Projekt "MedienFokus" analysiert 19 heimische Tageszeitungen und Magazine - US-Experte Caplan fordert "neue Ideen und viele Experimente
In Zeiten des digitalen Wandels bleibt für viele Medienunternehmen einnahmenseitig wenig beim Alten. Wie die Erlösstruktur von 19 heimischen Tageszeitungen und Magazinen aussieht, hat sich nun das Projekt "
MedienFokus" angesehen. Für den im Printbereich derzeit noch stabilen österreichischen Markt zeigt sich: Traditionelle Werbung bleibt bestimmend, exklusive Online-Inhalte hingegen Mangelware. "Im Strukturwandel liegt eine große Chance, der Prozess kommt in Österreich aber erst in die Gänge", resümierte Klaus Weinmaier bei der Präsentation der Ergebnisse Montagabend in Wien.
Herausforderung: Inhalte und Bezahlservices entwickeln
Der Medien-Berater, dessen "
Engagement Lab" gemeinsam mit dem Forum Journalismus und Medien Wien (
fjum) die Untersuchung verantwortete, gibt aber den Optimisten. "Es stellt sich allerdings die Frage: Wird man ein Schuhhändler oder bleibt man ein Medium", verwies er etwa auf E-Commerce-Modelle. Am wichtigsten sind für Medienunternehmen "wenig überraschend" nach wie vor Einnahmen aus Vertrieb und Print-Werbung, Online wird wiederum am stärksten bei Displaywerbung und Wortanzeigen lukriert. Die große Herausforderung ist Weinmaiers Ansicht nach, "Inhalte und Bezahlservices zu entwickeln".
"Ära des radikalen Wandels"
Neben einer Erlösmatrix, die aufgeschlüsselt in sechs Hauptkategorien für alle 19 Medien online abrufbar ist, wurden für das Projekt auch Medienmanager befragt und steuerten Experten Beiträge bei. Einer davon ist Jeremy Caplan vom Tow-Knight Center for Entrepreneurial Journalism der City University of New York.
"Wir befinden uns in einer Ära des radikalen Wandels, der alle paar Monate neue Modelle und Experimente hervorbringt", erklärte der US-Journalist bei der Präsentation und hatte gleich einige Tipps parat: So könnten sich Medienhäuser zunehmend als Eventveranstalter positionieren, stärker auf Service setzen oder das Meldungsarchiv zu bestimmten Themen in E-Books umsetzen. Es brauche einfache "neue Ideen und viele Experimente".
Mut zum ExperimentDass Bezahlmodelle nicht zwingend der Weisheit letzter Schluss sind, skizzierte er am Beispiel der "New York Times": Bei 60 Millionen Lesern würden sechs Millionen Menschen online auf die Paywall stoßen und 600.000 davon letztlich etwas bezahlen. Eine Quote von einem Prozent also und damit ein Konzept, "dass nicht für viele Medienorganisationen funktionieren wird".
Die Medienwelt werde sich nicht auf das Niveau von Print als alles bestimmender Veröffentlichungsform zurückentwickeln, dennoch glaubt Caplan an ein Wachstum auf der Einnahmenseite. Essenziell dafür sei auch eine starke Verkaufsabteilung, die qualitativ hochwertige Inhalte entsprechend in der Werbebranche monetarisiert. Der Mut zum Experiment bleibt aber wohl keinem Bereich der Branche erspart.
(APA)