Vorsitzende hält Kategorisierung für hinterfragenswert - Auch andere Stiftungsräte stellen sich hinter Wrabetz
Der ORF-Stiftungsrat nimmt die Entscheidung der KommAustria, wonach der ORF bei der inhaltlichen Gestaltung seiner TV-Programme gegen den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag verstoßen hat, relativ gelassen. Verwiesen wurde darauf, dass die Sache noch nicht ausjudiziert sei.
Stiftungsratsvorsitzende Brigitte Kulovits-Rupp etwa sieht keinen akuten Handlungsbedarf des Aufsichtsgremiums und verweist darauf, dass die Angelegenheit noch nicht ausjudiziert sei, da der ORF gegen den Bescheid berufe. Kritik übte sie an der Programm-Kategorisierung der KommAustria.
Kulovits-Rupp betonte außerdem, dass der ORF ja bereits an seinem Programm arbeite und dass die Ankündigungen von TV-Direktorin Kathrin Zechner, die Eigenproduktionen im fiktionalen Bereich auf ORF eins auszubauen und eine regionale Infoschiene vor 20 Uhr einzuführen, in die richtige Richtung gehen. "Damit verkleinern sich die inhaltlichen Kritikpunkte der Behörde ohnehin."
Kritik an KategorisierungGrundsätzlich finde sie das Vorgehen, etwa das werbefreie und durch und durch öffentlich-rechtliche Kinderprogramm oder Michael Hanekes hochqualitativen Film "Die Klavierspielerin" zur Unterhaltung zu zählen und damit mit Programmen wie "Bauer sucht Frau", "Die Große Chance" oder "Hansi Hinterseer" in einen Topf zu werfen, höchst hinterfragenswert. Auch dass die Religion auf ORF 2 der Information zugerechnet wird, hält sie für falsch. Würde man hier eine andere inhaltliche Kategorisierung vornehmen, hätte der ORF nicht gegen die von der KommAustria auf eigene Faust festgelegten Kriterien verstoßen, ist die Stiftungsratsvorsitzende überzeugt.
Um Programmhoheit kämpfenFranz Medwenitsch, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises", hat zwar "jedes Verständnis dafür, dass der ORF, weil er Gebühren bekommt, auch öffentliche Aufträge zu erfüllen hat. Aber er muss auch weiterhin nach den Bedürfnissen seines Publikums programmieren können. Mit Kategorien, Schablonen und dem Rechenschieber in der Hand entsteht kein gutes Programm." Er sei "für ein Qualitätsprogramm, aber gegen rechtliche Fesseln für die tägliche Programmierung". Der ORF müsse jetzt um seine Programmhoheit kämpfen, so Medwenitsch.
Gesetzesbruch "nicht erwiesen"Josef Kirchberger, Leiter des SPÖ-"Freundeskreises", sieht den von der Behörde attestierten Gesetzesbruch bei weitem nicht als erwiesen. "Hier ist rechtlich noch lange nicht das letzte Wort gesprochen. Meiner Meinung nach erfüllt der ORF das Gesetz sehr wohl und sehr gut." Auch Kulovits verwies darauf, dass die Medienbehörde dem ORF in den letzten Jahren mit zahlreichen Bescheiden bescheinigt habe, dass er das Gesetz erfülle.
Wilfried Embacher, von den Grünen entsandter Stiftungsrat, hätte nicht mit der Entscheidung gerechnet, betonte aber auch, dass das endgültige Urteil noch nicht gefällt wurde. Grundsätzlich sollte man aber darüber diskutieren können, ob programmliche Änderungen nicht sinnvoll seien und man müsse zur Kenntnis nehmen, dass es auch Kritik am ORF-Programm geben kann. Ob man Programminhalte objektiv festmachen könne und ob ein solches Verfahren dafür geeignet sei, bezweifle er aber.
Eine eigene Sondersitzung zum Bescheid der KommAustria, wie sie der FPK-Stiftungsrat Siggi Neuschitzer forderte, hält die Stiftungsratsvorsitzende nicht für nötig. Das Programmschema werde ohnehin Thema der nächsten regulären Sitzung im November sein, dann werde man über den Bescheid, die Vorgangsweise der Behörde sowie der Privatsender und über die Reaktion des ORF auf den Bescheid diskutieren.
(APA)