ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz will nach den Corona-Verlusten im laufenden Jahr 2021 wieder ausgeglichen bilanzieren.
Heute Montag werden die Mitglieder des Finanzausschusses des ORF-Stiftungsrates über die aktuelle Finanzlage des Unternehmens beraten. Am Donnerstag folgt das Plenum. Corona-bedingt sieht sich der ORF massiven Sparanforderungen ausgesetzt. Kommendes Jahr fehlen 75 Millionen Euro.
Heuer ein Verlust zwischen 28,6 und 54 Millionen Euro (je nach gerechnetem Szenario), im kommenden Jahr wieder ein ausgeglichenes Ergebnis – so die aktuelle Finanzplanung des ORF, der unter anderem durch Gebühren- und Werbeeinbußen schwer von der Corona-Krise getroffen ist. Um 2021 in die schwarzen Zahlen zurückzukehren, sind massive Sparmaßnahmen im Ausmaß von 75 Millionen Euro nötig, wie sie ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz jüngst in einem Schreiben an den Stiftungsrat ankündigte. Dieser wird am Donnerstag zu seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause zusammentreten.
Die 75 Millionen Euro errechnen sich konkret aus dem vom Stiftungsrat vorgegebenen jährlichen Sparvolumen von 30 bis 35 Millionen Euro und zusätzlich 40 Millionen Mehrkosten durch die teils auf das kommende Jahr verschobenen Top-Sportevents (Olympia, Fußball-EM, Alpine und Nordische Ski-WM). "Es ist nicht mit einer raschen Erholung der Werbekonjunktur und der Erträge aus dem Programmentgelt zu rechnen, und die auf 2021 verschobenen Großevents sind ebenso zu finanzieren, wie die laufenden vertrags- und inflationsbedingten Kostensteigerungen," so der ORF auf HORIZONT-Anfrage.
Betroffen seien "Personal- und Sachkosten, in welchem Verhältnis kann noch nicht abschließend gesagt werden, da Maßnahmen gerade ausgearbeitet werden". Aus dem ORF-Sprech übersetzt heißt das: Es wird ein heißer Sommer – denn bis zur Beschlussfassung des neuen Finanzplans im November/Dezember wird ORF-intern mit harten Bandagen um die Budgets gekämpft.
30 Millionen Euro Einsparungen im TV
ORF-intern kolportiert werden etwa Einsparungen in den Landesstudios im Ausmaß von acht Millionenj Euro, fünf Millionen im Funkhaus und sieben in der Medienforschung. Das TV-Programm selbst soll mit rund 30 Millionen Euro am meisten beisteuern, davon allein ORF1 20 Millionen. Bei einem TV-Gesamtbudget von 260 Millionen variabler Kosten, die 40 Extra-Millionen für den Sport sind hier inkludiert, stehen also wohl auch Einschnitte ins Angebot bevor – auch wenn man im ORF vergangene Woche noch Gegenteiliges beteuerte. Als erstes Opfer könnte die Late-Night-Show von Peter Klien ("Gute Nacht Österreich") vom Bildschirm verschwinden. Der Produktionsvertrag läuft noch bis Ende diesen Jahres, die Option auf Verlängerung kann der ORF Ende August ziehen
(HORIZONT berichtete).
Von Personalabbau war bei einer Mitarbeiterversammlung (der regelmäßige "Frei Talk" per Videokonferenz) am Freitag der Vorwoche nur insofern die Rede, als Alexander Wrabetz von "Handshake"-Modellen und vorzeitigen Pensionierungen sprach. Das berichten Teilnehmer der Versammlung. Wrabetz erwähnte dem Vernehmen nach auch, dass man im November mit einer zweiten Corona-Welle rechnen müsse.
Keine Gebührenerhöhung
Inwieweit der ORF zur Erreichung seiner Finanzziele auf weitere Fördermaßnahmen des Bundes hofft (Mehrwertsteuersenkung?), bleibt im Moment noch offen. "Die Verlängerung der Kurzarbeit sowie die etwaige Inanspruchnahme weiterer Förderinstrumente wird derzeit evaluiert," so das Statement vom Küniglberg. Bislang hat der Öffentlich-Rechtliche durch die Kurzarbeit von knapp 600 Mitarbeitern Hilfen von rund sechs Millionen Euro in Anspruch genommen.
Kurzfristig nicht in Sicht ist eine Erhöhung der ORF-Gebühren. Diese wurden zuletzt im Frühjahr 2017 um 6,5 Prozent erhöht. Eine Evaluierung erfolgt in der Regel alle fünf Jahre. Ein neues ORF-Gesetz, das von der türkis-blauen Regierung in ersten Änderungen für Herbst erwartet wird, könnte an der aktuellen Form der Finanzierung wenig ändern. Die ÖVP lehnte eine Haushaltsabgabe in der Vergangenheit dezidiert ab.