Pressefreiheit in vielen Ländern wenig wert
 

Pressefreiheit in vielen Ländern wenig wert

Einige Brennpunkte

"Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht umfasst die Freiheit, Meinungen unangefochten zu vertreten sowie Informationen und Ideen mit allen Kommunikationsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten." So steht es in Artikel 19 der UNO-Menschenrechtserklärung vom Dezember 1948. Die Realität sieht oft anders aus. Einige Brennpunkte:

China:

In keinem anderen Land sitzen so viele Journalisten hinter Gittern wie in China, wie das in New York ansässige Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) mitteilte. Mit 44 Journalisten in Haft habe die Organisation zum Jahresende 2014 die höchste jemals für China erhobene Zahl festgestellt. Reporter arbeiten in der Volksrepublik unter besonders schwierigen Bedingungen. Auch ausländische Medien geraten immer wieder in den Fokus der Behörden. Seit Monaten sitzt die Mitarbeiterin der Wochenzeitung "Die Zeit", Miao Zhang, in Haft, nachdem sie Sympathien für die Demokratieproteste in Hongkong bekundet hatte.

Russland:

Die Zahl unabhängiger Medien hat im größten Land der Welt zuletzt weiter abgenommen. Menschenrechtler beklagen seit Jahren unter Präsident Wladimir Putin massive Einschränkungen der Pressefreiheit - auch im Internet, wo viele Seiten der Opposition offiziell blockiert sind. Medien wie die regierungskritische Zeitung "Nowaja Gaseta", für die auch die 2005 ermordete Journalistin Anna Politkowskaja schrieb, oder das oppositionsnahe Internetfernsehen Doschd sehen sich immer wieder behördlichem Druck ausgesetzt. Wegen einer Gesetzesinitiative, der zufolge Ausländer künftig höchstens noch 20 Prozent der Anteile an Medien halten dürfen, drohen westliche Verlage teilweise mit dem Schließen von Redaktionen - statt sie etwa Oligarchen zu überlassen.

Türkei:

"Auf der Welt gibt es keinen Platz, an dem die Medien so frei sind wie in der Türkei", sagte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan Ende vergangenen Jahres. Doch die Ereignisse der vergangenen Monate zeichnen ein anderes Bild. Immer wieder stehen Journalisten wegen ihrer Berichterstattung vor Gericht. Erst Anfang April wurden zwei Kolumnisten der oppositionellen Zeitung "Cumhuriyet" wegen einer umstrittenen Mohammed-Karikatur angeklagt. Es ging um das Titelbild der Satirezeitung "Charlie-Hebdo", das die "Cumhuriyet" über den Texten der Journalisten abdruckte. Nun drohen den Kolumnisten bis zu vier Jahren Haft. Vor allem aber häufen sich Ermittlungen gegen Journalisten wegen Beleidigung Erdogans. Artikel 299 des türkischen Strafgesetzbuches sieht bis zu vier Jahren Haft für Verunglimpfung des Präsidenten vor. Der regierungskritische Journalist Can Dündar sagte im Februar: "Vor Gericht gestellt zu werden, ist zur Natur des Berufs geworden."

Naher Osten:

Berichterstatter können in keinem einzigen arabischen Land ungehindert arbeiten. So üben etliche Regierungen massiven Druck auf Journalisten aus. Beispiel Ägypten: Unter dem Deckmantel "Kampf gegen den Terror" gehen Regierung und Justiz am Nil gegen missliebige Reporter vor. Journalisten haben praktisch keine Möglichkeit, mit der verbotenen Muslimbruderschaft oder anderen islamistischen Organisationen in Kontakt zu treten - wer es dennoch tut, läuft Gefahr, im Gefängnis zu landen. Um ein Exempel zu statuieren, verurteilte ein Gericht im vergangenen Jahr Journalisten des Nachrichtenkanals Al-Jazeera zu Haftstrafen. Derzeit läuft der Berufungsprozess. Bedroht werden Journalisten in der Region aber auch durch bewaffnete Konflikte und Extremisten. Das Bürgerkriegsland Syrien steht auf dem Pressefreiheits-Index der Organisation Reporter ohne Grenzen an viertletzter Stelle. 15 Journalisten starben dort im vergangenen Jahr, so viel wie in keinem anderen Land.

Eritrea:

Eritrea ist mit Platz 180 das Schlusslicht in der "Rangliste der Pressefreiheit" von Reporter ohne Grenzen. Der bitterarme Staat am Horn von Afrika, der von Kritikern auch als das "Nordkorea Afrikas" bezeichnet wird, ist nahezu vollständig abgeriegelt. Seit der Unabhängigkeit von Äthiopien im Jahr 1993 regiert Präsident Isaias Afwerki das Land mit eiserner Faust, Wahlen gibt es nicht. Für ausländische Journalisten ist es so gut wie unmöglich, eine Einreisegenehmigung zu erhalten. Unabhängige Stimmen im Land werden komplett unterdrückt und internationale Medien dürfen keine Mitarbeiter im Land haben. Viele eritreische Journalisten sind schon in die Nachbarländer geflohen. Immer wieder gibt es Berichte über Festnahmen und Folter, auch sollen Medien-Mitarbeiter im Gefängnis gestorben sein. Wegen der fehlenden Pressefreiheit ist so gut wie nichts über den Staat und die Lebensumstände der Bevölkerung bekannt.
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