KV: Proteste geplant
 

KV: Proteste geplant

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UPDATE: VÖZ-Grünberger: „Verhandlungspunkte lassen sich nicht auf der Straße klären“ - Betriebsversammlungen am 22. Oktober und offener Brief von der "Mediengruppe Online" an den VÖZ

Die Journalistengewerkschaft plant für 22. Oktober vor dem Sitz des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) Betriebsversammlungen und eine Protestkundgebung. Die Journalisten reagieren damit auf die Kündigung des Journalisten-Kollektivvertrags durch die Verleger und jüngste VÖZ-Aussagen dazu, hieß es am Donnerstag in einer Aussendung. Am 22. Oktober soll auch die nächste Verhandlungsrunde zwischen VÖZ und Gewerkschaft über einen neuen Journalisten-KV stattfinden.

"Der Unmut über das Vorgehen bei den KV-Verhandlungen und die zuletzt geäußerten Vorwürfe des VÖZ gegen die Journalisten ist groß", erklärte Journalistengewerkschaftsvorsitzender Franz C. Bauer. "Wir müssen jetzt ein deutliches Zeichen gegen diese Vorgangsweise setzen. Es geht schließlich nicht nur um die wirtschaftliche Basis der Journalisten, sondern auch um die Basis des unabhängigen Journalismus in Österreich. Es geht also um eine Säule der Demokratie."

Der VÖZ hat den Kollektivvertrag für Tages- und Wochenzeitungsredakteure Ende September präventiv per Jahresende gekündigt, zugleich signalisierte man Verhandlungsbereitschaft für den Abschluss eines neuen KV. Der alte KV sei für die Arbeitgeber schon lange nicht mehr leistbar, hieß es. Es gehe um die Abschaffung von Privilegien. "Fünfzehn statt der sonst üblichen vierzehn Monatsgehälter, Kündigungsfristen von bis zu einem Jahr, Urlaubsansprüche von knapp sieben Wochen und diverse kostenintensive Zulagen", listete der Verlegerverband zuletzt auf.

Die Gewerkschaft wies den Privilegienvorwurf zurück. Mit der KV-Aufkündigung während der laufenden Verhandlungen versuche der VÖZ den Journalisten de facto die wirtschaftliche Basis für den Journalismus zu entziehen, so die Kritik der Belegschaftsvertreter. Man schließe an die Praxis vergangener Jahre an, in denen vermehrt Teilbereiche von Online- und Printredaktionen durch Umgehungskonstruktionen in den Geltungsbereich anderer Kollektivverträge ausgelagert worden sind. "Diesem inakzeptablen Verhalten gilt es zum Schutz des Qualitätsjournalismus in Österreich Einhalt zu gebieten." Für 22. Oktober lädt die Gewerkschaft deshalb zwischen 13.00 und 15.00 Uhr die Journalisten zu Betriebsversammlungen und einer Protestkundgebung vor der VÖZ-Zentrale in der Wipplingerstraße in Wien.

UPDATE: VÖZ-Grünberger: "Verhandlungspunkte lassen sich nicht auf der Straße klären"

Der Verband Österreichischer Zeitungen kritisiert die geplanten Protestaktionen der Journalistengewerkschaft rund um die nächste Verhandlungsrunde am 22. Oktober:

VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger erklärt in einer Aussendung: "Ich bin davon ausgegangen, dass wir an diesem Tag einen neuen Kollektivvertrag verhandeln, der substantielle Verbesserungen für die jungen Mitarbeiter der Branche bringt. Doch die verbleibenden strittigen Punkte lassen sich nicht auf der Straße, sondern nur am Verhandlungstisch klären. Voraussetzung dafür ist, dass beide Seiten auch an diesem Tisch Platz nehmen. Klassenkampfrhetorik und Unternehmer-Schelte helfen weder den Journalisten, noch nützen sie der Branche. Wir brauchen einen schnellen Abschluss der Kollektivvertragsverhandlungen, das sind beide Sozialpartner den jungen Mitarbeitern schuldig."

Man appelliere weiterhin an die Verhandlungsbereitschaft der Gewerkschaft: "Wir sind zuversichtlich. Der Abschluss der Verhandlungen ist bis zum Jahresende noch immer möglich."

Unterdessen meldete sich auch die Mediengruppe Online, der Journalisten von diePresse.com, kurier.at, derStandard.at, wienerzeitung.at, APA-MultiMedia und kleinezeitung.at angehören, in einem offenen Brief zu Wort:

Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) wird nicht müde, sich als Vertreter der "Jungen", der "Onliner", der "Benachteiligten" zu präsentieren. Als Mitglieder des KV-Verhandlungsteams und der Mediengruppe Online möchten wir diese mythenhafte Darstellung richtig stellen.

