Gründer und Präsident des IFWK, Rudolf J. Melzer, und IFWK-Generalsekretärin Christine Perkonigg
Die erste Onlineveranstaltung des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation (IFWK) stand im Zeichen wirtschaftlicher und (kommunikations-)kultureller Unterschiede zwischen China und Europa.
Im Rahmen der ersten digitalen IFWK-Pressestunde fand die Diskussion via Zoom statt. Die Diskutanten waren aus München, Ried im Innkreis, Kottingbrunn und Wien über das Conferencetool zugeschaltet. Unter den zahlreichen Gästen im virtuellen Auditorium waren unter anderem: Voestalpine-Vorstand Reinhard Nöbauer, die Finanzchefin der Austria Presseagentur, Doris Pokorny, der Geschäftsführer des Markenartikelverbandes, Günter Thumser, der langjährige Chefredakteur des Wirtschaftsblatts, Peter Muzik, Anwalt Wilhelm Milchrahm, Pörner-Chef Rainer Walter, sowie IFWK-Gründungsmitglied und Consultant Josef Anreiter.
Matthias Kamp, Leiter des Asien-Wirtschaftsressorts der NZZ, sprach in seiner Keynote unter anderem über die Vorreiterrolle Chinas im Startup-Business: "Kein Land hat mehr Unicorns, also Startups mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar als China." Fakt sei auch, dass Chinas Einfluss auf den Westen, nicht zuletzt durch die Coronakrise, weiter zunimmt: "Amerika versinkt derzeit im Chaos, China erkennt diese Chance und will Lücken nützen, während Europa noch immer keine einheitliche Linie aus der Krise gefunden hat. Denn China ist nach mehr als vier Jahrzehnten Reform- und Öffnungspolitik der Gorilla im Ring – auch technologisch." Europa sei in seinen einzelnen Länderstrukturen zu divers und keine Einheit. "Entscheidend ist es jetzt, den Dialog mit China zu suchen."
Das bestätigt auch Markus Schermann, CEO der Great Wall Motor Austria Research & Development GmbH, der beide System schon seit Jahren beobachtet: "China tritt geschlossen und mit einheitlicher Strategie auf. Es gibt einen Plan, wie die Wirtschaft in Schwung gebracht wird und dieser wird mit einer anderen Entschlossenheit verfolgt als es im Westen der Fall ist." Hier spielen die kulturellen Unterschiede eine große Rolle: "In der chinesischen Kultur wird mehr Einsatz und Fleiß an den Tag gelegt, während bei uns mehr darauf geachtet wird, Krisen mit möglichst viel Komfort für alle Beteiligten zu lösen." Das sei per se nicht schlecht, allerdings dauere die Problemlösung hier wesentlich länger als in China.
Isabella Mader, Vorstand des Excellence Institutes und Advisor des Global Peter Drucker Forums, sieht die wesentlichen Unterschiede im Führungsverständnis der Kulturen: "Wenn es in China jemand an die Spitze schafft, bleibt er dort lange, in der Politik genauso wie in der Wirtschaft. Der Nachteil daran ist, dass schlechte sie schlechte Führungskräfte auch nicht so leicht loswerden, wie das in Demokratien der Fall ist. Der Vorteil ist, dass langfristige Visionen in China besser umgesetzt werden können, da die Akteure über Jahrzehnte die gleichen sind."
Das habe man auch beim Luftfahrttechnologie-Konzern FACC AG gelernt, der seit 2009 mehrheitlich der staatlichen Aviation Industry Corporation of China (AVIC) gehört. CEO Robert Machtlinger: „Wir sind ein globales Unternehmen und konnten von allen Kulturen mit denen wir arbeiten etwas lernen. Das besondere an der chinesischen Kultur ist die Langfristigkeit und Zielstrebigkeit. Eine Eigenheit die auch sehr gut zur FACC DNA passt. Wir hatten schon vor 30 Jahren disruptive Ideen, diesen Ansatz verfolgen wir noch heute. Im Gegensatz zu Europa werden Rückschläge toleriert, solange man daraus lernt. Dieses Verständnis macht es möglich, auch langfristig vorauszuplanen und konsequent Ziele zu verfolgen. Die Langfristigkeit ist ein großer Unterschied zum westlichen Startup-Verständnis.“
Dass man als Europäer auf die in China als Tugend geltende "List" in wirtschaftlichen Kooperationen besonders achten müsse, davor warnte der Gründer und Präsident des IFWK, Rudolf J. Melzer, und verwies unter anderem auf Beispiele des in Europa illegalen Nachbaues von Maschinen wie Beregnungsanlagen oder Skilifte.