Parlamentsparteien zu Gesprächen eingeladen. Mitterlehner fordert derweil "Spielregeln" für twitternde ORF-Mitarbeiter wie etwa Armin Wolf.
Die nächste Eskalationsstufe in der Debatte rund um das Interview von Werner Faymann in "Im Zentrum" am Sonntag ist erreicht. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka hat nun alle Parlamentsparteien zu Gesprächen über den öffentlich-rechtlichen Programmauftrag eingeladen. Mittwoch soll es am Rande der Plenarsitzung zu einem ersten Gespräch kommen. Mit dem "roten Sonntag" sieht Lopatka den ORF-Programmauftrag nicht erfüllt. Lopatka: "Der ORF als Bestellfernsehen, wo Bundeskanzler Werner Faymann bestellt und ORF-Chef Alexander Wrabetz liefert, muss gestoppt werden." Bereits vor einigen Tagen hatte er sich ähnlich geäußert.
Aus dem ORF erntet Lopatka für seinen Vorschlag Hohn und Spott. Der Vorsitzende des Redakteursrats, Dieter Bornemann,
twitterte am Samstag in Richtung Lopatka: "Wir haben Vorschläge zur Stärkung der Unabhängigkeit an alle Parteien geschickt. Reaktion von SPÖ und ÖVP: Null".
"ZiB 2"-Moderatorin Lou Lorenz-Dittlbacher ergänzt: "Flüchtlingskrise. Heta. Rekordarbeitslosigkeit. Aber die Politik sollte sich dringend um den ORF kümmern. Dann läuft der Rest von alleine."
Anchorman Armin Wolf wird noch drastischer und sagt: "Regierungspartei, die Rundfunkgesetz ändern will, weil ihr Berichterstattung nicht passt, gabs zuletzt in Polen".
Mitterlehner fordert Regeln für Twitter
Apropos twitternde ORF-Mitarbeiter:
In einem Interview mit der "Presse" hat ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner "strengere Regeln" eingefordert. "Ich finde die Berichterstattung – und da haben wir genügend Beispiele – oft nicht objektiv. Ich finde es auch nicht in Ordnung, und da sollten wir die Spielregeln neu definieren, wenn etwa der 'ZiB 2'-Anchorman über Twitter seine Meinungen abgibt, bevor das Interview geführt wird. Da gibt es in anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten strengere Regeln." Dabei gibt es bereits seit mehreren Jahren die
Social-Media-Guidelines für ORF-Journalisten (PDF).
"Ich will nicht mehr Sendezeit"
Zum umstrittenen Interview von Faymann in "Im Zentrum" sagt Mitterlehner: "Herrn Faymann wird für eine Stunde allein Gelegenheit zur Darstellung der Flüchtlingsproblematik gegeben. Darüber ist eine Auseinandersetzung notwendig. 'Im Zentrum' ist ein Diskussionsformat, kein Interviewformat. Das ist medienpolitisch ausgesprochen problematisch." Seinen Auftritt in der "ZiB 2", der für einige Zuschauer so rüberkam, als wolle er selbst auch eine Stunde am Sonntagabend interviewt werden, rechtfertigt er so: "Das war nicht meine Message. Ich persönlich will nicht mehr Sendezeit, sondern den Eindruck des Bestellfernsehens medienpolitisch thematisieren. 'ZiB 2'-Interviews mit dem Bundeskanzler werden immer vor zwei Fahnen und im Bundeskanzleramt geführt, während sich alle anderen auf den Küniglberg bewegen."
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