ORF-Enterprise CEO Franz Prenner berief zum Jahreswechsel Petra Silbermair und Peter Strutz zu Verkaufsleitern für die ORF-Vermarktung in den Kernbereichen TV, Radio und Online – ein Gespräch über Beratung, Verkauf, Qualität und Preis.
Auftrag: Beratung zu und Verkauf eines Premiums
Petra Silbermair: „Wir sind, um das ganz klar zu unterstreichen, nach wie vor richtige Kundenberater“ – „und Verkäufer“, ergänzt Peter Strutz. Hochnotoffiziell firmieren sie seit Kurzem, aufgrund der zahlreichen internationalen Kontakte und Ansprechpartner, als „Client Service Directors“.
Also mitten im Verkaufsleben, direkt beim Kunden? „Was uns auch noch von Verkaufsleitern unterscheidet, ist die Struktur der Kunden, die wir auch als Leiter persönlich betreuen: Üblicher Weise sind Verkaufsleiter dann nur mehr auf wenige Key-Accounts fokussiert, während wir nach wie vor eine Mischung aus internationalen und nationalen großen und auch kleinen Kunden persönlich betreuen“, beschreiben Silbermair und Strutz. „So kennen wir die unterschiedlichsten Fragestellungen und sind immer am Ball“, meint Silbermair.
Die beiden Teamleiter sind auch die Ansprechpartner für Mediaagenturen – „Jeder von uns betreut sechs, sieben Mediaagenturen persönlich“ - „Aber natürlich kümmern wir uns dazu auch um unser Team“ – jeweils sechs Mitarbeiter im Verkauf sind Silbermair und Strutz in der neuen Struktur unterstellt, zwei bis drei kommen noch für Back-Office und Online dazu.
Und bei einem sind sich Silbermair und Strutz zu 100-Prozent einig: „Wir haben Österreichs bestes Verkaufsteam!“
Berater vs. Verkäufer
„Was uns bei der Enterprise unterscheidet ist, dass wir eher Berater als Keiler sind“, beschreibt Strutz. Was wäre ein „Keiler“? „Einer, der den Kunden anruft und sagt, er hätte noch zwei Seiten frei und bei Zuschlag vier oben drauf gibt“, antwortet Strutz. Das wäre weder Gestion der Enterprise noch sinnhaft: „Bei uns geht es primär um längerfristige Vereinbarungen bis zum Jahresgespräch oder sehr detailliert abzustimmende Projekte zwischen klassischer Werbung, Special Advertising oder Sponsoring – das ist eindeutig Kundenberatung!“
Wobei es im Konzept von Enterprise CEO Franz Prenner dezidiert, unterstreicht Silbermair, um beide Aspekte gehe: „Wir sind als Kundenberater auch als Verkäufer gefordert – und als Verkäufer als Berater!“
Berater als Analytiker
Wie nah dran sind die Auftraggeber? „Zum Teil sehr nah dran. Die Kunden sind teilweise sehr nach dran an der Mediaplanung – sie suchen sich bevorzugt reichweitenstarke, qualitative Umfelder aus. Da sind wir mit den ORF Programmen auch in der glücklichen Lage, das bieten zu können,“ hält Silbermair fest: „Ohne die reinen Daten gering zu schätzen – aber Mediaplan, gut und schön, und Preis, gut und schön, und viele GRPs (
Brutto-Kontakte, Anm. hs) und sehr kostengünstig eingekauft steht gegenüber der Qualität des Programmumfeldes. Wir haben ja unsere Preis-Präsentation 2011 vor allem unter dem Aspekt Qualität gestartet und immer mehr Kunden lesen zwar ihren Mediaplan, ändern den dann aber auch mit der Begründung ,Ich will qualitativ hochwertiges Programmumfeld´.“
Strutz: „Selbst bei der Platzierung der Bonusspots bieten wir Qualität – immer wieder werden wir gefragt, ob denn diese Spots nicht um drei Uhr früh gesendet würden, wie es private Mitbewerber tun. Wir haben mit 42 Minuten nicht nur ein beschränktes Inventar, sondern unser Spot-Inventar spielt sich ausschließlich rund um hochwertige, reichweitenstarke Programme ab.“
Silbermair: „Womit wir als Berater tagtäglich konfrontiert sind, ist der gewisse Widerspruch zwischen der reinen Medienplanung und ihren Rangreihen, also den nackten Zahlen, und den individuellen Wünschen und Einschätzungen der Verantwortlichen auf Kundenseite. Wenn jemand jahrelang in einen gewissen Auftritt und ein gewisses Image seiner Marke investiert hat, dann schaut er auch umso mehr auf die Qualität des Umfeldes, in dem er seine Marke positioniert. Das ist nicht immer das Billigste laut Rangreihe, aber das Günstigere, laut seiner Einschätzung.“
Dazu käme, berichten Silbermair und Strutz, gerade im elektronischen Bereich das Phänomen der Internationalisierung: Im Jänner bei der Jahresversammlung der EGTA (
European Association of Radio and Television Sales Houses – www.egta.com, Anm. hs) hätten die beiden beim Gedankenaustausch mit Kollegen festgestellt, dass unabhängig von Marktgröße oder auch Marktposition von Anbietern die Problemstellung der „Sales-Houses“ eine sehr vergleichbare sei: Multinationale Kunden rotieren ihre Manager kreuz und quer über den Globus, was individuelle Kontinuität erschwert.
