Editorial von Sebastian Loudon, Herausgeber (HORIZONT 4/2014)
Über die Fettnäpfchenparade von Eugen Freund als frisch nominiertem Spitzenkandidat der SPÖ für die Wahlen zum Europaparlament wurde hinlänglich diskutiert und gelästert. Es ist ein Wirbel, bei dem es – außer allenfalls die FPÖ – keine Gewinner gibt, nicht die Medien, nicht die SPÖ, nicht der ORF und schon gar nicht Eugen Freund. Und doch ist es ein wichtiger Wirbel, legt er doch so manches dessen offen, was im politmedialen Betrieb hierzulande so grauenvoll schiefläuft.
Eugen Freund ist offensichtlich sehr von sich überzeugt – am Ende einer erfolgreichen Fernsehkarriere ist das sein gutes Recht. Er zählte zu den journalistischen Aushängeschildern des Leitmediums in diesem Land, da mag es schwer fallen, sich allzu sehr in Demut zu üben. Ebendiese ist aber angebracht, wenn man von einem Tag auf den anderen die Seiten wechselt. Es muss eine Herausforderung sein, in so einer Situation die jahrzehntelange Erfahrung als Journalist beiseite zu legen und Bereitschaft zu entfalten, neu anzufangen, ganz grundsätzliche Spielregeln neu zu lernen, als alter Fuchs auf Tipps anderer zu hören. Und doch ist es notwendig, denn selbst wenn man als Journalist die Welt der Politik hautnah miterlebt – im Moment des Seitenwechsels ist alles anders, alles neu.
Um es kurz zu machen: Niemals hätte Eugen Freund nach so kurzer Zeit dem profil dieses Interview geben dürfen. Frischg’fangte Quereinsteiger sind ein allzu leichtes Fressen, das sollte spätestens seit jenem legendären Interview bekannt sein, das Dieter Chmelar für das profil mit dem damals neuen Justizminister Michael Krüger geführt hatte – und das postwendend die kürzte Amtszeit eines österreichischen Bundesministers zur logischen Folge hatte. Dass sich ein Rechtsanwalt in der ersten Euphorie an der ihm entgegengebrachten Aufmerksamkeit aufs Glatteis führen lässt, ist nachvollziehbar. Dass ein erfahrener Fernsehmoderator in seinen ersten Interviews so ungeschickt agiert, ist dann doch bemerkenswert und eigentlich nur mit divaesken Charakterzügen erklärbar. Und mit einer katastrophalen, geradezu dilettantischen Betreuung durch die Partei. Denn die hätte Eugen Freund eigentlich nach der Nominierung in mediale Quarantäne stecken müssen.
Nach ein paar Wochen der Abkühlung auf allen Seiten und der Einschulung in die Gefahren, die auf der anderen Seite hinter jeder Ecke lauern, wären weder Freunds Auftritt in der „ZiB2“ noch das profil-Interview so verheerend ausgefallen. Wie sagt man so schön: Die Eitelkeit ist ein Hund. Gepaart mit Selbstüberschätzung bei gleichzeitiger Unerfahrenheit, mangelhafter Beratung und schlechter Betreuung durch die Partei, das ganze unter den Argusaugen einer überstrengen Ex-Kollegenschaft und der üblichen Schonungslosigkeit der politischen Gegner, wird aus dem Hündchen namens Eitelkeit ganz flott eine hungrige Meute, vor der es kaum ein Entrinnen gibt.