Nogis: Ein Nicht-Fernseher ohne GIS
 

Nogis: Ein Nicht-Fernseher ohne GIS

Nogis
Die Nogis-Gründer Thomas Höffinger und Andreas Hackl entkommen der GIS.
Die Nogis-Gründer Thomas Höffinger und Andreas Hackl entkommen der GIS.

Zwei Gründer aus Wels heizen mit einem ungewöhnlichen Produkt die Diskussion um Gebührenfinanzierung an, welche nach VÖP-Ansicht anachronistisch ist.

Dieser Artikel ist zuerst in Ausgabe Nr. 44 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken!

Der „Nogis One“ hat einen Flatscreen mit Ultra-HD-Auflösung, vier HDMI-Anschlüsse, zwei USB-Anschlüsse und fügt sich schön in jedes Wohnzimmer ein – doch der Schein trügt: Denn dem Nogis One fehlt das Rundfunkempfangsmodul, womit er rechtlich gesehen kein Fernseher ist – und somit auch nicht GIS-pflichtig.

Gegründet wurde das Welser Unternehmen Nogis (englisch für „Keine GIS“) Ende Mai dieses Jahres von den beiden Unternehmern Andreas Hackl und Thomas Höffinger; seit dem Verkaufsstart vor rund sechs Wochen wurden rund 150 Geräte verkauft, was einem Umsatz von über 100.000 Euro entspricht. Für die Kunden soll sich der Kauf eines solchen Nicht-Fernsehers durch die Ersparnis der GIS-Gebühren je nach Größe des Geräts in eineinhalb bis zweieinhalb Jahren rechnen. Produziert wird der Nogis One in China, die nächste Lieferung erwartet der Zwei-Mann-Betrieb im Jänner. „Derzeit streuen wir die Werbung dezent, um Lieferengpässe zu vermeiden“, sagt Hackl. Wegen des thematischen Fokus beschränken sich die Welser derzeit auf den österreichischen Markt; hier sieht Hackl vor allem junge Menschen als potenzielle Kunden, die lieber streamen als lineares TV zu schauen. Aber ist das Vorgehen des Start-ups legal?

Laut Christian Kopff, Leiter der GIS-Rechtsabteilung, ist der Fall rund um Nogis juristisch eindeutig: Im Jahr 2015 hat der Verwaltungsgerichtshof geurteilt, dass Streaming nicht als Rundfunk verstanden wird und somit für den Empfang auf diversen Geräten via Internetprotokoll keine GIS-Gebühren zu zahlen sind. Das gilt für PCs, Tablets und auch Smartphones – wobei der Empfang über etwaige TV-Karten oder UKW-Module auf diesen Geräten sehr wohl GIS-pflichtig ist. Und auch die auf Empfang via Internet-Streaming reduzierten Nogis-Geräte sind somit legal. Allerdings, so Kopff, sind die Anfragen beim Kundendienst zum Fall Nogis „unter der statistischen Wahrnehmbarkeit“. Sehr wohl ist jedoch das Streaming auf den besagten anderen Geräten ein Thema – ironischerweise über Apps wie die TVthek-App, die vom ORF selbst zur Verfügung gestellt wird. Ob die Situation hier unfair ist? Wenn man als Bürger, so Kopff, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk will, der einem das Angebot im gewünschten Format auf der gewünschten Plattform zur Verfügung stellt, so ist dies auch zu finanzieren. Auch die vom ORF zur Verfügung gestellten Apps erleichtern den Medienkonsum: „Da wäre es nur legitim, wenn dafür auch bezahlt wird.“

Die Reaktionen der Branche

Kein aktuelles Statement kommt vom ORF in Sachen Haushaltsabgabe, wie sie schon in anderen Ländern Usus ist: In Deutschland gibt es bereits jetzt eine Haushaltsabgabe, die unabhängig von den Empfangsgeräten eingehoben wird; in der Schweiz ist diese in Arbeit. Und etwa im Norden Norwegens wird ohnehin wegen der geringen Bevölkerungsdichte und schwieriger Empfangsverhältnisse, mehr auf Streaming als auf klassisches Broadcasting gesetzt. „Norwegen war Vorreiter beim Streaming“, sagt Kopff: „Dort wurde nie hinterfragt, ob man dafür bezahlen muss.“

Laut Ernst Swoboda, Vorstandsvorsitzender des VÖP, zeigt das Projekt Nogis jedoch deutlich, „wie unsinnig und anachronistisch die bestehende Regelung der Rundfunkgebühren ist, die an den Besitz klassischer Rundfunk-Empfangsgeräte anknüpft.“ Corinna Drumm, Geschäftsführerin des VÖP, ergänzt, dass der ORF kein Public-Value-Monopol habe: „Unabhängig von bestehenden Förderungen sollte es Public-Value-Förderungen geben, für die sich Public-Value-Produzenten bewerben können“, sagt sie – also auch Privatsender oder qualitativ hochwertige Onlinemedien. Das Beispiel Nogis, so Drumm, sei „eine von mehreren Spitzen eines Eisbergs“. 

Käme tatsächlich eine Haushaltsabgabe, bei der die Bürger unabhängig von den vorhandenen Geräten bezahlen, so würde dies auch das aktuelle Alleinstellungsmerkmal der Nogis-Geräte obsolet machen – Hackl gibt sich in dieser Hinsicht jedoch gelassen: Dies erfordere eine entsprechende legislative Änderung, die nach Hackls Einschätzung in naher Zukunft jedoch nicht kommen wird. „Es stehen andere politische Themen an,“ sagt er. Außerdem sei der Nogis One nach wie vor ein gutes Gerät mit Ultra-HD-Auflösung, an den man jederzeit per HDMI einen Receiver anschließen kann – und dann kann er lineares Fernsehen ebenso abspielen wie jedes TV-Gerät.
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