Im "Datum"-Streitgespräch mit Fleischhacker: "Zeit, ein wenig kämpferischer zu werden" - "Wir leben in einem Land, das völlig überdemokratisiert ist" - "Halte nichts von 'Bash the rich'"
Eva Dichand will kampagnentechnisch in die Fußstapfen ihres verstorbenen Schwiegervaters Hans Dichand treten. Die Eigentümerin und Herausgeberin der Gratis-Tageszeitung "Heute" möchte sich künftig stärker in die heimische Innenpolitik einbringen und dabei eine kämpferischere und aggressivere Linie fahren, wie sie im Streitgespräch mit Michael Fleischhacker für das Monatsmagazin "Datum" (September-Ausgabe) erklärt.
"Wir sind groß geworden mit einer relativ breiten Blattlinie, und jetzt ist es Zeit, ein wenig kämpferischer zu werden", so Eva Dichand, die mit "Krone"-Herausgeber Christoph Dichand verheiratet ist. Von der "Krone", wo sich der legendäre, 2010 verstorbene Hans Dichand immer wieder mit großen Kampagnen ins politische Geschehen einbrachte, nimmt Eva Dichand nun Anleihen für ihre eigenen Ambitionen. "Weil ich finde, dass in diesem Land viele Dinge nicht so laufen wie sie laufen könnten. Und es gibt wenige, die eine laute Stimme haben, mit der sie sich für Verbesserungen einsetzen könnten."
Die ersten Jahre sei "Heute" politisch irrelevant gewesen, die Politik deshalb nicht im Fokus gestanden. "Früher wollten wir nicht überall anecken, wir haben die Vertriebssysteme gebraucht und mussten alles aufbauen. Jetzt ist es an der Zeit, auch die Blattlinie zu stärken", so Dichand, die in "Datum" von einer "persönlichen Weiterentwicklung" spricht.
"Wir leben in einem Land, das völlig überdemokratisiert ist. Man muss sich nur diese leidige Schuldebatte anschauen. Jeder redet mit, nichts geht weiter. Wir waren in der Schulgeschichte viel zu sanft, das hätten wir jede Woche einen von den Blockierern auf das Cover nehmen müssen. Da hätten wir viel aggressiver sein müssen. Auf dieselbe Weise hätten wir mit den besonders dummen Ideen der Sozialdemokratie verfahren müssen, die die Reichen bestrafen wollen, statt Unternehmen anzulocken. Ich halte nichts von 'Bash the rich'", erklärt Dichand.
"Einzigartig" findet Dichand indes die Wiener Stadtpolitik. Bei den Wiener Betrieben funktioniere alles, und die Wiener Stadträte würden einfach gute Arbeit leisten. "Heute" werde deshalb auch einige dieser Stadträte weiter unterstützen. "Nicht, weil die bei uns viel schalten, sondern aus tiefer innerer Überzeugung". Auf die Frage, wer von der künftigen "Heute"-Linie profitieren werde, sagt Dichand in "Datum": "Wir werden uns eher die begabten Jungen herauspicken, so hat das mein Schwiegervater auch immer gemacht - in allen Sparten von der Kunst bis zur Politik. Ich möchte die Themen herauspicken, die für die Masse meiner Leser wichtig sind."
Dass Dichand und ihr Gratisblatt massiv von Inseratenaufträgen der Gemeinde Wien und verschiedener Ministerien profitiere und im Gegenzug Gefälligkeitsberichterstattung liefere, weist die "Heute"-Chefin zurück. "Es gibt sicher Medien in Österreich, die den Werbekunden redaktionelle Seiten dazugeben. Ich besitze ein solches Medium nicht. Natürlich kann bei uns ein Auftraggeber Werbeseiten genauso kaufen wie ein Einzelhändler. Was will man von mir? Dass ich öffentlichen Auftraggebern Anzeigenflächen verweigere?
"Qualitätszeitungen würden laut Dichand ebenso von öffentlichen Anzeigenaufträgen leben, die Debatte um solche Inserate sei deshalb scheinheilig. Dichand: "Wenn es drei Jahre lang kein öffentliches Geld mehr für die Zeitungen gibt, bleiben vier übrig: die Krone, Heute, die Kleine Zeitung und die Vorarlberger Nachrichten." "Heute" würde es jedenfalls weitergeben, denn das Blatt sei schuldenfrei. "Wir würden natürlich einiges anders machen, wir müssten manches herunterfahren, wir könnten dann die fünf bis acht Millionen Euro, die wir jetzt ins Onlinegeschäft investieren, nicht mehr investieren, aber wir würden es überleben."
Die neue Ausgabe des Monatsmagazins "Datum" mit dem Streitgespräch zwischen Eva Dichand und Michael Fleischhacker erscheint ab 6. September.
(APA)