Wie Barbara Haas als Head of Podcast & Video der ‚Kleinen Zeitung‘ neue Zielgruppen ansprechen möchte und was sie an der Medienbranche gerne ändern würde.
HORIZONT: Frau Haas, vor Ihrer aktuellen Position bei der Kleinen Zeitung waren Sie sieben Jahre lang bei der Wienerin tätig, sechs davon als Chefredakteurin. Wie hat sich die Wienerin unter Ihrer Führung verändert?
Barbara Haas: Das ist eine sehr eitle Frage
(lacht), weil ich finde, dass sich die
Wienerin sehr zum Besseren verändert hat. Als ich in die Redaktion gekommen bin, standen wir vor der Entscheidung, das Magazin wieder neu auszurichten. Ich habe mir die Geschichte der
Wienerin angesehen und erfahren, dass sie aus einem sehr feministischen Grund gegründet wurde. Und nachdem ich ein politischer Mensch und eine Feministin bin, habe ich das auch dem Team angeboten: eine Möglichkeit, auch wieder strenger zu sein, mit den eigenen Bildern, die wir verbreiten, mit den Modestrecken und so weiter. Das ist ja immer eine Gratwanderung: Man möchte gesellschaftlich etwas verändern und gleichzeitig macht man Werbung für Anti-Aging-Produkte und Size-Zero-Models. Das ist nicht ganz einfach.
Nichtsdestotrotz war das ein sehr interessanter Ritt, weil die Redaktion – eine sehr junge, weibliche Redaktion – mitgemacht hat und gesagt hat, dass das ein spannendes Projekt sei. Wir wollten uns dem nicht nur aus journalistischer, im Sinne von schreiberischer, sondern auch aus grafischer, fotografischer, aus Onlinesicht gemeinsam anschauen. Ich glaube also schon, die
Wienerin ist besser und relevanter geworden in der Zeit, in der ich Chefredakteurin war. Aber das war auch ganz klar eine Teamentscheidung, so etwas kann man nicht alleine bestimmen. Und es war gut, dass die alle Lust hatten, das auch so zu machen.
Was bedeutete das für die Leser:innen? Wie hat sich die Leser:innenschaft verändert?
Die Leserinnengruppe des Printmagazins war grundsätzlich – das haben wahrscheinlich alle Magazin gemein – etwa zehn Jahre älter als die Online-Leser:innen. Die Themen, die wir online gemacht haben, waren sehr viel schärfer, politischer, akzentuierter als in Print. Wir haben, zum Beispiel, auch online alles mit Sternchen gegendert, in Print haben wir uns damit sehr viel Zeit gelassen, viel getestet, welche Form von gendergerechter Sprache unsere Leser:innen „vertragen“, weil wir ihnen natürlich auch nicht vor den Kopf stoßen wollten. Ich fand das schon sehr beeindruckend, dass es da Abos gab, die von der Mutter auf die Tochter auf die Freundin übertragen wurden. Dass da also viel Loyalität der Marke gegenüber besteht. Daher wollten wir da vorsichtig sein. Verändert hat sich sicherlich die Wahrnehmung. Ein kleines Beispiel: Früher hieß der gesellschaftspolitische Teil „People“. Da gab es Interviews mit Hollywood-Stars und ähnliches. Ich habe das Ressort dann aber in „Zeitgeist“ umbenannt und für gesellschaftspolitische Debatten geöffnet. Wir haben einen Rebrush gemacht, also die Optik ein bisschen neugestaltet. Aber wir wollten da sehr sensibel sein und haben unsere Leser:innen auch eingeladen, immer mal wieder Feedback zu gegeben. Wir haben da sicher auch welche verloren. Das muss man ein bisschen riskieren, wenn man so etwas macht.
Es gibt viele Frauen, und das ist vielleicht nicht in Ordnung finden; die möchten sich in erster Linie entspannen, wenn sie Frauenmagazine lesen. Ich habe ja auch nicht immer Lust auf noch mehr Herausforderung. Manchmal sollen die Produkte auch einfach nur schön und lustig sein. Die jüngere Generation hat das eigentlich sehr dankbar aufgenommen, auch wenn die Mutter das vielleicht nicht so wichtig fand, ständig über Gewalt an Frauen zu lesen, zum Beispiel. Da hat sich einiges verändert, wir haben einen klaren Schnitt gemacht und online ganz bewusst tagespolitisch, sehr feministisch und teilweise auch sehr radikal berichtet. In Print wollten wir ein bisschen Metaebenen erklären. Wir wollen das Thema ästhetisch aufbereiten. Wir haben uns bemüht, da zwei verschieden Zielgruppen anzusprechen.
„Ich will das nicht an Wolfgang Fellner als Person aufhängen, denn die Systeme funktionieren überall ähnlich. Wolfgang Fellner ist nur jemand, der das sehr klar ausspricht, weil er überhaupt keine Scham davor hat, Frauen zu instrumentalisieren. “
Barbara Haas
Sie haben damals den Wienerin-Podcast gehostet, jetzt bei der Kleinen Zeitung den „fair & female Podcast“ gelauncht. In beiden Formaten geht es um Feminismus und Gesellschaftspolitik. Warum wollten Sie diese Themen in einem neuen Podcast bei der Kleinen Zeitung weiter behandeln?
Feminismus ist mir ein Herzensthema, weil mich der Feminismus recht spät ereilt hat. Ich bin in patriarchalen Strukturen aufgewachsen und wenn man das so erlebt, dann wird das ein Stück normal, dass man als Frau immer ein bisschen mehr machen muss, andere Dinge machen muss. Und ich habe das vor der
Wienerin bei der Tageszeitung
Österreich erlebt, dass Frauen sowohl im Medium als auch im Team anders bewertet werden. Ich will das aber nicht an Wolfgang Fellner als Person aufhängen, denn die Systeme funktionieren überall recht ähnlich. Wolfgang Fellner ist nur jemand, der das sehr klar ausspricht, weil er überhaupt keine Scham davor hat, Frauen zu instrumentalisieren.
In der
Wienerin hatte ich dann die Gelegenheit, das Thema nicht nur journalistisch aufzugreifen, sonde