"Medien sind für die Digitalisierung nicht ge...
 

"Medien sind für die Digitalisierung nicht gerüstet"

Johannes Brunnbauer
Medientage 2015 Tag1 am WU Campus, am 22.09.2015 | (c) Medientage/Brunnbauer
Medientage 2015 Tag1 am WU Campus, am 22.09.2015 | (c) Medientage/Brunnbauer

Bei den Österreichischen Medientagen wurde auch über das Thema Paid Content diskutiert. Die Frage: Ist die Zeit reif?

Wie kann Journalismus in der Zukunft finanziert werden? Zu diesem Thema gab es schon unzählige Experten-Runden mit mehr oder weniger schwammigen Ergebnissen. Eine sehr eindeutige Antwort auf diese Frage hat Duco van Lanschot, Head of International bei Blendle. Van Lanschot hätte es wohl am liebsten, wenn in Zukunft alle Verlagshäuser der Welt auf seiner Plattform vertreten sind und Blendle so zur Nummer eins der Branche werden würde. In den Niederlanden zählt das Journalismus-Start-Up bereits 450.000 registrierte User, von denen allerdings nur etwas mehr als 20 Prozent regelmäßig für Artikel zahlen. Blendle befindet sich derzeit auf Expansionstour, vor einer Woche startete das Angebot in Deutschland.

Ein Österreich-Start steht derzeit noch nicht am Plan. Van Lanschot hat sich im Zuge der Medientage aber intensiv mit dem heimischen Markt beschäftigt. „Es ist faszinierend“, sagt er im Hinblick auf die Vielfalt der Tageszeitungen. Das Problem: Diese Tageszeitungen haben zumeist noch kein funktionierendes Modell gefunden, um ihre Inhalte online zu finanzieren. Hier hat der Blendle-Mann gute Nachrichten für die heimischen Manager: „Junge Leute bezahlen gerne für Journalismus“, sagt er – sie haben bislang nur noch nicht die richtigen Möglichkeiten.

Ein ähnliches Angebot wie Blendle ist der APA Kiosk, der es derzeit aber auf weit weniger Nutzer bringt wie das niederländische Angebot. Vier Jahre ist die Plattform inzwischen schon alt, einzelne Artikel können nicht gekauft werden. In den kommenden Monaten soll das Angebot einem großen Facelift unterzogen werden, sagt Rüdiger Baumberger von der APA. Eine große Lösung sei aber auch deshalb schwierig, weil alle Verlage ihre eigenen Ziele verfolgen. Dennoch sei er froh, dass es Blendle gibt. „Ich bin über jedes Unternehmen glücklich, dass sich mit Paid Content beschäftigt. Blendle ist zudem sehr lebendig.“

Steuer nicht aus der Hand geben



Äußerst kritisch sieht Roman Gaisböck von der Verlagsgruppe News die Entwicklung: „Ich bin schon neidig auf Blendle und hätte deren Technologie gerne bei uns im Haus.“ Eben diese Technologie an dritte Anbieter abzugeben könne schwerwiegende Konsequenzen haben. „Verlage müssen mehr zu IT-Unternehmen werden“, sagte Gaisböck und ergänzt: "Die Medien sind im technischen Bereich nicht gut genug für die Digitalisierung gerüstet." Man dürfe das Steuer nicht aus der Hand geben.

"Die richtigen Angebote werden gewinnen."



Martin Gaiger von Kurier Digital wollte das am Podium so nicht stehen lassen. „Wir sind ein Publishing-Haus und ein Technologieunternehmen“, sagt er und verweist darauf, dass man sich nicht in einem technologischen, sondern in einem publizistischen Wettbewerb befinde. Man wolle sich an unterschiedlichen Systemen, auch Blendle, beteiligen, um die Leser dort abzuholen, wo sie tatsächlich lesen. Welche Plattform sich letztendlich durchsetzt, müsse man sehen. „Die richtigen Angebote werden gewinnen.“

Bei Kurier Digital will man in diesem Jahr übrigens die schwarze Null schaffen, das kündigt zumindest Martin Gaiger an. Allein durch Werbeerlöse sollen 24 Mitarbeiter (plus Sales und Technik) bezahlt werden. Dass Werbung auch online noch lange das Standbein Nummer eins der Verlage sein wird, glaubt auch VGN-Mann Gaisböck: „Es gibt eine riesengroße Mehrheit, die nicht zahlen will.“ Die Early Adopter seien da ausgenommen.
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