Der TV-Sender will nach einem ‚schwierigen Jahr‘ mit mehr Programm-Innovationen punkten. Channelmanagerin Lisa Totzauer gibt Einblick in Strategien und Pläne.
Ein neuer Serien-Montag mit den ORF-Eigenproduktionen „Walking on Sunshine“ und „Wischen ist Macht“, der näher rückende Start der „Dancing Stars“ und eine „Mars-Expedition“ mit Hanno Settele als Reiseleiter. Im zuletzt mit Quotensorgen kämpfenden ORF1 stehen in den kommenden Wochen Programm-Innovationen an, die dem jünger ausgerichteten der beiden großen ORF-TV-Kanäle neuen Schwung verleihen sollen. Channelmanagerin Lisa Totzauer plant, wie sie im HORIZONT-Gespräch verrät, im neuen Jahr auch weiter und „sehr geballt auf die Entwicklung neuer Produkte“ zu setzen. Aber sie gesteht auch ein: „2019 war ein sehr schwieriges Jahr – was wir immer gewusst haben, weil im Vergleich zu 2018 weniger Großereignisse am Programm standen und die amerikanischen Serien in der Daytime weiter an Reichweite verloren haben.“
Der Marktanteil von ORF1 sank auf 9,1 Prozent im Gesamtpublikum, der Zielgruppenwert bei zwölf- bis 49-jährigen Sehern ging auf 11,2 Prozent zurück. Das am Vorabend neu gestartete und mittlerweile auf zehn Minuten verkürzte „Magazin 1“ trug seinen Teil dazu ebenso bei wie die missglückte Feuerwehr-Show „Feuer und Flamme“, die ORF-interne, aber ungenannt bleiben wollende Kritiker als eine „marktforscherische Kopfgeburt“ bezeichnen.
Hirscher kostet 0,9 Prozentpunkte
Totzauer bleibt dennoch zuversichtlich: „Gerade der Dezember hat uns gezeigt, dass neue Produkte in der Kernzone – wie der satirische Jahresrückblick oder die neue Show ,Fakt oder Fake‘ – gut funktionieren.“ Warum es im Vergleich zum Dezember 2018 dennoch ein Minus bei den Marktanteilen gab? Totzauer erklärt dies unter anderem mit dem „Hirscher-Effekt“. Allein die nach dem Rücktritt von Marcel Hirscher nun weniger konsumierten Übertragungen vom Skiweltcup hätten mit einem Minus von 0,9 Prozentpunkten auf die ORF1-Gesamtquote durchgeschlagen.
Im Gegensatz zum Vorjahr, als „kurzfristige Werbeeinbrüche die Finanzplanung besonders schwierig machten“, könne man heuer auch im zweiten Halbjahr 2020 Programm-Innovationen finanzieren. „Im Show-Bereich sind wir ganz intensiv dran, haben hier einige Ideen – ob sich auch neue Fiction noch in diesem Jahr ausgeht, ist offen.“ ORF-Chef Alexander Wrabetz sprach in dem Zusammenhang jüngst von einem „musiknahen Event-Format“. Schon für das erste Quartal geplant: ein neues Info-Magazin am Hauptabend von ORF1.
Totzauers Sorgenkinder im Programm stehen freilich auf noch nicht so sicheren Beinen. „Q1 – das Quiz“ mit Oliver Polzer sieht sie „in einer Phase, wo es sich einpendelt“. Es brauche eben Zeit, bis sich die Sendung in den Sehgewohnheiten verankere. Aber: Totzauer sieht bei einem Seherschnitt von knapp über 100.000 auch Potenzial für weitere Formate diesen Zuschnitts. Das nun verkürzte „Magazin 1“ habe seine Marktanteile sogar um zwei Prozentpunkte gesteigert. „Das ist sehr gut für die kurze Zeit.“
Als Erfolg kann man dagegen die Reportage-Schiene „Dok1“ am Donnerstag-Hauptabend werten. Die Eigenproduktionen darunter holen im Schnitt 250.000 Seher bei 14 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe. Einer der Protagonisten der Reihe, Hanno Settele, darf deshalb bereits im März mit einem neuen Fünfteiler auf den Schirm. In „Auf zum Mars“ soll Österreich, so die Ausgangslage, eine Kolonie auf dem Mars besiedeln. Der Bundespräsident in Person von Christoph Grissemann beauftragt Settele, jene Dinge zu finden, die Österreich ausmachen und mit auf den roten Planeten sollen. Daraus ergäben sich, so Totzauer, „lustige, aber im Hintergrund ernste Fragen zum Selbstverständnis des Landes: Was soll mit, und was bleibt hier? Schnitzel oder Sachertorte? Rapid oder Austria? Und: Müssen die Sozialpartner unbedingt mit an Bord?“
Wieder ,ZIB‘ auf zwei Kanälen?
Weniger humorvoll lief zuletzt die Dikussion über die Zukunft der ORF1-Information ab. Dort hatte ORF-Chef Wrabetz einen Teil der Mannschaft zurück nach ORF 2 beordert – und eine Durchschaltung der „ZIB 1“ wieder auf zwei ORF-Kanälen angeregt. Zum intern kontrovers diskutierten Thema will Totzauer nichts sagen. Nur so viel: „Grundsätzlich habe ich mit dem Generaldirektor vereinbart, dass es dazu keinen Kommentar von mir gibt.“