Mediaagenturen werden zusätzlich durch – den gemeinsamen – „Gegner“ Auditor (im Auftrag des Kunden) unter (Preis-) Verhandlungsdruck gesetzt. „Wir stellen schon fest, dass in den letzten zwei, drei Jahren das Preisdrücken fast schon zu einem Selbstzweck geworden ist“, meint Strutz. „2009 hatten wir in Österreich zumindest zehn größere Media-Pitches, aus denen neunmal dieselbe Agentur wieder als neue alte Agentur siegreich hervorging. Es ging also nur um den Preis“, mutmaßt Strutz.
Neues, „altes“ Thema: Trimedialität
Seit 2009 ist der Online-Werbezeitenverkauf nach zweitweiser Ressortierung zur Online-Direktion wieder bei der Enterprise. Die Organisation ist relativ einfach: In jedem Team, berichten Silbermair und Strutz, sind ein bis zwei dezidierte Online-Spezialisten, aber im Angebot werden die nunmehr drei Kanäle TV, Radio, und Online gemeinsam angeboten.
„Der Schwerpunkt liegt ja auf den Sonderformen – also die Umfelder etwa zu ,Dancing Stars´off- und online oder die Vermarktung eines Projekts wie das Online-Game ,Ski-Challenge´“, beschreiben Silbermair und Strutz. An die siebzig Prozent der ORF Kunden würden jeden der drei Kanäle auch werblich nutzen – „vielleicht nicht alle auch bei uns, da spielt auch der Preis ein Rolle. Was aber die Kunden sehr klar schätzen ist, dass sie nun mit einem Ansprechpartner für TV, Radio, Online und nicht zu vergessen Teletext zu tun haben. Das vereinfacht Vieles – und für unsere Berater ist das eine schöne Motivation.“
Kunde versus Agentur?
Weil wir sehr viel über Kunden, weniger über Agenturen, namentlich Media-Agenturen sprechen: „Da haben wir doch einen sehr schönen Satz“, meint Silbermair: „Wer zahlt, schafft an!“ Wenn gleich die Zusammenarbeit mit Media-Agenturen und als Partner sehr geschätzt werde, "weil sie einfach eine großartige Leistung erbringen - die von Kundenseite vielleicht teilweise zu wenig geschätzt wird", betonen Silbermair und Strutz.
Daher - siehe "schafft an" - sei es im Selbstverständnis der Enterprise-Berater unumgänglich, mit dem Auftraggeber – Werbeleiter, Marketingleiter bis hin zum Geschäftsführer - direkt Kontakt zu halten – was manchmal der Mediaagentur nicht gefallen mag. „Aber wir wissen, dass unsere Kunden diesen direkten Kontakt schätzen. Nicht nur, weil es oft um komplexe Projekte geht, die der Kunde selbst entscheiden muss – wir haben ja auch eine gewisse Marktübersicht, die den Kunden interessiert, und ORF-Gossip ist sowieso immer ein Thema…“.
ORF-Gossip? „Immer ein Thema. Die ersten zehn Minuten Kundengespräch sind immer ORF-Gossip“, berichtet Silbermair. „Wäre ja langweilig, wenn wir den nicht hätten“, ergänzt Strutz. „Was würden sonst die Medien schreiben?“
Petra Silbermair
Petra Silbermair startete im Jänner 2000 als Kundenberaterin der ORF-Enterprise (unter Franz Prenner), zuvor war sie, nach Anfängen in der Anzeigenproduktion bei Ferenc Papps "Cash Flow", von 1996 vom dessen Start weg vier Jahre lang für "tv-media" (damals das zweite Produkt im Portfolio der News Gruppe unter Helmuth und Wolfgang Fellner) im Anzeigenverkauf tätig (und damals von Legende Alex Späth und seinem Mediahaus beraten…).
