… „ – nein, wir fühlen uns nicht als Verlierer“ - RTL Deutschland präsentiert „Season 2013/14“ – Journalistischer, „aber der Stachel bleibt!“
Mittwoch, 10. Juli, Hamburg, Hotel Atlantic Kempinski:
RTL ruft zur Präsentation der "TV-Season 2013/14" - und im Jahr Eins nach Anke Schäferkordt, die in den Vorstand der RTL-Gruppe und Aufsichtsrat des Mehrheitseigentümers Bertelsmann wechselte, setzt ihr Nachfolger Frank Hoffmann bei seiner ersten Season-Präsentation vor einer guten Hundertschaft deutschsprachiger TV-Programm-Redakteure gleich mit dem ersten Satz einen bis dato so nicht gehörten Akzent: "Ja, wir haben verloren - nein, wir fühlen uns nicht als Verlierer". Vor einem Jahr in Köln formulierte
Anke Schäferkordt das noch so: "Der TV-Markt fragmentiert, wir fragmentieren mit!" und ließ bei der RTL-Programmpräsentation dem im Frühjahr lancierten Spartensender
RTLnitro den Vortritt.
Nein, als Marktführer im deutschen TV könne sich RTL nun einmal nicht als Verlierer fühlen, gibt Walter Zinggl, ebenso seit März frischbestellter
IP-Österreich-Vermarktungschef für RTL (und die Sender der Gruppe und noch Sky und Bewegtbild auf oe24.at) als Delegationsleiter einer Journalistenschar aus Österreich dann als Antwort auf Hoffmann zu Protokoll.
Nun, in Zahlen: In der für die Privaten und die Werbewirtschaft entscheidenden Zielgruppe der "Werberelevanten" 14-49jährigen kommt RTL im "gebrochenen" Jahr 2012/2013 auf einen Marktanteil von 15,4 Prozent (der Zweitplatzierte Pro7 auf 11,3 Prozent). Aber: RTL kam 2011/2012 auf 17,7 Prozent Marktanteil (und 2010/2011 war mit 19,2 Prozent sowieso ein absoluter Rekord in Deutschland).
Fragmentierung und Digitalisierung machen auch Deutschland den linearen TV-Anbietern zu schaffen (und da erwischt es den Marktführer eben am Stärksten): Im Juni 2013 kam RTL auf 13,6 Prozent - und Pro7 auf (für den Sender rekordverdächtige) 12,1 Prozent. So klein war der Abstand schon sehr lange nicht - in der von RTL-Urgestein Helmut Thoma zugeschriebenen "Werberelevanten" Zielgruppe.
Im März 2013, auch das ein Signal, hat RTL konsequent eine von Anke Schäferkordt bereits 2011 avisierte Neuformulierung der "relevanten" Zielgruppen vollzogen: Seitdem misst RTL in eigener Sache seine Leistung beim Publikum nur mehr an der
Zielgruppe 14-59 Jahre.
"Die Sender der Mediengruppe RTL Deutschland (RTL Television, VOX, n-tv, RTL Nitro, Super RTL) erweitern ab 1. März 2013 die bisherige Zielgruppe 14/49 um zehn Jahre nach oben auf 14 bis 59 Jahre." Sämtliche Quotenmeldungen der genannten Sender werden demnach nur noch die erweiterte Zielgruppe sowie in Einzelfällen auch das Gesamtpublikum (3+) enthalten. Gleiches gilt für die Betrachtung von TV-Formaten, die in der Vergangenheit ausgestrahlt wurden. Auch die Teletextangebote der Sender wurden entsprechend umgestellt" formuliert dazu die RTL-Pressestelle - für Juni sieht das in Zahlen/Marktanteilen dann so aus:
"Mit einem Marktanteil von 13,3 Prozent lag RTL Television im Juni bei den 14- bis 59-Jährigen Zuschauern klar vorn. Damit platzierte sich der Sender 4,0 Prozentpunkte vor ProSieben (9,3 Prozent), gefolgt von Sat.1 (9,0 Prozent), ARD (7,9 Prozent), ZDF (7,9 Prozent) und VOX (7,4 Prozent). Beim Gesamtpublikum landete RTL mit 10,8 Prozent Monatsmarktanteil hinter der ARD (12,3 Prozent) und dem ZDF (12,0 Prozent)".
