Martin Huttarsch, der neue dritte Mediaprint-Geschäftsführer im HORIZONT-Interview zu crossmedialem Vermarkten und einer möglichen Gratiszeitungs-Offensive in Wien.
Martin Huttarsch: Wir haben eine ganz exakte Aufteilung, wer wofür zuständig ist. Mein Part ist der Anzeigenbereich für Krone und Kurier und einige andere Themen wie Recht und Verwaltung.
Huttarsch: Also, grundsätzlich sehe ich es nicht als Nachteil, nicht aus der Branche zu kommen …
HORIZONT: Sie sind also quasi unbefleckt … Huttarsch (lacht): Naja, ich habe immerhin 20-jährige Erfahrung in der Mediaprint, kenne das Haus also sehr gut. Außerdem muss der für den Anzeigenverkauf zuständige Geschäftsführer ja nicht der beste Anzeigenverkäufer sein. Dieser Bereich ist sehr groß, und meine Aufgabe ist es, ihn zu führen.
HORIZONT: Wie gehen die Geschäfte derzeit? Huttarsch: Der Kurier profitiert insbesondere im Stellenmarkt vom konjunkturellen Aufschwung. Sein zweites Standbein, der Immobilienmarkt, leidet unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen – Stichwort Maklerverordnung – ist dort aber an sich gut aufgestellt. Auch in den anderen Bereichen gibt es Wachstum. Was die Krone betrifft, haben wir mehrere Themen. Als umsatzstärkste Branche steht der Handel bei unseren Überlegungen ganz vorne. Im Elektrohandel ist nach dem Konkurs von Cosmos die Dynamik etwas zurückgegangen und den Lebensmittelhandel gilt es immer wieder von der starken Leistung der Printmedien zu überzeugen. Grundsätzlich konnten wir unseren Handelsumsatz ausbauen und wir sind zuversichtlich, dass wir unser Umsatzziel erreichen werden.
HORIZONT: Die Mediaprint ist stets ein vieldiskutiertes Konstrukt. Gerade im vergangenen Jahr war viel die Rede davon, dass sie sich für mehr Medien öffnet. Was ist Ihre Perspektive für eine zeitgemäße Mediaprint? Huttarsch: Das ist eine Frage, die Sie den Eigentümern stellen müssten. Ich bin hier, um die Geschäfte zu führen. In welcher Form auch immer, die Mediaprint hat großes Potenzial.
HORIZONT: Würden Sie sagen, dass, wenn Sinn und Zweck der Mediaprint gleich bleiben, also, Servicegesellschaft für Krone und Kurier zu sein, die vorhandene Struktur des Unternehmens zeitgemäß ist? Huttarsch: Man muss immer auf Marktsituationen reagieren, und hier ist auch die Mediaprint gefordert. Wir haben als Dienstleister eine sehr komplexe Situation zu bewerkstelligen, aber ich bin überzeugt, dass wir dazu grundsätzlich gut positioniert sind.
HORIZONT: Wie funktioniert die Zusammenarbeit in der Geschäftsführung? Huttarsch: Sehr gut. Wir treffen uns regelmäßig, wöchentlich oder zumindest alle 14 Tage. Wir haben eine solide Gesprächsbasis, wir drei wollen alle unsere Aufgabe bestmöglich bewältigen.
HORIZONT: Für viele Branchenauguren kam Ihre Berufung in die Geschäftsführung überraschend. Für Sie auch? Huttarsch (lacht): Natürlich nicht! Es gab ja vorab eine Reihe von Gesprächen.
HORIZONT: Was sind Ihre persönlichen Schwerpunkte für das erste halbe Jahr? Huttarsch: Eine Herausforderung ist sicher der heiß umkämpfte Markt in Wien. Darüber hinaus müssen wir uns den Veränderungen im Werbemarkt – Stichwort Digitalisierung – anpassen, also den Verkauf entsprechend positionieren. Hier hat die Mediaprint einen Bedarf zur Änderung, oder sagen wir: eine Möglichkeit zur Veränderung.
