SPÖ-Parteienvertreter Dietmar Hoscher wurde im 35-köpfigen Gremium mit 29 Stimmen zum Vorsitzenden gewählt und folgt damit auf Brigitte Kulovits-Rupp
Mit einer breiten Mehrheit für den neuen Vorsitzenden ist die konstituierende Sitzung des ORF-Stiftungsrates zu Ende gegangen. SPÖ-Parteienvertreter Dietmar Hoscher wurde im 35-köpfigen Gremium mit 29 Stimmen zum Vorsitzenden gewählt und folgt damit auf Brigitte Kulovits-Rupp. Sein Stellvertreter ist ÖVP-Stiftungsrat Franz Medwenitsch, auf den 31 Stimmen entfielen.
Dass es zu einem derart eindeutigen Ergebnis kommt, war im Vorfeld der Sitzung alles andere als klar. Schließlich hatte es einige Aufregung gegeben, als bekannt wurde, dass Hoscher den Vorsitz des obersten ORF-Gremiums übernehmen soll. Kulovits-Rupp hatte an dieser "'nicht diskutierbaren' Vorgabe" seitens der SPÖ Kritik geübt, mache dies doch ihr "solidarisches Mittragen unmöglich". Sie erklärte zudem, nicht mehr dem SPÖ-"Freundeskreis" angehören zu wollen.
Hoscher selbst erklärte nach der Sitzung, dass es "keine Vorgabe" gegeben habe. "Es kann auch keine geben." Vielmehr habe es zu den Vorschlägen eine "engagierte Diskussion gegeben", wie es für Aufsichtsgremien üblich sei. In der konstituierenden Sitzung des Stiftungsrats war dann alles klar. Zwar versuchte NEOS-Stiftungsrat Hans Peter Haselsteiner noch, Kulovits-Rupp als neuerlich Vorsitzende ins Spiel zu bringen, an der breiten Mehrheit für Hoscher und seinen Stellvertreter Medwenitsch änderte dies aber nichts mehr. Kulovits-Rupp enthielt sich übrigens bei beiden Wahlgängen des Votums. Die Gegenstimmen kamen jeweils von Haselsteiner, Wilfried Embacher (Grüne) und Günter Leitold (Team Stronach).
Der neue Stiftungsratsvorsitzende Hoscher werde die Funktion jedenfalls nicht anders anlegen als seine Vorgängerin. "Ich wüsste auch nicht, was sich ändern soll." Er sei zwar SPÖ-Parteimitglied, "damit hat es sich aber auch". Als Stiftungsrat sei Hoscher ganz dem ORF verpflichtet. "Ich war weder in dieser noch einer anderen Funktion einer Partei verpflichtet", stellte er klar.
"Bin nie irgendwelchen Vorgaben gefolgt"Wesentliche Themen für die kommende Funktionsperiode seien bekannt, wie der neue Vorsitzende erklärte. Unter anderem führte er dabei das Bauvorhaben am Küniglberg an sowie die nach wie vor bestehende Forderung nach einer Fortsetzung der Gebührenrefundierung. "Ich habe mich immer dafür eingesetzt und werde es selbstverständlich auch weiter tun." Die nächste reguläre Wahl des ORF-Generaldirektors steht im Sommer 2016 an, auch diesbezüglich werde sich Hoscher nicht beeinflussen lassen. "Ich bin nie irgendwelchen Vorgaben gefolgt und werde es auch jetzt nicht tun."
Medwenitsch zeigte sich im Gespräch mit der APA angesichts der breiten Mehrheit "trotz kontroversieller Diskussion" erfreut. Nun könne man "den gemeinsamen Weg im Sinne und Interesse des Unternehmens" weitergehen. Ein besonderes Anliegen ist ihm der Vorsitz des Programmausschusses. "Das Programm wird in den nächsten vier Jahren von wesentlicher strategischer Bedeutung sein." Gerade Fragen der Konvergenz und des trimedialen Arbeitens im Alltag gelte es dabei zu klären.
Thomas Zach, ÖVP-Parteienvertreter im Gremium, Nachfolger von Medwenitsch als bürgerlicher "Freundeskreis"-Leiter sowie als Leiter des Finanzausschusses, sieht im Vorsitz und der Zusammensetzung der Ausschüsse auch ein Zeichen für Kontinuität. Grundsätzlich könne man "zu einem voll arbeitsfähigen Gremium" gratulieren. Sein Pendant als Leiterin des SPÖ-"Freundeskreises" ist Karin Gutierrez-Lobos. Nach dem Ausscheren von Kulovits-Rupp verfügen nun beide Freundeskreise über je 13 Mitglieder im obersten ORF-Gremium.
Kritik an der Zusammensetzung des neuen ORF-Stiftungsrates kam noch vor Abschluss der Sitzung vom Grünen-Mediensprecher Dieter Brosz. "Statt einer Einschränkung des parteipolitischen Einflusses wird dieser nochmals verstärkt", kritisierte er in einer Aussendung. Die Anzahl der unabhängigen Räte sei nochmals geringer geworden. "In dieser Struktur geht es nicht um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern das Durchsetzen parteipolitischer Interessen im ORF." Dass von den Stiftungsräten "blinder Gehorsam gegenüber der Parteizentrale" verlangt werde, sei aus seiner Sicht "ein medienpolitisches Armutszeugnis".