Inzest-Prozess: "faire Regeln" gefordert
 

Inzest-Prozess: "faire Regeln" gefordert

PR-Experten fordern im Rahmen der Berichterstattung über den Inzest-Prozess "faire Regeln" für Journalisten ein.

Wolfgang Rosam mahnt in Zusammenhang mit der Nichtzulassung der Fotografen und Kameraleute des Presse-Pools zum zweiten Verhandlungstag im Inzest-Prozess "faire Regeln" für die Berichterstatter ein. Er verstehe die Notwendigkeit des Opferschutzes - laut unbestätigten "Kurier"-Berichten war die 24 Jahre lang eingekerkerte Tochter von Josef F. am Dienstag im Gerichtssaal -, man müsse aber mit einer "Gier nach Geschichten" rechnen, "wenn die Journalisten nichts bekommen und die Redaktion wartet".

Als Mittelweg zwischen totaler Nachrichtensperre und öffentlicher Verhandlung des Falls Josef F. befürwortete er im Gespräch mit der APA Mitteilungen des Gerichts über den Verhandlungsverlauf. "Dadurch hat man eine kontrollierte, aber kontinuierliche Information." Auch eine allgemeine Informationsmappe mit Fakten über das Land würde er den ausländischen Medienvertretern in die Hand drücken.

Renate Skoff von Skills kritisiert die Öffentlichkeitsarbeit des Landesgerichts: "Mir fehlt eine klare Linie gegenüber den Medien, einmal gilt das und einmal das. Fair wäre zu sagen, so machen wir das und dabei bleibt man dann auch." Das diene dem Opfer und man erreiche "eine einigermaßen seriöse Berichterstattung", argumentierte Skoff. Gerade Pool-Lösungen hält sie für "sinnvoll im Interesse der Betroffenen", denn damit könne eine gewisse Kontrolle über Bilder und Berichte ausgeübt werden. "Und welche Bilder es gibt - darauf kommt es an."

Im Sinne des Opferschutzes kann eine Verhandlung in Österreich weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Angesichts des Presseansturms hatte das Landesgericht aber ursprünglich vereinbart, ORF und Austria Presse Agentur (APA) vor Verhandlungsbeginn im Gerichtssaal filmen bzw. fotografieren zu lassen. Die Bilder sind anderen Medien unentgeltlich zur Verfügung zu stellen - im Medienjargon eine "Pool-Lösung", die bei Großereignissen durchaus üblich ist. Der Verhandlung am Landesgericht St. Pölten tatsächlich beiwohnen durften Zuschauer erst am heutigen dritten Verhandlungstag wieder.

ORF-Journalisten nutzten am Dienstag allerdings die Gelegenheit, im Verhandlungssaal über Minuten hinweg Fragen an den Angeklagten zu richten, was auf Kritik bei Kollegen stieß. Skoff kann sich auch einen Zusammenhang mit der möglichen Anwesenheit der Tochter von Josef F. im Landesgericht vorstellen. Offiziell sprach Gerichtssprecher Franz Cutka von erhöhten Sicherheitsmaßnahmen und daraus resultierendem Platzmangel.

Der Opferschutz gelingt Skoff zufolge insgesamt besser als bei Natascha Kampusch. Bei Kampusch hätte es "von Anfang an eine Schlacht um Bilder" gegeben. Grundsätzlich folge sie dem Prinzip, "weniger ist mehr": "Auch der Angeklagte hat ein Recht auf einen sachlichen Prozess ohne Vorverurteilung." Rosam indes zeigte nicht viel Verständnis dafür, nur heimische Medien im Bild-Pool zu haben."Wenn, dann sollte es gleiches Recht für alle geben", meinte er in Hinblick auf die internationale Presse. Bilder, so Rosam, sollten aber ohnehin "am besten nicht im Gerichtssaal" gemacht werden.







(Quelle: APA)



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