"Weg vom One face to the Customer hin zu Spezialisten", Zielgruppe 50 plus in den Fokus rücken -Neuer GIS-Chef Kräuter vorgestellt.
Oliver Böhm ist seit Montag in Amt und Würden. Davor werkte der vormalige 88,6-Chef noch bei seinem bisherigen Arbeitgeber, der die nunmehrige Nummer eins in der ORF-Enterprise bis zur letzten Minute halten wollte, wie ORF-Finanzdirektor Richard Grasl am Dienstag bei der offiziellen Vorstellung seiner beiden wichtigsten neuen Führungskräfte erklärte. Böhm und der neue Chef der Gebühren-Infoservice, Harald Kräuter, wurden dabei der Öffentlichkeit vorgestellt. "Wenn man es zusammenrechnet, sitzen hier an meiner linken und an meiner rechten Seite rund 850 Millionen Umsatz. Mehr als 90 Prozent des Gesamtumsatzes des ORF wird von den beiden verantwortet", scherzte Grasl.
Bei Böhm, der zunächst als COO die Werbezeitenvermarktung in der Enterprise übernimmt und spätestens mit Jahresende nach dem Ausscheiden von Franz Prenner als CEO die gesamte ORF-Enterprise übernehmen wird, habe ihn vor allem dessen Konzept überzeugt, sagte Grasl. Dieser krempelt seinen neuen Verantwortungsbereich gleich einmal kräftig um: Böhm will "weg vom One face to the Customer hin zu Spezialisten", wie er sagte. "Damit wird die Enterprise fit gemacht für den segmentierten und hart umkämpften Werbemarkt." Er kritisierte auch, dass die werberelevante Zielgruppe bei 49 Jahren zu Ende gehe, was geändert gehöre: "Ich werde auch mit 50 noch Geld ausgeben und mehr als jetzt. Das entspricht nicht der Gesellschaftsstruktur und auch nicht dem Konsumverhalten." Grasl unterstützt dieses Anliegen naturgemäß: In der jüngsten Aufsichtsratssitzung der Enterprise habe man beschlossen, zu prüfen, wie man den Agenturen klarmachen könne, dass die Werbekunden "die wir repräsentieren", für sie relevant seien.
Anteil am Werbekuchen steigernEine der Hauptaufgaben von Böhm wird es außerdem sein, den ORF-Anteil am Werbekuchen stabil zu halten. Um das zu erreichen, will der Neo-COO eine "Premiumpreispolitik" fahren, so Grasl. Ziel ist es laut Böhm auch, - mit anderen TV-Anstalten - den Anteil des Fernsehens am Gesamtwerbebudget zu erhöhen. Mit 25 Prozent Anteil am Werbekuchen sei das Fernsehen gegenüber anderen EU-Staaten in Österreich unterrepräsentiert.
Franz Prenner soll im ORF bleibenDer CEO der Enterprise, Franz Prenner, der als neuer Chef der ORF-Marktforschungsabteilung gehandelt wird, war trotz seiner Abwesenheit ebenfalls Thema. Ob er wie kolportiert die Funktion übernehmen soll (die Bewerbungsfrist endete am vergangenen Freitag), beantwortete Grasl so: "Das muss man Franz Prenner fragen. Zu öffentlichen Ausschreibungen wollen wir nicht Stellung nehmen." Und: "Es ist uns wichtig, auf die Kompetenz von Franz Prenner noch länger zurückgreifen können." Wenn es die Medienforschungsabteilung doch nicht wird? "Wir gehen davon aus, dass es genügend Jobs im ORF gibt", so Grasl. Prenner gab auf Anfrage von HORIZONT online dazu am Dienstag keinen Kommentar ab.
Gebührenrefundierung: Maßnahmen ab JahresmitteOb er mit der vom ORF händeringend geforderten Gebührenrefundierung für dieses Jahr noch rechne? "Es gibt sowohl Signale, die in die eine und solche, die in die andere Richtung gehen", sagte Grasl. Man habe jedenfalls dem Stiftungsrat bekannt gegeben, "dass wir mit Jahresmitte Maßnahmen ergreifen werden". Damit wäre bis zum Finanzplanbeschluss im Dezember ein halbes Jahr Zeit, um eine Verlängerung der Gebührenrefundierung noch einfließen zu lassen. "Allerdings gibt es auch Maßnahmen, die irreversibel sind", etwa im Personalbereich: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass man sich von einem Mitarbeiter trennt und den dann drei Monate später anruft und sagt: 'Du wir haben die Gebührenrefundierung bekommen.' So führt man ein Haus nicht." Auch zahlreiche für Herbst geplante Sendungen würden nicht gedreht, kündigte Grasl für den Fall des Nicht-Refundierungsfalles an. Zeitlich zeigte sich der ORF-Finanzdirektor flexibel: Auch 2010 seien 50 Millionen aus der Gebührenrefundierung zugesichert worden, die dann erst ein halbes Jahr danach beschlossen worden seien. Sollte dies 2014 wieder so sein, werde man neben dem Finanzplan eine Projektliste erstellen, die im Fall des Falles im Laufe des Jahres freigeschaltet werde.
"Gebührenmodell Neu" wird überlegtDie GIS wird sich übrigens unter Harald Kräuter mit einem neuen Gebührenmodell - sprich Haushaltsabgabe auseinandersetzen, wie dieser ankündigte. Er will auch auf Bewußtseinsmaßnahmen setzen, um die 20.000 Haushalte, die jedes Jahr von den jungen, also der "Generation Gratis" gegründet würden, für die Notwendigkeit der ORF-Gebühren zu sensibilisieren.