Horst Pirker treibt die Sanierung der VGN weiter mit Tempo voran und will den Verlag bis Ende des Jahres auf gesunde Beine gestellt haben. Was die anderen Gesellschafter dazu sagen und wie G+J seinen Rückzug aus Österreich erklärt...
Es war ein entscheidender Tag für die Verlagsgruppe News: Bei der Eigentümerversammlung sollte über die Zukunft des Magazinkonzerns entschieden werden. Das Resultat: Die Bertelsmann-Tochter Gruner + Jahr gibt seine Anteile ab, Horst Pirker übernimmt sie mit sofortiger Wirkung (
HORIZONT berichtete). Die anderen Beteiligungen bleiben unberührt: So hält der Kurier-Verlag weiterhin 25,3 Prozent und die Fellners 18,7 Prozent. Über den Kaufpreis herrscht Stillschweigen.
Mit diesem Schritt soll der Restrukturierungsprozess der VGN vorangetrieben werden, wie es Pirker in einer ersten Stellungnahme kommunizierte. Seit 2014 führt er den Konzern und arbeitet an der wirtschaftlichen Sanierung. Auflagen und Reichweiten stabilisierten sich seither oder verbessern sich. So manches Produkt wurde vom Markt genommen: Etwa das Magazin First oder das Format, das mit dem trend verschmolzen wurde. Seither erscheint der trend wöchentlich und einmal im Monat mit einer Premium-Ausgabe. Der Wochentitel News wurde mit neuem Team besetzt und der Erscheinungstermin auf den Samstag verlegt. „Wir stehen mitten in einem Sanierungskurs und ich will diesen bis Ende des Jahres abschließen“, so Pirker gegenüber HORIZONT. „Ich handle so weiter, wie ich auch unter anderen Eigentumsverhältnissen gehandelt hätte.“ Zum Portfolio des Magazinkonzerns sagt er: „Ich will alle Titel weiterführen. Das ist keine Bestandsgarantie, aber ich habe den Willen dafür.“
Die VGN hatte 2014 bei einem laut Compass Firmenbuch erreichten Umsatz von 89,02 Millionen Euro operativ mit 5,4 Millionen Euro Minus geschlossen, 2015 bewegte sich der Fehlbetrag in ähnlicher Größenordnung – hinzu kommen aber noch rund vier bis fünf Millionen Euro an Rückstellungen und Wertberichtigungen. Im Februar diesen Jahres wurde bekannt, dass die VGN Geld von den Eigentümern benötigt (
HORIZONT berichtete), zuletzt habe G+J laut Informationen des Standard mehr als 15 Millionen Euro in den Verlag gepumpt. Die Leserzahlen einiger VGN-Titel gingen aber nun nach jahrelangen Rückgängen wieder nach oben, etwa beim Flaggschiff News.
G+J: Strategische Entscheidung
Bereits in den vergangenen Jahren hat G+J Auslandsbeteiligungen, etwa in China, Indien oder Kroatien, sukzessive abgestoßen. „Wir befinden uns in einem großen Veränderungsprozess“, sagt Verlagssprecher Frank Thomsen. Der Verlag modernisiere das Magazingeschäft, vor allem im Stammmarkt Deutschland zuletzt mit einer Offensive von rund 20 neuen Magazinen in den vergangenen zwei Jahren. Des Weiteren baue man neues Digitalgeschäft auf, auch international. „Zugleich überprüfen wir jedes bestehende Geschäft und bestehende Märkte darauf, ob und wie sie in dieses neue Gruner + Jahr passen. Unsere ganze Kraft legen wir dabei auf unsere Kernmärkte Deutschland und Frankreich – hier investieren wir kräftig – und auf den raschen Ausbau des Digitalgeschäfts.“ Der strategische Schwerpunkt des Medienhauses sei ein anderer. Thomsen: „Insofern haben wir nicht gegen VGN entschieden, sondern konsequent entlang unserer Strategie.“
Stimmen und Reaktionen
Den Einstieg in die VGN
bewertet Medienminister Thomas Drozda positiv, auch das Vorhaben das Flaggschiff News weiterführen zu wollen. Pirker wisse, wovon er rede, sagte Drozda gegenüber der APA. Er sei „einer der erfahrensten Medienmanager des Landes“.
Auch Wolfgang Fellner, der eine reine Finanzbeteiligung ohne Mitsprache hält, stärkt Pirker den Rücken: „Ich finde es mutig und toll, dass er es übernimmt. Er hat meine volle Unterstützung“, sagt er gegenüber HORIZONT. Einfach sei es aber nicht: „Die Ausgangssituation ist eine wahnsinnig schwierige, denn Pirker startet mit 20 bis 30 Millionen Euro Verbindlichkeiten.“ Pirker habe Fellner angeboten, sich in Zukunft verstärkt auszutauschen. Fellner: „Wann immer er meinen Rat benötigt, werde ich zur Verfügung stehen und sofern das erwünscht ist, auch meine Hilfe anbieten.“
"Die VGN zu sanieren ist ein Fulltime-Job"Fellner selbst war immer wieder im Gespräch für eine mögliche Übernahme der Anteile, aber: „Ich habe vom ersten Moment an gesagt, dass das nicht meine Agenda ist. Ich habe auch die zeitlichen Ressourcen dafür nicht. Die VGN zu sanieren ist ein Fulltime-Job.“ Dass Gruner+Jahr sich aus Österreich zurückzieht, habe sich abgezeichnet. „Es hat in den letzten Jahren verschiedenste Versuche von G+J gegeben, das Österreich-Geschäft zu beenden“, so Fellner. „Dieser Last-Minute-Verkauf zehn Tage vor Insolvenz ist allerdings der Notausgang mit schrillenden Alarmsignalen.“ Den Verkauf an Horst Pirker bezeichnet er als beste Lösung für die VGN. Einen Sparkurs wird Pirker wohl führen müssen, denn, so Fellner: „Um den News-Verlag erfolgreich zu machen, müsste man aber das Personal auf die Hälfte kürzen.“
Bei der Raiffeisen Bankengruppe, dem Mehrheitseigentümer des Kurier-Verlags, herrscht dem Vernehmen nach Verstimmung über die jüngsten Ereignisse in der VGN. Gegenüber HORIZONT kündigt Erwin Hameseder, Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien, an, den Verkauf und die sich dadurch ergebenen Veränderungen für die Kurier Mediengruppe einer "rechtlichen Würdigung" zu unterziehen (
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