Einen für die Medienbranche ungewöhnlichen Schritt setzte 'Kleine Zeitung'-Chefredakteur Hubert Patterer Freitag Früh. In seinem täglichen 'Morgenpost'-Kommentar berichtete er die Anzeigenumsätze der 'Kleinen' - und den Anteil der Regierungsinserate daran. Damit bekommt die Transparenzdebatte neue Nahrung.
Auch eine Woche nach Bekanntwerden präsumtiver Inseraten-Korruption und dem Rücktritt von Bundeskanzler Sebastian Kurz ist die heimische Print-Branche mit der Aufarbeitung der Affäre beschäftigt. Horst Pirker etwa, Chef der Verlagsgruppe News, schaltete sich per Leitartikel und
ganzseitiger Anzeige im Standard in die Debatte ein, spricht dabei von "Mafia-Art" und "Machtmissbrauch".
Einen differenzierten Weg wählte
Kleine Zeitung-Chef Hubert Patterer dagegen in einer
launigen "Morgenpost" Freitag Früh, in der er alle Anzeigenumsätze der
Kleinen seit 2017 offenlegte - und die Anteile der Regierungsinserate daran. Konkret habe
der Werbeumsatz der Kleinen Zeitung im Jahr 2017 52,8 Millionen Euro betragen. "Alle Ministerien zusammen gaben Inserate in der Höhe von 853.000 Euro in Auftrag. Das waren 1,6 Prozent vom Gesamtumsatz." 2018 sei dieser Anteil bei 2,3 Prozent gelegen (bei 52,3 Millionen Euro Umsatz), 2019 in ähnlicher Höhe. 2020 dann, im Corona-Jahr sanken die Werbeumsätze auf 47,2 Millionen Euro, der Anteil der Regierungsinserate stieg jedoch auf 6,1 Prozent oder 2,9 Millionen Euro.
'Sehen Inserate zeitgleich mit Lesern'
Patterer formuliert seine Kernbotschaft gewohnt präzise: "Wir sind weder abhängig noch gekauft und wären es auch dann nicht, wenn der Anteil, wie bei den Wiener Boulevardmedien, das Fünf- bis Siebenfache betrüge, obwohl sie mitunter weniger Leser haben. Wir sind empfänglich für Inserate, auch von Parteien oder Institutionen, weil wir uns für die Kommunikationsbedürfnisse von Parteien oder Ministerien als Redaktion nicht zuständig fühlen. Aber sind unempfänglich für kranke oder kriminelle Belohnungs- oder Züchtigungsversuche. Wir sehen auf den Schirmen kein Inserat. Wir sehen nur eine weiße Fläche mit einer roten, diagonalen Linie und wissen: Da hat keine Geschichte Platz, obwohl wir den Platz bräuchten." Und, so Patterer abschließend: "Wir sehen die Inserate zeitgleich mit unseren Lesern."
Die Debatte über Transparenz und Vergabemodus von Regierungsinseraten bekommt damit neue Nahrung. Zuletzt hatten am Montag hochrangige Medienvertreter im Presseclub Concordia eine Neuordnung im Vergabewesen gefordert.