ORF: Politik der kleinen Schnitte
 

ORF: Politik der kleinen Schnitte

Wrabetz und Grasl rechtfertigen sich gegen Kritiker im Stiftungsrat - Kulturschaffende gehen wegen Finanzvorschau auf die Barrikaden

Im ORF will man weiter kleine Schritte gehen, beziehungsweise kleine Schnitte setzten, statt große "Bangs" anzukündigen. Dies betonte die Geschäftsführung am Montag vor dem ORF-Finanzausschuss an, der am Nachmittag tagte. Der ORF habe heute fast 600 Mitarbeiter weniger als vor vier Jahren, es sei wohl nicht davon auszugehen, dass dies ohne Strukturmaßnahmen möglich gewesen sei, sagte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Zuvor hatten einzelne Stiftungsräte moniert, die aktuelle Finanzvorschau des Senders sehe wieder keine weitreichenden Strukturmaßnahmen vor. Finanzdirektor Richard Grasl meinte, man mache lieber kleine Schritte, als immer einen "Big Bang" anzukündigen.

Ausgliederung nicht der Weisheit letzter Schluss

Man könne nicht erwarten, dass die Ausgliederung mehrerer hundert Mitarbeiter der Weisheit letzter Schluss sei, so Grasl. Im Sinn der kleinen Schritte bringt die ORF-Führung am Montag im Finanzausschuss und am Donnerstag in der Stiftungsratssitzung die Neuordnung des sogenannten Kreationsbereichs, also die Auslagerung von Promotion, Design und Grafik ein.

Roter Stiftungsrat will am Donnerstag über Reform reden

Der SPÖ-nahe Stiftungsrat Thomas Drozda hatte zuvor im "Kurier" gemeint, man müsse am Donnerstag über eine Strukturreform reden und die Frage klären, wie der ORF durch Auslagerungen Fixkosten senken kann, um mittelfristig mehr Geld für Programm zur Verfügung zu haben. Es müssten maximale Ressourcen zugunsten von Programm und Information eingesetzt werden. Diesbezüglich müsse das Unternehmen dem Stiftungsrat Vorschläge machen, so Drozda.

Finanzvorschau: Kulturschaffende auf den Barrikaden

Auf der Tagesordnung des Stiftungsrats steht am Donnerstag auch die mittelfristige Finanzvorschau des ORF bis 2017. Für den Fall, dass wie geplant Ende 2013 die Gebührenrefundierung ausläuft, müsste der ORF im Jahr 2014 voraussichtlich bis zu 70 Millionen Euro einsparen. In dem Fall müssten auch die mit der Refundierung verbundenen Verpflichtungen "überprüft" werden, schreibt der ORF in der Finanzvorschau. Dies beträfe etwa das Radio-Symphonieorchester genauso wie die Kinofilmförderung, Landesstudios, Österreich-Produktionen, Barrierefreiheit, die Kooperation mit 3sat oder die Spartenkanäle.

Etliche Kulturschaffende aus dem Kulturbeirat von ORF III gehen denn auch bereits auf die Barrikaden und fordern in einem offenen Brief an die Parlamentsparteien und Landeshauptleute, "dem ORF auch in Zukunft die notwendigen Mittel zur Erfüllung des Kulturauftrags zur Verfügung zu stellen". Es sei notwendig, "die 2013 auslaufende Abgeltung der Gebührenbefreiungen, welche die finanzielle Basis für das hochwertige ORF-III-Programm bildet, dauerhaft und in voller Höhe für die nächsten Jahre abzusichern", außerdem fordert der Kulturbeirat die Aufhebung des „Cross Promotion Verbots“ für die ORF-Spartenkanäle.

Ohne Refundierung Einsparungen nötig

Laut mittelfristiger Finanzplanung bis 2017 stehen dem Öffentlich-Rechtlichen weitere Einsparungen ins Haus. Sollte die Gebührenrefundierung wie geplant Ende 2013 auslaufen, müsste der ORF im Jahr 2014 voraussichtlich bis zu 70 Millionen Euro einsparen. In dem Fall müssten auch die mit der Refundierung verbundenen Verpflichtungen "überprüft" werden, heißt es nach APA-Informationen in der ORF-Finanzvorschau. Dies beträfe demnach das Radio-Symphonieorchester genauso wie die Kinofilmförderung, Landesstudios, Österreich-Produktionen, Barrierefreiheit, die Kooperation mit 3sat oder die Spartenkanäle.

Der öffentlich-rechtliche Sender zeichnet in der Finanzvorschau zwei Szenarien. Eines geht von der Fortsetzung der Gebührenrefundierung aus, eines vom Auslaufen. Dem ORF wurden laut ORF-Gesetz von 2010 bis 2013 160 Millionen Euro an Gebührenrefundierung zugesprochen. 2010 und 2011 flossen jeweils 50 Millionen, 2012 und 2013 sind es jeweils 30 Millionen. Insgesamt entgehen dem ORF durch die Gebührenbefreiungen etwa 58 Millionen jährlich.

250 Mitarbeiter abbauen

Auch im Fall einer Verlängerung der Refundierung müsste der ORF seine Sparmaßnahmen fortsetzen, um eine schwarze Null zu erreichen. Dazu gehören der weitere Abbau von 250 Mitarbeitern, die Effizienzsteigerung bei Produktionen, eine Kostenbremse bei Programmausgaben und eine Reduktion der Sachkosten. Im Jahr 2014 stehen nämlich aufgrund der Rechtekosten für die Olympischen Winterspiele in Sotschi und die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien mit Sonderbudgets in Höhe von 36 Millionen Euro deutliche Ausgabensteigerungen an. Im Folgejahr sinken diese Sonderbudget wieder auf 17 Millionen Euro.

Konzentration auf Kernauftrag

Würde hingegen die Gebührenrefundierung auslaufen, würden dem ORF auf einen Schlag 30 Millionen Euro fehlen. In dem Fall müsste der Sender wohl auf den Kernauftrag fokussieren und jene Zusatzverpflichtungen, die in Paragraf 31 des ORF-Gesetzes in Zusammenhang mit der Refundierung geregelt sind, zumindest "überprüfen", wie es in der Finanzvorschau heißt. Eine Fortsetzung der Refundierung würde eine Gesetzesänderung voraussetzen. Die vom ORF ins Spiel gebrachte Einführung einer Haushaltsabgabe ist in der Finanzvorschau kein Thema.

(APA)
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