Fachverband Werbung und vier Kommunikationsverbände präsentieren ein „Positionspapier zum Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenzgesetz“ – Parlamentarische Enquete zur Erarbeitung einer „fairen, praxistauglichen Regelung“ gefordert.
Seit Juni liegt der Entwurf zum „
Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz“ als Ministerialentwurf vor; mit Frist am 19. Juli wurden über 70 (!) Stellungnahmen zum Entwurf dem Justizministerium vorgelegt. Der normale legistische Fahrplan sieht vor, dass der Entwurf (beziehungsweise dessen Überarbeitung) vom Ministerrat zur Beschlussfassung an das Parlament weitergeleitet wird. Anvisiert wird seitens Justizministerium der Herbst, um das „LobbyG“ mit Jänner 2012 in Kraft zu setzten.
Nur zur Erinnerung: Auslöser und Anlassfall war letztendlich die Causa des EU-Abgeordneten Ernst Strasser, der in zwar selbst Opfer einer perfiden Falle wurde, sich aber, dokumentiert via versteckter Kamera, wortreich englisch radebrechend als bezahlter „Lobbyist“ in politischem Mandatsrock präsentierte.
Mit dem – schon wieder als reformbedürftig eingeschätzten – im Jahr 2009 verabschiedeten „Anti-Korruptionsgesetz“ hatte die Republik wenn schon nicht auch die Privatwirtschaft, so jedenfalls ihre Repräsentanten und staatsnahe Wirtschaftsentitäten in einen Transparenzrahmen zwingen wollen. Das Wehklagen um Freikarten und so weiter bei Salzburger Festspielen und so weiter hallt heute noch nach…
In einem mittelbaren Zusammenhang steht das „LobbyG“, mit dem die Parlamentarier sich primär vor sich selbst zu schützen suchen – und, da gibt es EU-Richtlinien sonder Zahl, einmal mehr eine Lücke schließen wollen im EU-Vergleich (die Sache mit der Parteienfinanzierung und der Transparenz dazu kann da noch warten…).
Der seit Juni vorliegende Ministerialentwurf zum LobbyG hat aber auch etwas Gutes hervorgebracht: Gleich zwei Wirtschaftskammer-Vertretungen und vier Kommunikationsverbände haben sich verständigt, ihrerseits „Lobbying“ für ein, wenn schon, „praxistaugliches“ LobbyG zu machen:
Vergangenen Freitag, den 29. Juli 2011, stellten Angelika Sery-Froschauer für den
Fachverband Werbung und KR Robert Bodenstein als Wiener Fachgruppenobmann stellvertreter der Sparte Unternehmensberatung und Informationstechnologie
UBIT ein „Positionspapier“ vor, das gemeinsam („einstimmig“ sagen Sery-Froschauer und Bodenstein) mit den Verbänden
PRVA (Public Relations Verband Austria),
ALPAC (Austrian Lobbying und Public Affairs Council),
PASA (Public Affairs Society Austria) sowie
VIKOM (Verband für integrierte Kommunikation) formuliert wurde.
Im Kern begrüßen die Verbände die Einführung eines Interessensvertretungs-Registers als „Beitrag zu mehr Transparenz in der Interessenvertretung“. Allerdings monieren die Verbände „eine überschießende und nicht zweckgemäße Anlassgesetzgebung“.
Als Kernpunkt ihrer Kritik sehen die Verbände die „im Entwurf enthaltene äußerst breite Definition“, die „zu viele Graubereiche“ schaffen würde – „nach der vorliegenden Definition des LobbyG müssten im Grunde alle Mitarbeiter aller Agenturen beziehungsweise Berater, aber auch zahlreiche andere Dienstleistungsberufe gemeldet werden, um nicht in Gefahr einer Rechtsverletzung zu kommen.“
Die derzeit im § 1 in 10 Punkten definierten „Begriffsbestimmungen“ könnten auch Rechtsberater oder Gutachter betreffen.
