"Inhalt zum Content degradiert"
 

"Inhalt zum Content degradiert"

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Hans-Jörgen Manstein warnt vor Sparzwängen in der Medienbranche - "Profit ist kein Ersatz für Visionen"

Der Initiator der Österreichischen Medientage, Hans-Jörgen Manstein, hat bei seiner Eröffnungsrede vor den Sparzwängen in der heimischen Branche gewarnt. "Mittlerweile ist Inhalt zum Content degradiert. Zu Ware, oder, wie es der Geschäftsführer einer Gratis- Wochenzeitung so entwaffnend formulierte: zum Auffüller, da konnte auch wirklich der letzte empathische Mensch sehen, dass uns Visionslosigkeit an das offene Medien-Grab geführt hat", so Manstein. "Da helfen auch keine Redaktionszusammenlegungen zwecks Hebung von Synergieeffekten."

Er warnte vor unrealistischer Profitgier: "Ich wette, dass alle die Geschäftsführer, die von den Verlagen immer neue und immer unrealistischere Renditen fordern, neben den Politikern stehen werden, den Bonus schon kassiert haben und sich vor dem Leichenschmaus aus dem Staub machen", sagte der Verleger. "Verstehen Sie mich nicht falsch, sehr geehrte Damen und Herren, Profit ist wichtig, aber: Profit ist kein Ersatz für Visionen. Und schon gar nicht Voraussetzung."

In dem Zusammenhang wandte sich Manstein auch gegen die Sparvorgaben in der Nachrichtenagentur APA, die kürzlich bekannt gegeben hatte, Journalisten sparen zu müssen. Dass deren Eigentümervertreter von einem gewinnbringenden Unternehmen noch höhere Renditen fordern und zu diesem Zweck eine Einsparung bei den Redaktionskosten verlangen würden, sei "insofern nicht ganz zu Ende gedacht ist, als die Medien ja zu 90 Prozent von APA-Meldungen leben", warnte Manstein. "Man würgt sich selbst ab, was man braucht."

Eine Solidaritätsadresse richtete Manstein an die freien Mitarbeiter des ORF: Diese hätten versucht, "vor kurzem in einem moderat verfassten Protestbrief auf ihre unerträgliche Situation aufmerksam zu machen". Der Replik aus Geschäftsführungesebene, der Brief sei „rotzig und unsensibel“ hielt Manstein die Bedeutung der Freien entgegen: "Ohne freie Mitarbeiter hätte der ORF aber kein Qualitätsprogramm: kein Ö1, keine kritischen Magazine. Sondern gut bezahlte Selbstinszenatoren."
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