Namhafte Stimmen der "Washington Post" haben offen gegen die Leitung der Zeitung Stellung bezogen. Der Grund dafür ist die Suspendierung der Journalistin Felicia Sonmez, weil diese auf ihrem privaten Twitter-Account auf ungeklärte Vergewaltigungsvorwürfe gegen den verstorbenen Basketballer Kobe Bryant hingewiesen hatte.
Die langjährige Außenpolitik-Journalistin Sonmez hatte nach Bryants Unfalltod bei einem Hubschrauber-Absturz auf ihrem eigenen Twitter-Account darauf hingewiesen, dass man sich "jeder öffentlichen Person in ihrer Gesamtheit erinnern" solle und eine Recherche von "Daily Beast" aus dem Jahr 2016 als Link angefügt, die die Geschichte von de facto ungeklärten Vergewaltigungsvorwürfen gegen Bryant aus dem Jahr 2003 unwiderleglich nachzeichnet. Erwiesen ist so etwa, dass Bryant dem mutmaßlichen Opfer auf zivilrechtlichem Weg eine ungenannte Summe als Entschädigung zukommen ließ.
Ihr Tweet brachte Sonmez laut eigenen Angaben nicht nur Tausende Hassbotschaften bis hin zu Morddrohungen ein, sondern auch die Suspendierung durch die Leitung der Washington Post, weil sie laut Tracy Grant, Chefin vom Dienst der Zeitung, damit vermutlich "gegen die Social-Media-Policy des Post-Newsrooms verstoßen hat. Die Tweets zeugten von schlechtem Urteilsvermögen, das die Arbeit ihrer Kollegen unterminiert hat." Bereits davor war sie von Grant zur sofortigen Löschung aller Tweets zu der Causa aufgefordert worden, weil sie andernfalls eine "Dienstanweisung" missachte. Diesem Verlangen hatte sie nachgegeben.
Kollegenschaft verfasst brisante Resolution
Ein Gutteil von Sonmez' Kollegenschaft will sich jedoch nicht die Verantwortung für den fragwürdigen Schritt der Zeitungsleitung zuschieben lassen - und nützt seither die Post selbst als Sprachrohr dafür: Sowohl Post-Medienjournalist Paul Farhi berichtete über die Suspendierung im Blatt, als auch Medienkolumnist Erik Wemple in einem eigenen Kommentar. Darin hieß es unter anderem unter Verweis auf die Social-Media-Richtlinien der Post, Sonmez hätte sich, wenn schon irgendeine Reaktion der Zeitungsleitung auf ihre privaten Tweets, anerkennendes Schulterklopfen verdient, da gerade der Verweis auf unpopuläre Wahrheiten journalistische Grundtugend sei.
Zudem verfasste der Redakteursrat der Post eine Resolution, die nicht an weiterer Kritik an der Leitung der Zeitung sparte - und etwa auch publik machte, dass Sonmez als Opfer eines sexuellen Übergriffs durch einen Branchenkollegen einer anderen Zeitung in der Vergangenheit deshalb dem Druck der Leitung der Zeitung ausgesetzt war. In der Resolution wurden CvD Grant sowie Chefredakteur Marty Baron nicht nur aufgefordert, die Suspendierung sofort rückgängig zu machen, sondern Sonmez - die angesichts der Veröffentlichung ihrer Wohnadresse durch enthemmte Bryant-Fans untertauchen musste - darüber hinaus den nötigen Rückhalt und Schutz zu gewährleisten sowie, was journalistischen Ethos und die Bekämpfung sexueller Gewalt angeht, "dazuzulernen".