Die Nachfrage in Deutschland für Zeitungen und Zeitschriften verschiebt sich derzeit wegen der Coronavirus-Krise. Der Absatz an Standorten mit Lebensmitteln nimmt zu, Impulskäufe hingegen nehmen ab.
"Die Pressegroßhändler sind intensiv mit der Aufgabe befasst, diese Veränderungen zu antizipieren und die Liefermengen für Zeitungen und Zeitschriften entsprechend anzupassen", teilte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands Pressegroßhandel, Kai-Christian Albrecht, am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Vom Spiegel-Verlag in Hamburg hieß es auf Anfrage, dass man derzeit die gedruckten Produkte verstärkt im Lebensmitteleinzelhandel anbietet. Der Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr hatte mitgeteilt, dass der Absatz der Magazine im Lebensmitteleinzelhandel seit Beginn der Krise um etwa zehn Prozent gestiegen sei. Zugleich verfolgt das Verlagshaus eine weitere Strategie: Bis Ende April sind digitale Magazine kostenfrei. Die Pressegroßhändler liefern werktäglich die Zeitungen und Zeitschriften an rund 100.000 Verkaufsstellen, darunter Kioske, Supermärkte und Tankstellen. Flughäfen oder Arztpraxen werden demnach nicht vom Pressegroßhandel versorgt. Albrecht bemerkt ein verändertes Kaufverhalten: "Wir stellen fest, dass durch das strikte Kontaktverbot viele Geschäfte die Menschen nur noch einzeln oder in kleinen Gruppen einlassen. Das spüren wir an den ausbleibenden Impulskäufen", betonte er.
Derzeit seien die Produktion und der Vertrieb über den stationären Einzelhandel seit den Einschränkungen des öffentlichen Lebens erschwert - die Lage habe man aber im Griff. "Die Lieferketten für und die flächendeckende Versorgung mit Presse sind weitgehend stabil. Noch könne der überwiegende Teil der belieferten presseführenden Einzelhändler mit frisch gedruckter Ware versorgt werden. "Ein mittlerer einstelliger Prozentsatz der Händler muss wegen Betriebsverboten schließen - darunter gut verkaufende Shops in Innenstädten und Einkaufszentren, Buchhandlungen, Tabakwarenfachgeschäfte sowie Kantinen", ergänzte der Hauptgeschäftsführer. Man befürchte weitere Schließungen und gar Insolvenzfälle, wenn Betriebsverbote und Kontaktsperren länger andauern sollten. Was die Bandbreite der Presseprodukte angeht, sieht der Verband folgende Situation: Sonderhefte zu Reise oder Freizeit etwa werden teilweise verschoben. Andererseits gebe es Sonderausgaben zur Corona-Krise. Ein Problem sieht der Verband auf Sammelkarten-Alben zukommen. Man befürchte einen "schmerzhaften Einbruch", weil Sport-Großereignisse abgesagt oder verschoben werden. In den Großhandels-Betrieben gebe es derzeit keine Engpässe. "Wenn Personal in der Kommissionierung, Remissionsverarbeitung oder bei Spediteuren in größerem Umfang ausfallen sollte, müssten Umschichtungen etwa aus dem Außendienst erfolgen." Je nachdem, wie die Krise weiter verlaufe, "lässt sich leider auch Kurzarbeit in manchen Bereichen perspektivisch nicht ausschließen."
Und wie sieht die Belieferung der Abonnenten aus? Dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sind derzeit keine Engpässe bekannt. "Alle Verlage, von denen wir aktuell Kenntnis haben, waren in den vergangenen Wochen dabei, ihre Zustellorganisationen "Corona-fest" zu machen." So seien etwa Teams geteilt worden, damit im Fall von angeordneter Quarantäne oder Ausfall die jeweils andere Hälfte der Teams die Auslieferung und Steuerung der Zustellung aufrechterhalten kann. "Druckereien kooperieren, um notfalls auf andere Druckstandorte ausweichen zu können." Nach Kenntnis des Verbands werde derzeit die Auslieferung der Zeitungen an die Abonnenten flächendeckend sichergestellt.