkise Medienkaufstrategie und Inseratkorruption" hätten "größten Schaden an der polit-medialen Kultur angerichtet". Er sprach sich etwa für einen Kostendeckel für Regierungsinserate und die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für mehr Transparenz aus.

Schallenberg kündigt Medienkonferenz an

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) betonte die Bedeutung des freien Journalismus und wies auf die Gefahren hin, denen Journalist:innen in ihrer Arbeit ausgesetzt sind. Am heutigen Welttag "würdigen wir den unabhängigen und kritischen Journalismus als einen Grundpfeiler einer freien, demokratischen Gesellschaft", erklärte Schallenberg. Der Schutz von Journalist:innen zähle seit vielen Jahren zu den Schwerpunkten der österreichischen Außenpolitik. "Meine Anerkennung gilt den vielen Journalist:innen, die trotz der widrigsten Umstände täglich ihre Freiheit oder ihr Leben im Dienste der unabhängigen Berichterstattung riskieren", betonte Schallenberg weiter. Er kündigte zudem eine "hochrangige Medienkonferenz" an, die im November in Wien abgehalten werden soll. Dabei werde über Prävention, Schutz und die Verfolgung von Verbrechen gegen Journalist:innen gesprochen sowie eine Bilanz der Erfolge und Herausforderungen der letzten zehn Jahre bei der Umsetzung des UNO-Aktionsplans gezogen.

VÖZ-Aktion zum Tag der Pressefreiheit

Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), sprach sich für eine Initiative zur Verteidigung der Pressefreiheit aus. "Die doch deutliche Verschlechterung Österreichs kann als Alarmsignal gewertet werden, das wir mit großer Besorgnis, aber zugleich auch einigermaßen verwundert zur Kenntnis nehmen." Ob allein das fehlende und vom VÖZ geforderte Informationsfreiheitsgesetz sowie die im Index genannten Umstände die deutliche Verschlechterung erklären, sei zu bezweifeln. Grünberger wolle keineswegs etwas Schönreden, aber "wir sollten die Leistungen österreichischer Medien und ihrer Journalist:innen nicht schlechtreden". Das RSF-Ranking und den Internationalen Tag der Pressefreiheit nehmen der VÖZ und seine Mitgliedsmedien auch zum Anlass in einer gemeinsamen Inseratenwelle auf die Bedeutung des Schutzes der Presse- und Meinungsfreiheit vor Eingriffen hinzuweisen.
 
VÖZ
 
Mit der Agentur Reichl und Partner wurde dazu das Sujet "Pressefreiheit auf Russisch" entwickelt. Dieses soll die aktuelle Lage in Russland unter Präsident Wladimir Putin vor dem Hintergrund des Angriffskriegs gegen die Ukraine in den Fokus rücken: Russland ist eines jener Länder, in dem die Pressefreiheit in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt massiv eingeschränkt wurde. "Mit der diesjährigen Initiative und unserem Sujet wollen der VÖZ und seine Mitgliedsmedien am Internationalen Tag der Pressefreiheit auch ein Zeichen für all jene Journalist:innen setzen, die in vielen Ländern und Regionen der Welt bei der Ausübung ihres Berufs ihr Leben riskieren. Denn in vielen Teilen der Welt – und auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft – drohen bei kritischer Meinungsäußerung hohe Strafen, und auch unabhängiger Journalismus wird drastisch eingeschränkt bzw. im Falle Russlands ausgeschaltet", betont VÖZ-Präsident Markus Mair abschließend.




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