ORF-Wahl: Doppelspitze zeichnet sich ab
 

ORF-Wahl: Doppelspitze zeichnet sich ab

Nach den jüngsten Landtagswahlergebnissen und den Turbulenzen in der SPÖ dürfte die ÖVP in Sachen ORF-Führung nun wieder Druck in Richtung einer Doppelspitze für den öffentlich-rechtlichen Sender machen

Im Sommer 2016 wird im ORF ein neues Direktorium gewählt. Im 35-köpfigen ORF-Stiftungsrat, der die ORF-Spitze bestellt, zeichnet sich nach dem Umsturz in der Steiermark ein 14-14-Patt zwischen SPÖ-nahen und ÖVP-nahen Vertretern ab. Bisher hatte in dem Aufsichtsgremium die SPÖ eine relative Mehrheit. Die anstehende Kräfteverschiebung soll die ÖVP nun zum Anlass genommen haben, statt des von der SPÖ unterstützten Alleingeschäftsführers Alexander Wrabetz eine Doppelspitze zu fordern, berichten verschiedene ORF-Quellen.

Als ÖVP-Wunschkandidat dafür gilt ORF-Finanzdirektor Richard Grasl. Zurück im Spiel ist offenbar auch der frühere ORF-Generalintendant und nunmehrige Turner-Manager Gerhard Zeiler. Sowohl die "Kronen Zeitung" als auch "Österreich" berichteten am Wochenende, dass Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann Zeiler der ÖVP als künftigen ORF-Chef vorschlagen möchte. 2011 hatte die SPÖ-Spitze um Faymann Zeilers ORF-Ambitionen noch gestoppt. "Krone"-Innenpolitikchef Claus Pandi, der als Faymanns Stimme am Boulevard gilt, schrieb nun, dass Zeiler "in der Umgebung des Bundeskanzlers als 'idealer Nachfolger' von ORF-Chef Alexander Wrabetz gilt". Möglicher Hintergrund des kolportierten Sinneswandels: Zeiler gilt manchen in der SPÖ auch als Alternative zu Faymann selbst. Zeilers Kanzler-"Tauglichkeit" wurde 2011 auch als Grund dafür gehandelt, dass Faymann Zeilers mögliche ORF-Kandidatur bekämpfte.

Zeiler damals: "Dächte er so, müsste er ja froh sein, wenn ich im ORF festgenagelt wäre." Sollten sich SPÖ und ÖVP nicht auf eine ORF-Führung einigen können, dann könnte es 2016 wie schon 2006 wieder eine Regenbogen-Koalition mit der Unterstützung von Unabhängigen und Oppositions-Stiftungsräten geben. Für die neue ORF-Organisationsstruktur, die ORF-Chef Wrabetz im März präsentiert hatte, könnte es in diesem Fall eng werden. Die Oppositionsparteien lehnen diese Struktur mit einem Informations- und Kreativ-Direktor über alle ORF-Medien hinweg wegen ihres Proporzcharakters ab. Auch die Stimmen der unabhängigen Betriebsräte im ORF-Stiftungsrat dürften mit der vorgesehenen Abschaffung der Radiodirektion, die auch das Ende des Radiobetriebsrats in der bisherigen Form nach sich ziehen würde, nur schwer zu bekommen sein.
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