Daher greifenn FV, UBIT und die Verbände den
PRVA-Vorschlag auf, ehestmöglich im Herbst eine parlamentarische Enquete zum Entwurf anzusetzen: „Die Politik würde mit der Einbindung der Verbände aus dem Bereich Kommunikation ein wichtiges Signal in Richtung Praxistauglichkeit setzen“.
Noch im Sommer wollen die Verbände bestehende Codes of Conducts, also spezielle Verhaltensregeln, bis September 2011 zu einem gemeinsamen Verhaltenskodex zusammenführen – „Dieser soll allen an Lobbying-Tätigkeiten beteiligten Organisationen und Personen zur Verfügung gestellt und von diesen eingehalten werden“.
Nachstehend das
Positionspapier der WKO-Sparten UBIT/Fachverband Werbung und der Verbände PRVA, ALPAC, PASA und VIKOM:
„Der Fachverband Werbung und Marktkommunikation hat zu dem vom Justizministerium ausgearbeiteten Entwurf eines Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz folgende Stellungnahme abgegeben.
Grundsätzlich begrüßt der Fachverband Werbung und Marktkommunikation Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz im Umfeld politischer Entscheidungen.
Der Fachverband Werbung und Marktkommunikation fordert dazu die Abhaltung einer „Parlamentarischen Enquete“ bzw. eines umfassenden Expertenhearings im zuständigen Ausschuss des Nationalrates.
In dieser Form kann nach unserer Auffassung kein praxisgerechter Ministerratsvortrag vorbereitet werden, der anschließend dem Parlament zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Der Fachverband Werbung und Marktkommunikation sieht erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken und Defizite (Gleichheitsgrundsatz, Grundsatz der Erwerbsfreiheit, Datenschutz, Recht auf ein „fair trial“, Grundrecht auf Eigentum).
Dringendste interessenpolitische Notwendigkeit ist die Überarbeitung des Geltungs- bzw. Anwendungsbereichs sowie die Definition des „Lobbyisten“ bzw. der „Rechte und Pflichten von Lobbyisten“.
Es ist wünschenswert, positive Meldeanreize wie z.B. einen erleichterten Zugang zum Parlament mittels eines „Lobbyingausweises“ nach dem Vorbild von Journalisten zu schaffen. Das bedeutet natürlich keinen freien Zugang für Lobbyisten ins Hohe Haus, sondern lediglich eine einmalige Registrierung und dann eine schnellere Abwicklung bei der Sicherheitskontrolle. Das sollte auch die Parlamentsadministration entlasten.
Besonders stark zu kritisieren ist, dass der gegenständliche Entwurf vor allem die Interessenvertretungsunternehmen (IVU) trifft. Diese Regelungen sind ein unglaublich starker gesetzlicher Eingriff in das Berufsbild des „Beraters“ und treffen hauptsächlich PR-Agenturen, Werbeagenturen und Unternehmensberater.
Die Werbe- und Kommunikationswirtschaft in Österreich ist eine der dynamischsten und größten Wachstumsbranchen im Dienstleistungssektor. Unsere Mitglieder stehen in einem offenen und in zunehmendem Maße international werdenden Wettbewerb. Für uns ist völlig unverständlich, dass in diesem Gesetzesentwurf unsere Mitglieder im Vergleich zu ihren Mitbewerbern aus dem Kreis der Unternehmenslobbyisten und der Interessenvertreter völlig ungleich behandelt werden.
Das betrifft sowohl die unterschiedlichen Registrierungspflichten als auch die unterschiedlichen Gerichts-Gebührensätze (€ 900,- im Vergleich zu € 450,-).
Der Fachverband Werbung und Marktkommunikation übt daher heftig Kritik an der mangelnden Gleichbehandlung der unterschiedlichen Lobbyisten und Interessenvertreter. Aus unserer Sicht und vor allem unter dem Aspekt der Transparenz sind diese unterschiedlichen Kategorien gleich zu behandeln.“
Zitat Ende. Fortsetzung folgt. Garantiert.