Ab Juli 2008 war sie Teamleiterin der Kundenberatung in der ORF-Enterpise.
Von Print zur Elektronik, wie war der Wechsel? „Naja, ich bin ja in der Goldenen Zeit eingestiegen“, formuliert Silbermair. Goldene Zeit – Welche Zeit haben wir denn heute? „Platin!“, antwortet Silbermair entschlossen (augenzwinkernd), um – naturgemäß – gleich zu relativieren: „…nachdem wir eine kurze Tief-Phase hatten sind wir jetzt im Platin. Wir hatten ja 2000 noch nicht die 42 Minuten tägliche Werbezeit und mehr Nachfrage als Angebot – ich war vom Verlag her darauf trainiert, nach Forecasts zu lechzten und ,Wieviel muss ich bringen´ ? Das war damals im TV eine wesentlich entspanntere Zeit, das hat sich schon sehr geändert.“ Unterschied zu Print? „Naja, ich bin jetzt elf Jahre bei der Enterprise dabei – und es ist kein einziges Mal langweilig geworden! Der Vorteil, den wir hier haben ist einfach, dass wir Kunden cross-mediale Konzepte anbieten können – das ist schon wesentlich mehr und wesentlich spannender als der Verkauf einer Anzeigenseite.“
Peter Strutz
Peter Strutz war vor seinem Einstieg 2006 in die ORF-Enterprise in der Kreativbranche tätig und begann seine Laufbahn bei Scholdan & Company (noch unter Gründer Ernst Scholdan) als Kundenberater. Danach wechselte Strutz zu Demner, Merlicek & Bergmann in die damalige Berater-Gruppe rund um Thomas May (heute bluetango) – um eigentlich Telering zu betreuen (das machte dann die Publicis unter dem damaligen Geschäftsführer Walter Zinggl – der kurz darauf Prenner als Enterprise Geschäftsführer nachfolgte). Strutz betreute bei D, M & B neben anderen die Elektromarkt-Riesen Mediamarkt-Saturn. Strutz wechselte dann zur Edelschmiede DMC und betreute One (damals noch unter Begründer Hubert Schillhuber und dem Duo Zündel/Hagmann als Kreative) und war vor seinem Wechsel zur Enterprise 2006 drei Jahre als Berater bei Jung von Matt/Donau tätig – unter andrem für BMW und Saturn. Strutz: „Ich glaube, ich habe ein paar sehr interessante Kreativagenturen kennengelernt“.
Wie sieht Strutz, rückblickend, den Job des „Kundenberaters“ vulgo „Kontakters“ vulgo „Pappenträgers“? gantnerundenzi zu Beispiel trommeln die „kontakterlose“ Agentur – „Da hab´ ich ein bisschen eine andere Meinung dazu, zum ,kontakterlosen´ - ehrlich gesagt, der Kreative, der dann zum Kunden geht und dort um Logo-Größen oder Hintergrund-Farben diskutiert, den möchte ich sehen. Das glaube ich nicht, dass das funktioniert, da hab´ ich eine andere Meinung.“ Was macht einen guten Kontakter also aus? „Da gab es einen guten Ausspruch bei Jung von Matt: ,Du kommst mit einem blauen Auge vom Kunden und laufst in die geballte Faust vom Kreativen´. Das genau beschreibt es: Du muss, auch als Kundenberater, kreativ sein – und je kreativer die Agentur ist, desto schwerer ist es für den Berater, seine Kreativität auch einzubringen. Da wird gerne auf Briefing, Kostenvoranschläge und Verkauf reduziert. Nach meiner Erfahrung verkauft der Kontakter desto besser, je kreativer er ist“.
2006 wechselte Strutz zur Enterprise („Das war eine Ausschreibung und ich hab´ mich einfach beworben“) und startete unter Teamleiterin Birgit Gasser (die ihrerseits dann zur News Gruppe wechselte und mit 1. März 2011 in die Geschäftsleitung des Manstein Verlag berufen wird). Seit April 2008 ist Strutz als Teamleiter in der ORF Enterprise im Einsatz.
Für 2011 plant der ORF Netto-Werbeumsätze von 210 Millionen Euro (klassische Spots in TV und Online-Banner) plus Sonderwerbeformen, Patronanzen und Sponsoring in deutlich zweistelliger Millionenhöhe. Damit ist die
ORF-Tochter – mutmaßlich, da es seitens anderer Marktteilnehmer keine Netto-Zahlen gibt – der umsatzgrößte einzelne Werbezeitenvermarkter in Österreich.