Eine weitere Alleinstellung jedoch nimmt RTL - der Sender allein - als Werbeträger ein: Rund 2,7 Milliarden Euro brutto ordnet Werbebobachter A.C. Nielsen für 2012 dem Kölner Sender zu (das entspricht in etwa 1,2 Milliarden Euro netto - nur so zum Vergleich, Deutschland: Für Pro7 lauten die Werte knapp Zwei Milliarden brutto und knapp eine Milliarde netto; zum Vergleich Österreich: Das RTL-Österreich-Werbe-Fenster kommt laut Focus Media Research auf brutto 75 Millionen Euro).
In Sachen Marktanteile ist die Situation im
österreichischen TV-Markt sowieso nicht mit Deutschland vergleichbar - bei den 12-49jährigen bilanziert im Juni RTL (mit den Österreich-Werbefenstern) bei 4,6 Prozent Marktanteil (deutlich hinter Pro7 mit 9,0 Prozent und ATV und Sat.1-Österreich mit jeweils 4,7 Prozent und ORF eins (13,9 Prozent) und ORF 2 (12,5 Prozent).
Serien-Donnerstag! Stachel! Fußball! Drei "Entwicklungsschwerpunkte" benennt Hoffmann - seit 2005 als Nachfolger Schäferkordts für den RTL-Group-Sender VOX Geschäftsführer und Chefredakteur, seit Februar 2013 in nochmaliger Nachfolge Schäferkordts Geschäftsführer RTL Deutschland: News, Show und Sport.
News: Angesichts sich verschiebender Marktanteile (in Deutschland) hat Hoffmann einige Baustellen "in Arbeit": Benannte Schäferkordt bis zuletzt einzig die Senderfläche in der Prime Time am Sonntag als Problemzone, so hat Hoffmann gleich mehrere Sendeplätze und -flächen im Auge, die in der kommenden "Season" neu formiert werden: Statt "Punkt 6" (06.00 bis 07.30 Uhr) und "Punkt 9" (09.00 bis 09.30 Uhr) gibt es ab Herbst "Guten Morgen Deutschland" als zweieinhalbstündiges Info-Magazin am Morgen; und am Sonntag kommt zwischen 12 und 14.00 ebenso live "Unser Sonntag" als "Gute-Laune-Fernsehen". "Wir wollen uns stärker journalistisch positionieren", begründet Hoffmann mit weiterem Verweis auf das Investigativ-Format "Team Wallraff" - "andererseits darf RTL niemals seinen Stachel verlieren".
Nun, "Stachel" wird wohl "Die zwei - Jauch & Gottschalk gegen ALLE" als Wissensquiz nicht werden - aber ein "Mein RTL" sprech übender Thomas Gottschalk (der da ziemlich eindeutig Harald Schmidt persifliert) im Trailer verspricht zumindest eine Portion Selbstironie.
"Hilfe Pubertät", "Internet-Cops", "Was verdienst du?"Stachelig sollen jedoch neue Reality-Formate werden: zum Beispiel "Hilfe Pubertät" am Nachmittag mit, wie Hoffmann mehrmals betont, "echten Psychologen", die Situationen und Konflikte der "Scripted Real Life Doko" rund um das "Gewitter im Gehirn" Pubertierender kommentieren sollen. Ähnlich als "Real Life Doku" sind auch die "Internet-Cops" angelegt - eine unendliches Themenfeld; ein interessantes Experiment könnte "Was verdienst du?" werden oder "Kämpf um dein Erbe!" oder "Generation Luxus - Was kostet die Welt" (Teenager arbeiten dort, wo ihre T-Shirts und Handy gemacht werden).
Und: Der Donnerstag wird Serienabend für Eigenproduziertes, auch der Vorabend kriegt neue Serien: Gleich dreimal treten Ärzte an (aber solitär, nicht als Krankenhaus-Team - "Doc meets Dorf", "Schmidt - Chaos auf Rezept" und "Der Knastarzt"); zwei halbstündige Comedy-Formate gibt´s am Vorabend: "Christine - Perfekt war gestern!" und "Sekretärinnen - Überleben von 9 bis 5".
Schön, wenn Titel alles erzählen.
