
Es ist ein Problem, das die Medienbranche in der gesamten westlichen Welt im Bann hält: Mehr und mehr Werbegelder fließen ins Digitale. Dort sind traditionelle Verleger aber nicht nur mit neuen Playern konfrontiert, die Preise, die digital für Werbung verlangt werden können, machen nur einen Bruchteil dessen aus, was einst für ein Printinserat auf den Tisch gelegt wurde. Was als kleiner Schneeball begann, ist längst zu einer Lawine geworden, die einige Verlage bereits unter sich begraben hat. Auch hierzulande – wenn auch mit der ortsüblichen Verspätung – wurden Umsätze aus klassischer Werbung weniger, die mit Einnahmen aus dem neuen, oft zaghaft angegangenen Digitalgeschäft nicht ausgeglichen werden konnten. Doch wurde andernorts ob der neuen Situation vor allem probiert, investiert und nach neuen Geschäftsfeldern gesucht, haben hierzulande einige Medienhäuser eine originellere Lösung gefunden. Die Politik war ihnen dabei gerne behilflich.
Das Zeitungsinserat – sei es aus einem Ministerium oder einem Staatsbetrieb – ist keine Erfindung des Digitalzeitalters. Seinen Höhepunkt hat es in Österreich jedoch in den vergangenen Jahren erlebt. Diese scheinbare Lösung funktionierte offenbar für beide Seiten so gut, dass sie immer öfter und immer ausgiebiger zum Tragen kam. Die Regierung füllte den Inseratentopf immer weiter an. Zuletzt mit 47 Millionen Euro vergangenes Jahr – so viel wie noch nie zuvor. Alleine 33 Millionen davon flossen in Tageszeitungsverlage. Vermutet wurde oft, dass bei einigen dieser Inserate das ungeschriebene Gesetz „Eine Hand wäscht die andere“ zum Tragen kam. Der Verdacht, dass für großzügige Inseratenschaltungen auch positive Berichterstattung erwartet und geliefert wurde, stand schon lange im Raum.
Seit vergangener Woche, als die Anordnung zur Hausdurchsuchung bei den engsten Vertrauten von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz und damit auch einschlägige Chat-Nachrichten öffentlich wurden, ist klar: So ungeschrieben war dieses Gesetz offenbar gar nicht. Mit der Veröffentlichung der Chats droht nun auch der T(r)opf mit dem süßen Inseratenhonig zu versiegen.
'Jeder weiß es, und alle schauen weg'