Die Österreichischen Herausgeber im Tages- und Wochenzeitungsbereich haben von sich aus die Möglichkeit, die Arbeitssituation ihrer Mitarbeiter im Online-Bereich und ihrer Freien Mitarbeiter zu verbessern - das hätten sie vor Jahren tun können und könnten sie jetzt immer noch machen - dafür allein bräuchte es keinen neuen Kollektivvertrag. Das tut die Mehrheit aber nicht. Es war die bewusste Entscheidung jedes einzelnen VÖZ-Mitgliedes, ihre Online-Ausgaben auszugliedern bzw. neue Firmen zu gründen und schlechtere bzw. billigere KVs anzuwenden. Dadurch wurde und wird ein krasses Ungleichgewicht zwischen Print-Journalisten und Online-Journalisten geschaffen - und darüber hinaus werden die beiden Gruppen auch im Bedarfsfall gegeneinander ausgespielt.

Die Position des VÖZ bzw. der Herausgeber ist nicht glaubwürdig, wenn sie sich als Vertretung jener Mitarbeiter hinstellt, die in den meisten Medien-Unternehmen seit Jahren mit sogenannten Flucht-Kollektivverträgen um ihre Rechte betrogen werden und die durch Lohndumping um ihre Existenzgrundlage kämpfen müssen. Dieser Zustand wird von den Herausgebern ignoriert: Geradezu zynisch wirkt dabei, dass bei betriebsinternen Versuchen die Arbeitssituation von Online-Redakteuren zu verbessern auf die KV-Verhandlungen verwiesen wird und eine Gleichstellung damit aufgeschoben wird - anstatt rasch zu Lösungen zu gelangen.

Österreichische Herausgeber von Print und Onlinemedien im Tages- und Wochenzeitungsbereich entziehen sich damit seit Jahren ihrer Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern. Mit jedem Jahr, in dem die KV-Verhandlungen andauern, sparen sich diese Geld, das nicht eingesetzt wird, um ihre Online-Mitarbeiter mit den Print-Kollegen gleichzustellen. Der lange Verhandlungsprozess nutzt deswegen vorallem den Herausgebern.

Die KV-Kündigung durch den VÖZ verstehen wir als einen weiteren Versuch, Online-Redakteure zu vereinnahmen und gegen Print-Redakteure auszuspielen - und das bei einer Entwicklung der Branche, in der die Arbeitsweise immer mehr verschränkt wird bzw. über sogenannte "integrierte Redaktionen" nachgedacht wird. Im Zuge dieses Nachdenkens über Zusammenlegungen von Print- und Online-Redaktionen wird unser Verdacht einmal mehr bestätigt, dass der VÖZ durch die Kündigung des Kollektivvertrags nunmehr in allen journalistischen Bereichen versuchen wird, Flucht-Kollektivverträge anzuwenden, die ihren Mitarbeitern tausende von Euro kosten werden. Betroffen sind nicht nur die Online-Journalisten, durch die Kündigung des KV sind alle Journalisten und Neueinsteiger in der Branche betroffen.

Auch über die Branche hinaus würde das Inkrafttreten dieser Aufkündigung eine Grenze überschreiten und fügt der Sozialpartnerschaft schweren Schaden zu. Wir sind deshalb für den neuen KV und für eine starke gewerkschaftliche Vertretung, weil nur so faire Verhandlungen möglich sind und eine arbeitsrechtliche Sicherheit für Journalisten in Österreich geschaffen werden kann. Unabhängiger Journalismus braucht klare, branchenweite, in fairer Sozialpartnerschaft verhandelte und abgesicherte Standards.

Die Entscheidungsträger des VÖZ sollten ihre eigenen Worte ernstnehmen. In einer Aussendung vom 27. September heißt es: "Den untragbaren Status Quo werden wir sicherlich nicht mehr weiter fortschreiben." Allein: Dieser Status wurde allein vom VÖZ bzw. den Herausgebern herbeigeführt! Wir fordern die Österreichischen Herausgeber von Print- und Onlinemedien im Tages- undWochenzeitungsbereich auf, den gordischen Knoten aufzulösen, die Kündigung des KV zurückzuziehen und im Sinne der Aufrechterhaltung eines qualitativen Journalismus weiterzuverhandeln.

(APA/red)



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