Formel 1, Klitschko Boxen und FußballSchließlich Sport: Nach er Formel 1 und Klitschko Boxen unterzeichnete an diesem 10. Juli RTL die Übertragungsrechte für die 20 Fußball-Qualifikations-Spiele der deutschen Nationalmannschaft für die EM 2016 und die WM 2018 (Start Herbst 2014). 100 Millionen Euro sollen die Rechte dafür kosten... (nur als Beispiel: Im September 2012 sahen 11,67 Millionen Deutsche - 38,1 Prozent Marktanteil - das WM-Qualifikationsspiel Deutschland-Österreich (davon 4,13 Millionen 14-49jährige - Marktanteil 33,4 Prozent) ... das könnte sehr gut angelegtes Geld sein.
Wenn DEIN Land DICH braucht... Im eigenproduzierten "Event-Movie" (zuletzt: "Hindenburg" und "Vulkan") "Helden - Wenn DEIN Land DICH braucht" geht es nach einer Katastrophe im Genfer Teilchenbeschleuniger um Existentielles: "Wie Deutschland zusammenrückt, Menschen über sich hinauswachsen, und zu schier Unfassbarem in der Lage sind" (Zitat Pressetext).
"Meine Wahl" Am 22. September wählt Deutschland einen neuen Bundestag - RTL stellt unter der Dachmarke "Meine Wahl" ein ganzes Formatbouquet zusammen: Ein eigener 20-köpfiger RTL "Wählerrat" soll gemeinsam mit News-Anchor Peter Klöppel Merkel & Co. befragen - "Der RTL-Wählerrat vereint Jüngere und Ältere, Ärmere und Reichere, politisch Interessierte und potentielle Nichtwähler und gibt den Bürgern und ihren Anliegen Gesicht und Stimme", formuliert die RTL-Presseabteilung. "Ihre Biografien und Lebenserfahrungen stehen für die Themen, die im Wahlkampf eine zentrale Rolle spielen. Während der heißen Wahlkampfphase werden die Mitglieder des Rates regelmäßig in den RTL-Informationsprogrammen ihre spezifischen Erfahrungen und Forderungen einbringen. Bei den beiden RTL-Diskussionssendungen "Meine Wahl - an einem Tisch mit" ...Peer Steinbrück (18.8.) und ... Angela Merkel (25.8.) werden Mitglieder des Wählerrats ebenso eingebunden sein wie bei der Berichterstattung zum TV-Duell (1.9.) und am Wahlabend (22.9.)".
Am Samstag vor der Wahl - 21. September - eruiert RTL nichts mehr als "Wie tickt Deutschland?" als interaktives Show-Event mit eigener App zum Mit- und Abstimmen. Unterhaltung pur auf RTL war einmal (und kommt noch immer üppig vor - siehe den Comedy-Freitag und Spektakel-Formate wir den legendären "Dschungel" - kommt natürlich wieder ab Jänner 2013 - oder aktuell "Wild Girls - auf High-heels durch Afrika" und avisiert "Der VIP-Bus - Promis auf Pauschalreise" durch Italien).
30 Jahre RTLIm Jänner 2014 begeht RTL seinen 30sten Geburtstag, es wird eine Geburtstagsshow geben - "die größten Stars, die schönsten Momente und die lustigsten Pannen aus der 30-jährigen RTL-Erfolgsgeschichte" -, moderiert von: Thomas Gottschalk, 63 Jahre jung, wem sonst?
Ko-Produktion von RTL mit der BBC
Ein Format streift Hoffmann nur am Rande (und wird auch in den Berichten kaum gewürdigt): "
Hidden Kingdom" ist eine Ko-Produktion von RTL mit der BBC (!) und soll als "Event-Doku" noch nie gesehenes aus dem Tierreich zeigen. Die paar Bilder jedenfalls aus dem Trailer sind wirklich spektakulär.
In den letzten Jahren machte die Programmpräsentaton samt Anke Schäferkordt auf ihrer Deutschland Tour traditionell auch einen Abstecher nach Wien - laut IP-Österreich-Chef Walter Zinggl ist für heuer kein Herbst-Termin vorgesehen. Aber: Im Jänner 2014 wird auch die IP-Österreich den 30sten Geburtstag des "mein RTL" publikums- und branchenwirksam begehen.