HORIZONT: Was heißt das konkret? Huttarsch: Wir wollen Komplettangebote am Markt positionieren. Nur Anzeigenfläche zu verkaufen, wird auf Dauer nicht funktionieren …
HORIZONT: Da schrillen bei einem Journalisten gleich die Alarmglocken! Heißt das Anzeigen in Kombination mit Redaktion? Huttarsch: Nein, keinesfalls, da haben Sie mich missverstanden. Mit Komplettangebot meine ich, dass wir die crossmedialen Möglichkeiten, die wir haben, Print, Online und Radio, stärker aus einer Hand anbieten. Auf redaktionelle Entscheidungen nehmen wir keinen Einfluss.
HORIZONT: Wie kann dieses Komplettangebot aus einer Hand funktionieren? Die Medien funktionieren sehr unterschiedlich … Huttarsch: Das stimmt. Daher funktioniert der crossmediale Verkauf nur über standardisierte Angebote. Ein Printvermarkter kann nur bedingt Online- oder Radiowerbung verkaufen, aber er kann standardisierte Produkte dieser Medien mitnehmen.
HORIZONT: Auch zwischen den Gruppen Kurier und Krone? Huttarsch: Nein, auf die jeweiligen Produkte aus der Kurier- und Krone- Familie beschränkt. Nur Radio – Kronehit – wird von beiden mitgenommen.
HORIZONT: Kommt ein Kombipaket für Krone und Kurier? Huttarsch: Nein, das ist nicht geplant. Es gab immer wieder Diskussionen, derzeit ist diese Möglichkeit aber nicht angedacht.
HORIZONT: Die Mediaprint gilt gemeinhin als starres Unternehmen. Bedürfen die genannten Änderungen großer struktureller Änderungen, oder müssen sie nur abgearbeitet werden? Huttarsch: Ich kenne den Ruf der Mediaprint und auch das Haus schon sehr lange. Ich bin überzeugt, dass die Mediaprint als starrer angesehen wird, als sie tatsächlich ist. Wir haben kontinuierlich Veränderungsprozesse vorzunehmen, damit wir auf die Anforderungen am Markt reagieren können.
HORIZONT: Sie haben bereits den Wettbewerb in Wien angesprochen. Hier gibt es mit Heute einen freundlichen, weil angeheirateten, Mitbewerber und mit Österreich einen klar definierten Gegner. Huttarsch: Der Wiener Markt ist hart umkämpft. Und ich bin davon überzeugt, dass der einzige Weg, sich von den Gratiszeitungen abzugrenzen, lautet, die Qualität des Produktes zu stärken – das betrifft die Krone genauso wie den Kurier. Die Werbewirtschaft weiß sehr wohl um den Unterschied zwischen Kauf- und Gratiszeitungen.
HORIZONT: Tut sie das? Huttarsch: Ja.
HORIZONT: Gleichzeitig möchte sich die Mediaprint am Gratiszeitungsprojekt des Niederösterreichischen Pressehauses beteiligen. Wie ist dieses Engagement zu sehen? Huttarsch: Dieses Projekt fällt in den Zuständigkeitsbereich meines Kollegen Diplomkaufmann Schneider.
HORIZONT: Aber so eine Entscheidung fällt er doch nicht alleine? Huttarsch: Nein, das nicht. Wir wollen im Osten des Landes bei den Gratismedien aktiv eine Rolle spielen. Und mit dem Engagement in Niederösterreich werden wir das auch erreichen. Salopp formuliert, wollen wir den Fuß in der Tür haben.
HORIZONT: Wohl mit einer Fantasie für den Wiener Markt im Hinterkopf? Huttarsch: Durchaus.
HORIZONT: Vor mehr als einem Jahr meinte der Raiffeisen-Generalanwalt in einem Interview mit dieser Zeitung, die Mediaprint sei ein „liebes Zebra“, stattdessen sollte sie ein Tiger sein. Welches Bild aus der Tierwelt würden Sie der Mediaprint geben? Huttarsch (denkt lange nach): Ich bin Kaufmann, kein Zoologe.
HORIZONT: Apropos: In welchem Bereich waren Sie ursprünglich tätig, bevor Sie vor 20 Jahren zur Mediaprint kamen? Huttarsch: Im Anlagenbau.
HORIZONT: Deshalb fühlen Sie sich in großen und komplizierten Konstrukten so wohl … Huttarsch (lacht): Kann sein, dass Sie da recht haben.