Auch Wiens Auslandskorrespondenten stöhnten wegen ‚Ibiza‘.
"Wie sehr hatte ich mich getäuscht”, sagt Hans-Peter Siebenhaar, Handelsblatt-Korrespondent über das vergangene Jahr in Wien. Als er 2013 nach Österreich kam, regierte noch die Große Koalition. Österreichische Politik erschien ihm damals noch relativ langweilig – zu Unrecht, wie er im HORIZONT-Gespräch sagt: „Inzwischen warte ich auf meinen sechsten österreichischen Kanzler.”
Die „Ibiza-Affäre“ hat nicht nur in heimischen Redaktionen für viel Arbeit gesorgt. Auch die ausländischen Korrespondenten in Wien, die großteils auf sich allein gestellt sind, stöhnten vergangenes Jahr unter den täglich neuen Entwicklungen rund um den Polit-Skandal. Speziell in Deutschland war Berichterstattung über Österreich aber schon vor „Ibiza“ im Trend: „Aus unserer Sicht war die Aufkündigung von Rot-Schwarz durch den damaligen Außenminister Kurz die Zäsur. Danach war das Interesse sehr hoch”, sagt etwa Clemens Verenkotte, ARD-Studioleiter in Wien.
Fünf ARD-Korrespondenten
Die deutsche Sendeanstalt betreibt in Wien eines ihrer größten Auslandsbüros: Fünf Korrespondenten arbeiten in Wien. Das liegt einerseits an der enormen Größe der Berichtsgebiete: Von Wien aus wird über Entwicklungen in Zentral- und Osteuropa sowie den zahlreichen internationalen Organisationen in der Bundeshauptstadt berichtet. Andererseits muss die Wiener ARD-Mannschaft insgesamt 60 ARD-Fernseh- und Radioprogramme sowie diverse Onlinekanäle beliefern.
Und dann kam Ibiza. „Das war ein in diesem Umfang nicht gesehener Politikskandal”, sagt Verenkotte rückblickend. Dass es rund 24 Stunden nach einer medialen Veröffentlichung eine Regierung nicht mehr gibt, habe er noch nie erlebt: „Und ich bin wirklich viel herumgekommen“, so Verenkotte.
Doppelte Liveschichten
Für sein Team bedeutete das auf dem Höhepunkt des Skandals unter anderem doppelte Live-Schichten: „Von 6:00 bis 9:00 Uhr können ARD-Anstalten Slots für ein Live-Gespräch bei uns buchen.” Zwei Korrespondenten sind dann ab 6:00 Uhr eingespannt. „Das geht dann bei solchen Ereignissen fast durch bis 23:00 Uhr.” Irgendwann gehe das dann qualitativ an die Substanz. Glück im Unglück für die ARD: Ein ehemaliger Kollege stieß während der Dauerberichterstattung dazu, um auszuhelfen. Von so viel Glück konnten andere Korrespondenten in Wien nur träumen.
Interview mit Handelsblatt-Korrespondent Hans-Peter Siebenhaar