In Interviews unter anderem in "
Kurier", "
Presse" und "
Standard" aber auch HORIZONT (siehe unten) ging der Vorsitzende des Österreichischen Privatsenderverbandes (VÖP), Klaus Schweighofer, gegen den ORF in die Offensive. Hintergrund: In der kommenden Woche, konkret am 9. Oktober, hält der VÖP eine Diskussionsrunde im Rahmen seiner Veranstaltungsserie "Rundfunk Plattform Österreich" ab. Im Vorfeld will man offenbar Stimmung für seine medienpolitischen Anliegen an die nächste Bundesregierung machen. Dort diskutieren aber nicht nur Medien-Staatssekretär Josef Ostermayer und ÖVP-Mediensprecher Karlheinz Kopf, sondern auch der Generaldirektor des ORF, Alexander Wrabetz. Zumindest so dieser nicht auf Grund der jüngsten VÖP-Angriffe gegen den ORF doch noch absagt. Denn der ORF reagiert ziemlich verschnupft auf die konzertiert angelegte PR-Offensive des VÖP.
In einer
OTS-Aussendung weist ORF-Kommunikationsschef Martin Biedermann die von Schweighofer in einigen Interviews erhobenen Vorwürfe, wie etwa das "Hamstern" von Programmrechten oder Imagekampagnen für 18 Millionen Euro zurück. "Beim Vorstoß des VÖP handelt es sich um einen weiteren durchsichtigen Versuch, den ORF als Garanten für die Eigenständigkeit des österreichischen Marktes zu beschädigen. Es ist schade, dass sich die wenigen echten heimischen Privatsender vor den Karren der wirtschaftlichen Interessen internationaler Medienkonzerne in Österreich spannen lassen."
Das Interview mit Klaus Schweihofer aus der heute, Freitag 4. Oktober, erschienen Print-Ausgabe von HORIZONT:
HORIZONT: Was sind nun die wichtigsten medienpolitischen Hausaufgaben einer neuen Regierung?Klaus Schweighofer: Das Wichtigste ist, den privaten Rundfunk so zu behandeln, wie es ihm zusteht, nämlich als das einzig wachsende Segment im klassischen Mediengeschäft. Wir wachsen sowohl, was unsere Hörer, als auch, was unsere Stellung im Werbemarkt betrifft. Und so wollen wir auch behandelt werden, das war in der Vergangenheit nicht so. Wir wollen, dass das Umfeld für privaten Rundfunk, ich will gar nicht sagen: verbessert, sondern normalisiert wird. Es muss endlich ein für eine europäische Demokratie adäquates Umfeld für privaten Rundfunk geben.
HORIZONT: Sie fordern den Gesetzgeber dazu auf, die Finanzierung des ORF so aufzustellen, dass er „von der Werbewirtschaft unabhängig wird“. Täte das dem Werbemarkt insgesamt gut?Schweighofer: Zu allererst täte es dem Land und dem ORF gut.
HORIZONT: Aber wäre es auch gut für den österreichischen Werbemarkt? Es gibt Mediaagenturchefs, die das vehement verneinen und meinen, ein eigenständiger Werbemarkt braucht den ORF.Schweighofer: Ich habe eher den Verdacht, dass manche Mediaagenturmanager den ORF brauchen.
HORIZONT: Wofür?Schweighofer: Das weiß ich auch nicht, aber dieser Verdacht drängt sich mir auf. In normal aufgestellten Systemen entwickeln sich Werbemärkte hervorragend. Ich glaube nicht, dass Österreich da anders tickt. Die Präsenz des privaten Rundfunks ist mittlerweile stark genug, um das aufzufangen.
HORIZONT: Worum geht es Ihnen im Radiobereich konkret?Schweighofer: Da brauchen wir einige scheinbar kleine Schritte der Liberalisierung. Zum Beispiel fordern wir mehr Bestandssicherheit bei der Neuvergabe von Lizenzen. Auch wenn das in der behördlichen Praxis gut gelebt wird, wäre es wichtig, im Gesetz vorzusehen, dass ein Zulassungsinhaber, der zehn Jahre lang in einen Sender investiert hat, bei der Neuvergabe bevorzugt behandelt wird. Ebenfalls klein, aber für uns wichtig ist die Möglichkeit, kleine aneinander angrenzende Frequenzen bündeln zu können. Oder die Frage der Funkhäuser: Hier geht es uns darum, dass im Gesetz festgeschrieben werden soll, dass solche Funkhauslösungen, wo sich also mehrere Sender die Kosten für Infrastruktur teilen, etwa bei Neuvergaben nicht zum Nachteil im Sinne der Medienvielfalt ausgelegt werden können.
HORIZONT: Ihre Änderungswünsche für regionale Fernsehsender?Schweighofer: Hier geht es darum, ihren speziellen Bedürfnissen am regionalen Werbemarkt Rechnung zu tragen. Die Werbebestimmungen sind für nationale Sender ausgelegt, das ist auch gut so. Aber die genaue Trennung in Werbeblöcke ist für Lokalsender hinderlich.
HORIZONT: Digitalradio findet sich überraschenderweise auch im VÖP-Forderungspapier. Gibt es hier plötzlich Einigkeit unter den Mitgliedern?Schweighofer: Ja, das war eine intensive Diskussion über den Sommer und darauf haben wir uns verständigt. Was die Einführung von DAB+ (Digital Audio Broadcasting, Anm.) betrifft, haben wir lange zugewartet, und das war auch gut so. Aber es ist eine Illusion, zu glauben, dass es UKW für immer geben wird. Jetzt ist es an der Zeit, offensiv zu werden. Wichtig ist, dass aus dem Digitalisierungsfonds nicht nur neue Programmangebote und ihre Verbreitung gefördert werden, sondern auch die Bewerbung dieser neuen Programme.
HORIZONT: Der VÖP fordert die Verdoppelung der Förderung für Privatsender von 15 auf 30 Millionen Euro – ist das nicht ein Offenbarungseid?Schweighofer: Nein, aber Sie haben recht, es ist eigentlich vollkommen absurd. Nur, solange die Situation insgesamt so absurd ist, dass der Öffentlich-Rechtliche so viel aus dem Werbemarkt abschöpfen darf, muss über Förderung für Private ein gewisser Ausgleich hergestellt werden.
HORIZONT: Der VÖP scheint traditionell zwischen den Lobbyingriesen ORF und VÖZ kein Gehör zu finden …Schweighofer: Das ist besser geworden, wir werden inzwischen in vielen Dingen gefragt und auch gehört.